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Zug

«Zuger Ansichten»: Die Bildungsvielfalt wahren

Mitte-Kantonsrat Roger Wiederkehr möchte, dass etwas gegen den Fachkräftemangel unternommen wird - auch indem die Übertrittsquoten in die Gymnasien gesenkt werden.

Am 24. November 2020 haben Kurt Balmer und ich sowie 13 Mitunterzeichnende eine Motion betreffend Steuerungsmassnahmen für eine Gymnasialhöchstquote eingereicht. Der Regierungsrat hat diese mit seinem Bericht und Antrag vom 10. Mai 2022 beantwortet. Braucht es überhaupt Steuerungsmassnahmen beim Übertrittsverfahren von der Primar- in die Kantonsschule?

Meine Antwort fällt mit einem klaren Ja aus. Auch der Regierungsrat führt es in seinem Bericht und Antrag sehr gut aus und zeigt mehrere Gründe dafür auf. Die Zuweisungen ans Langzeitgymnasium steigen im Kanton Zug kontinuierlich und dies ist nicht der Leistungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler geschuldet, sondern dem Übertrittsverfahren.

Die Zuweisungen an die Kanti steigen unaufhörlich an: Waren es im Jahr 2017 18,8 Prozent, sind es im Jahr 2022 25,5 Prozent. Zählt man die Privatschulen dazu, sind es in diesem Jahr sogar 28,4 Prozent Gymnasialzuweisungen. Mit dem bestehenden prüfungsfreien Verfahren gelingt es nicht, den Zugang zum Langzeitgymnasium zu steuern. Dies gefährdet die allseits geschätzte Bildungsvielfalt und schmälert die Bildungschancen.

Uns Motionären geht es darum, den dualen Bildungsweg zu stärken. Wir benötigen zusätzliche talentierte Köpfe auch auf dem Weg zur Ausbildung über die Lehre. Die Anforderungen in den Lehrberufen sind nach meiner Erfahrung gestiegen und dies braucht auch leistungsstarke Auszubildende. Der lange diskutierte Fachkräftemangel schlägt voll durch.

Wir brauchen nun Mut zur Steuerung unserer Bildungsvielfalt, da es das heutige Übertrittsverfahren nicht tut. Wenn Sie sich im Gewerbe umhören, sind wir dringend auf Fachkräfte angewiesen. Ich meine, mittelmässige Akademiker bringen unserer Wirtschaft nicht sehr viel, gute Fachkräfte bringen uns weiter. Was sicher noch zu wenig bekannt ist und mehr aufgezeigt werden muss, ist, dass auch über eine Lehre Karriere gemacht werden kann.

Die vielen guten KMU-Unternehmen zeigen das eindrücklich auf. Die Übertrittsprüfung soll nicht das alleinige Kriterium zur Zuweisung ans Langzeitgymnasium sein, so im Bericht des Regierungsrates. Es soll ein zusätzliches Kriterium sein, um besser zu steuern, damit die richtigen Jugendlichen ans Gymnasium gehen, damit die Qualität am Gymnasium gehalten werden kann, damit es weniger Studienabbrüche gibt. Der Weg des Regierungsrates scheint den einzig politisch machbaren Weg aufzuzeigen. Mit dem Weg des Regierungsrates ist eine Steuerung möglich, ob das auch in der Praxis funktioniert, wäre zu beweisen.

Das Geschäft ist im Kantonsrat und wir müssen für die Umsetzung eine Mehrheit finden. Mir persönlich wäre eine Quote lieber gewesen. Ich hätte mir gut vorstellen können, einen Anteil mit Toleranzband einzuführen, beispielsweise 22,5 Prozent, plus/minus 2 Prozent, um leistungsstarken wie leistungsschwachen Jahrgängen gerecht zu werden. Im Kanton Uri gehen 13,3 Prozent ans Gymnasium, im Kanton Tessin gar deren 32,9 Prozent. Das eine ist zu wenig, das andere viel zu viel. Der schweizerische Schnitt liegt bei 21,8 Prozent.

Bereits in einer Studie von 2013 (Wolter, Diem, Messe) konnte aufgezeigt werden, dass Studienabbrüche an Universitäten mit der Höhe der Maturitätsquote korrelieren. Das heisst, je höher die Zuweisungsquote, desto mehr Studienabbrüche. Auch keine Wiederholungsmöglichkeiten in den ersten drei Kantonsschuljahren finde ich ein taugliches Mittel, um steuern zu können. Zum Schluss ist es mir wichtig zu betonen, dass obige Meinung in keiner Art und Weise den nötigen, neuen Kantonsschulort Rotkreuz schmälern soll. Die Bevölkerung des Kantons wächst und wächst und wir müssen vorausschauend handeln.

In der Kolumne «Zuger Ansichten» äussern sich Kantonsrätinnen und Kantonsräte zu einem frei gewählten Thema. Ihre Meinung muss nicht mit jener der Redaktion übereinstimmen.

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