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Zug

Zuger Kantonsgericht: Mit Millionen von Franken handeln, aber Elementares vergessen

Ein grosses Bauprojekt zwischen den Autobahnanschlüssen Baar und Steinhausen zwingt das Kantonsgericht, tief zu graben.

Der vielgliederige Komplex ist nicht zu übersehen. Er hat Grossstadtcharakter und liegt auf dem Gebiet der flächenmässig kleinsten Gemeinde im Kanton Zug. Nach der Fertigstellung haben sich die ehemaligen Bauherren vor dem Zuger Kantonsgericht wieder getroffen. Eines vorneweg: Der Kläger geht als Sieger aus dem Prozess hervor. Die unterlegene Partei muss die Summe von 9,2 Millionen berappen. Hinzu kommen wohl noch Verzugszinsen, für die eine sechsstellige Zahl nicht reicht.

Damit nicht genug: Die Gerichtskosten schenken mit 125000 Franken auch noch tüchtig ein. Hinzu kommen noch die Anwaltskosten des Klägers, welcher bei diesem Ausgang des Verfahrens die unterliegende Partei übernehmen muss.

Das Richterkollegium hat dabei alles gegeben. Jede Ecke in der komplizierten rechtlichen Struktur dieser Baute hat das Dreiergremium ausgeleuchtet. Der Streitpunkt zwischen den beiden Parteien ist die Gewinnbeteiligung des Klägers an der Vermietung der vorerwähnten Liegenschaft.

So weit, so gut. Um ihren Entscheid zu begründen, füllen die drei Richter 45 am Computer verfasste Seiten. Dies deshalb, weil die ehemaligen Bauherrenpartner ihre Zusammenarbeit nicht in jeder Verästelung hieb- und stichfest formuliert haben. Dies zwang die Richter zu der einen oder anderen Interpretation. Das Niedergeschriebene hat so ab und an den Charakter einer Vorlesung an einer juristischen Fakultät. Mit dem Unterschied, dass dieser Fall die Wirklichkeit abbildet, wie sie mit juristischen Hilfsmitteln rekonstruierbar ist.

Eine einfache Gesellschaft und viele offene Fragen

Viel Raum nimmt dabei das Rechtskonstrukt der einfachen Gesellschaft ein. Im Artikel 530 des schweizerischen Obligationenrechts ist eine solche Gesellschaft «die vertragsmässige Verbindung von zwei oder mehreren Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks mit gemeinsamen Kräften oder Mitteln». Im zweiten Abschnitt des vorerwähnten Artikels steht noch, «dass die einfache Gesellschaft» dergestalt vorliege, «sofern dabei nicht die Voraussetzungen einer anderen durch das Gesetz geordneten Gesellschaft zutreffen».

Das Richtergremium kommt dabei zum Schluss, dass die eine Partei für die finanziellen Dinge zuständig sei, der andere Gesellschafter hingegen die bautechnische «Komponente» übernehme. Obwohl der Kläger wie auch die Beklagten ihre Zusammenarbeit in dieser Bausache nicht vollends rechtsgenüglich erledigt haben, hat es das Gericht als erwiesen erachtet, dass der zwischen den Parteien vereinbarte Schlüssel zur Verteilung der Mieteinnahmen in jedem Fall gelte. Der Beklagte habe Mieteinnahmen generiert und diese zu 100 Prozent behalten, dies obwohl zwischen den beiden Gesellschaftern der Kläger laut Abmachung den Löwenanteil (85 Prozent) erhalten sollte. Hierbei ist noch zu erwähnen, dass das Gericht im Urteil festgehalten hat, dass ein Baurechtsvertrag öffentlich zu beurkunden sei. Das Gremium fährt weiter: «Demgegenüber bedürfen Vertragsbestimmungen, die erst auf im Laufe des Gesellschaftslebens sich verwirklichen, wie solche betreffend Gewinn und Verlust, grundsätzlich keiner Beurkundung.» Alles ist geschrieben: Der Kläger gewinnt, der Beklagte muss viel Geld nachzahlen. Das Gericht räumt dabei selber ein, dass der Fall ein schwieriger gewesen sei.

Festzuhalten ist aber, dass bei einem Bauprojekt, das fast 60 Millionen Franken gekostet hat, es angezeigt erscheint, für die notwendigen Verträge Hilfe bei Profis zu suchen.

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