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Zug

Zuger wird für seine Unterstützung von Demenzkranker ausgezeichnet

Simon Geisseler war 24 Jahre alt, als die 46-jährige Partnerin seines Vaters ihre Demenzdiagnose erhielt. Für seine engagierte Pflege der Betroffenen erhält der Zuger nun den Fokuspreis des Vereins Alzheimer Zug.
Simon Geisseler kümmert sich seit vier Jahren um Vreni A. (Bild: Maria Schmid (Baar, 20. September 2018))

Laura Sibold

«Es fing schleichend an. Anfangs wusste sie nicht mehr, ob sie die Haustür abgeschlossen hatte und die Kommunikation wurde langsam schlechter.» Simon Geisseler schaut mit ernster Miene in die Ferne, die Hand auf die rechte Schulter von Vreni A. gelegt. Vier Jahre ist es her, seit bei ihr, der damals 46-jährigen Partnerin seines Vaters, eine Demenzerkrankung diagnostiziert wurde. Die Mediziner stellten eine erblich bedingte Alzheimerdemenz fest – schon ihre Mutter hatte unter der Krankheit gelitten.

Obwohl sie noch keine 50 Jahre alt war, schritt ihre Demenz schnell und unaufhaltsam voran. «Innerhalb von zwei Jahren sprach sie kaum mehr und konnte ihren Alltag nicht mehr selbstständig bewältigen», schildert Simon Geisseler. Der damals 24-jährige Zuger half seinem Vater, der aus beruflichen Gründen oft unterwegs war, tatkräftig bei der Betreuung.

Er unterstützte sie im Haushalt, half bei der Körperpflege und begleitete A. wann immer nötig. Dies wurde immer öfter notwendig: «Etwa zwei Jahre nach der Diagnose war Vreni eines Abends nicht zu Hause. Sie wollte alleine zu einem FCL-Fussballmatch, stieg in den falschen Zug und strandete schliesslich in Zofingen.» Eine Privatperson nahm sich der Verwirrten schliesslich an.

Unterstützung für die Unterstützer

Vorfälle wie den geschilderten machten Simon Geisseler und seinem Vater zu schaffen, sodass sie sich Hilfe beim Projekt Amnesia des Vereins Alzheimer Zug holten. «Dort wurden wir frühzeitig beraten, bekamen Unterstützung von der Spitex und dem Tagesheim. Das hat geholfen», so Geisseler. Er habe früher gedacht, Alzheimer sei eine Krankheit des Alters und beschränke sich auf Gedächtnislücken. «Heute weiss ich es besser.»

Zum Zeitpunkt der Diagnose befand sich der Zuger gerade in der Ausbildung zum Linienpilot und verzichtete für Vreni A. auf vieles. «Da ich viel im Selbststudium lernen musste, zog ich zu meinem Vater und seiner Partnerin nach Zug. So konnte ich mehr Zeit für ihre Betreuung aufbringen», erklärt der heute 28-Jährige.

Von Alzheimer Zug wurde Simon Geisseler am Donnerstag im Alterszentrum Neustadt mit dem Fokuspreis geehrt. Der Preis wird von der Alzheimer Zug jährlich einer Person oder Institution verliehen, die sich herausragend für Demenz-Betroffene eingesetzt hat. «Den diesjährigen Fokuspreis widmen wir allen Personen, die schon in jüngeren Jahren von Demenzerkrankungen betroffen sind», sagt Daniela Bigler, die Geschäftsstellenleiterin der Alzheimer Zug.

Alzheimer entsteht durch den Verlust gesunder Nervenzellen im Gehirn. «Es erkranken verhältnismässig wenig Menschen zwischen 30 und 50 Jahren an Alzheimer. Die Krankheit verläuft bei Jüngeren aber viel rascher und unaufhaltsamer», erklärt Bigler. Heilungsmöglichkeiten gebe es keine, lediglich Medikamente, die den Krankheitsverlauf verzögern können.

Krankheit schreitet unaufhaltsam voran

Mittlerweile ist Vreni A. 50 Jahre alt. Sie wohnt seit wenigen Monaten im Pflegeheim Baar. Es sei immer schlimmer geworden. «Vreni lehnte unsere Hilfe immer mehr ab. Anfang Juli hatte sie einen epileptischen Anfall und lag eine Woche im Spital. Danach war klar, dass wir sie nicht weiter zu Hause betreuen können», sagt der Zuger. Geisseler ist nun ausgebildeter Linienpilot und hat seinen Traum verwirklicht.

Er und sein Vater besuchen Vreni A. regelmässig im Pflegezentrum. «Sie erkennt unsere Gesichter noch immer und lächelt, wenn wir vorbeikommen. Doch Vreni so hilflos zu sehen, tut weh», sagt Simon Geisseler. Doch er ist weiter für sie da, sagt er, und setzt seinen Spaziergang mit Vreni A. durch den Garten des Pflegeheims fort.

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