Zoe Gwerder
Zoe Gwerder
Zoe Gwerder
Die Stadt Zug geht neue Wege. Ab dem 1. Juli werden alle Veloparkplätze und Plätze in Veloständern auf öffentlichem Grund kostenpflichtig. Dies geht aus einem Beschluss des Stadtrates hervor. Wie der zuständige Departementsvorsteher, Urs Raschle auf Anfrage erklärt, geht es dabei weniger um die Einnahmen: «Wir möchten gegen die zunehmende Unordnung bei den Veloparkplätzen vorgehen und handeln, solange wir noch nicht zum Handeln gezwungen werden.»
Tatsächlich fahren immer mehr Leute mir dem Velo in die Stadt oder bewegen sich mit diesem auf städtischem Gebiet von Ort zu Ort. Gemäss der jüngsten Erhebung waren es 2018 20 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Gründe für diese Entwicklung sind nicht bekannt. Raschle vermutet aber, dass es zum einen mit den höheren Parkplatzkosten für Autos zu tun haben könnte, zum anderen aber auch mit dem E-Bike-Trend.
Und der grössere Veloverkehr hat Folgen. «Wir haben vermehrt Rückmeldungen von Einwohnern der Stadt erhalten, die sich am Chaos bei gewissen Veloständern stören.» Dies betreffe die städtischen Abstellplätze, aber auch jene am Bahnhof und bei den Einkaufsalleen, wie beispielsweise beim Metalli.
Mit Vignette und App den Parkplatz bezahlen
Ab dem 1. Juli müssen nun alle Velos, die in Zug abgestellt werden sollen, mit einer der neuen Velovignetten ausgerüstet werden. «Wir haben sie in vier verschiedenen Farben produzieren lassen, sodass man zumindest farblich eine Wahl hat», erklärt Raschle.
Mittels App kann man sich dann mit seiner Vignette registrieren. Will man sein Velo parkieren, kann man mit derselben App einen Code am Veloständer scannen und sich so registrieren. Bezahlt wird über Kreditkarte, Twint oder auch mit einem Prepaid-Konto, auf welches man Geld einzahlen kann. Wild abgestellte Velos, solche die sich beim Veloständer nicht registriert haben oder auch Velos ohne Vignetten werden blockiert und erst gegen eine Gebühr wieder freigegeben. Kontrolliert wird dies durch Mitarbeiter eines Integrationsprojektes, welches den entsprechenden Auftrag noch erhalten wird.
Die Preise sind in vier Kategorien unterteilt:
Mit dieser digitalen Lösung nimmt die Stadt Zug schweizweit eine Pionierrolle ein. Die Idee stammt aus der holländischen Stadt Groningen. Gemäss der Lokalzeitung «Dagblad van het Noorden» kommen dort auf eine Person fast zwei Velos, und die Hälfte aller Wege wird auf dem Drahtesel zurückgelegt. Entsprechend gross ist auch das Parkplatzproblem. In Groningen läuft seit rund einem Jahr nun das entsprechende Pilotprojekt.
Gemäss Raschle, gehe es bei dieser Lösung nicht darum, die Velofahrer zu bestrafen – denn man wolle ja weiterhin, dass vermehrt das Auto zu Hause gelassen werde und das Velo oder der öffentliche Verkehr für die Fahrt in die Stadt benutzt werden. Deshalb fliesst nur ein Teil der Einnahmen in die Bewirtschaftung der Veloparkplätze. Der Rest, rund 70 Prozent, geht zurück an die Velofahrer. Diese erhalten anhand eines Punktesystems, welche sie pro bezahltem Parkplatz-Tag erhalten, einmal im Jahr Gutscheine der Vereinigung Pro Zug – der Dachorganisation von rund 250 Zuger Geschäften. «So können wir dem Velochaos Herr werden, und gleichzeitig etwas für unsere Detailhändler und Dienstleister tun. Eine Win-win-Situation.»
Bei diesen kommt die Pionierlösung der Stadt gut an. «Wir freuen uns sehr, dass der Stadtrat hier an die Kleinen in Zug denkt», so die Präsidentin von Pro Zug, Johanna Margraf. «Das ist eine grosse Chance für Pro Zug, unsere Gutscheine bekannter zu machen und neue Kunden zu gewinnen.»
Ist es Gerechtigkeit oder Bestrafung?
Auch auf politischer Ebene stösst die städtische Innovation auf Zustimmung. Zumindest teilweise. SVP-Parlamentarier und Parkplatz-Verfechter Philip C. Brunner begrüsst die Lösung. «So wird es wieder gerechter – wenn nicht nur die Autofahrer zur Kasse gebeten werden, sondern auch die Velofahrer für den Unterhalt ihrer Abstellplätze aufkommen müssen.» Zudem sei das Chaos bei einigen Veloständern «haarsträubend», wie es Brunner ausdrückt.
Gar nicht erfreut zeigt sich hingegen Astrid Estermann. Die ALG-Politikerin sass bis im vergangenen Jahr im Grossen Gemeinderat der Stadt Zug (GGR) und hat sich dort während Jahren für das Wohl der Velofahrer in der Stadt Zug eingesetzt. «Ich finde, der Stadtrat geht zu weit. Auch wenn ein Grossteil des Geldes als Gutscheine zurückkommt, werde ich das Gefühl nicht los, dass die Velofahrer bestraft werden. Und wir haben es schon so nicht einfach in der Stadt Zug.» Estermann räumt aber ein, dass das Chaos in den letzten Jahren bei den Veloständern tatsächlich stark zugenommen hat. «Natürlich macht es Sinn, dass die Stadt sich hier proaktiv einsetzt. Aber diese Lösung – und dann noch auf Beschlussebene – das finde ich doch eine etwas dicke Post.»
Die Stadt Zug wird nun in den kommenden Monaten die bestehenden Veloständer und -parkplätze mit den entsprechenden Tafeln ausrüsten. «Hier können wir auf ein grosses Lager zurückgreifen, da wir bei der letzten Gebührenänderung für die Auto-Parkplätze die alten Tafeln eingelagert haben», erklärt Raschle. Die Tafeln werden nun neu beschriftet. Das System der Velovignetten wird im ersten Jahr als Pilotprojekt geführt. Erzielt es den gewünschten Erfolg, wird es ab 1. Juli 2020 definitiv umgesetzt. Ausgenommen sind übrigens Schulanlagen sowie Veloanlagen auf nicht öffentlich zugänglichem Grund.