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Zug

«Zuger Ansichten»: Generationengerechtigkeit in der Altersvorsorge

Die junge Kantonsrätin Jill Nussbaumer beschäftigt sich bereits jetzt mit dem Rentenalter.

Man schrieb das Jahr 1948, als die AHV in Kraft gesetzt wurde. Das Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung beinhaltete das Rentenalter 65 für Männer und Frauen. Noch bevor Frauen im Parlament mitbestimmen durften, wurde das Rentenalter der Frauen gleich zweimal gesenkt. Grund dafür war die angebliche «physiologische Benachteiligung» von Frauen.

Solche Aussagen über Frauen werden heute gesellschaftlich nicht mehr akzeptiert – zum Glück! Folglich ist auch die Rechtfertigung für ein tieferes Rentenalter mitnichten gegeben. Dies hat auch das Parlament in der Vorlage «AHV 21» erkannt, welche fordert, dass das ordentliche Rentenalter für Frauen an das Renteneintrittsalter der Männer angeglichen wird. Vonseiten der Gewerkschaften wurde gegen diese Angleichung des Rentenalters das Referendum ergriffen. Für mich ist es unverständlich, dass die Referendumsführerinnen an diesem Relikt der Vergangenheit festhalten wollen. Es ist doch nur logisch, dass ich als Frau gleich lange arbeite wie meine Kollegen.

Nicht nur die Gesellschaft hat sich seit 1948 gewandelt – auch der demografische Wandel ist bemerkenswert. Unsere Lebenserwartung hat sich erhöht, was einen unmittelbaren Effekt auf die Altersvorsorge hat. Während früher 6,5 Erwerbstätige einen Rentner finanzierten, treffen heute nur noch 3,5 Beitragszahlerinnen auf einen Rentenbezüger. Ohne Massnahmen verteilt sich die Finanzierungslast weiterhin auf immer weniger Schultern. Mit der baldigen Pensionierungswelle der Babyboomer droht zudem ein Fachkräftemangel.

Während in meinem Geburtsjahr 1993 nur 84000 Geburten verzeichnet wurden, war mein Vater im Jahr 1962 einer von rund 104000 Neugeborenen. In den Folgejahren stieg die Zahl der Geburten sogar an. Entsprechend sind erfahrene Arbeitskräfte gefragt, welche diese Lücke schliessen können. Trotz der kürzlichen Erhöhung der AHV-Beiträge droht der AHV jetzt erneut ein Minus, weshalb in der Vorlage «AHV 21» eine Erhöhung der Mehrwertsteuer zu Gunsten der AHV vorgesehen ist. Doch auch diese Massnahme hilft langfristig nicht. Bereits 2026 muss der Bundesrat für die Sicherung der AHV-Renten eine neue Reform auf den Tisch bringen.

Die kontinuierliche Erhöhung von Beiträgen und Steuern hilft nur vorübergehend und ist teuer für alle. Eine nachhaltige AHV-Reform ist gefragt, welche der steigenden Lebenserwartung gerecht wird. Langfristig wird nur mit der Kopplung des Rentenalters an die Lebenserwartung ein gerechtes System geschaffen. Dies fordert auch unsere freisinnige Renten-Initiative, welche im Sommer 2021 erfolgreich vom Jungfreisinn eingereicht wurde. Dabei ist sichergestellt, dass der Ruhestand im Schnitt mindestens 20 Prozent des Lebens dauert, um ein Ruhestand in Würde zu gewähren. Natürlich sollen auch in diesem Rahmen branchenspezifische Lösungen von Arbeitgeber, Gewerkschaften und Branchenverbänden ausgehandelt werden, welche ein tieferes Rentenalter für bestimmte Berufsgruppen vorsehen.

Unser Vorsorgesystem soll für alle einen Ruhestand in Würde gewähren. Schaffen wir mit der Anpassung des Rentenalters jetzt Generationengerechtigkeit, profitieren alle davon. Eine nachhaltige Sicherung unserer Altersvorsorge liegt im Interesse von Jung und Alt.

Hinweis: In der Kolumne «Zuger Ansichten» äussern sich Kantonsrätinnen und Kantonsräte zu einem frei gewählten Thema. Ihre Meinung muss nicht mit jener der Redaktion übereinstimmen.

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