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Zug

Zuger Pflegeheime spüren den Druck der Coronakrise

Ein ganzes Heim in Quarantäne und Personalknappheit: Die Zuger Pflegeheime sehen sich wegen der Coronakrise mit besonderen Herausforderungen konfrontiert.
Das ganze Altersheim Chlösterli steht derzeit unter Quarantäne.  (Bild: Patrick Hürlimann (Unterägeri, 24. November 2020))
Das Pflegezentrums Ennetsee. (Bild: Werner Schelbert)

Vanessa Varisco

Vanessa Varisco

Es sei ein Abwägen zwischen dem Schutz der Bewohner und dem Bewahren ihrer Selbstbestimmung, beschreibt Daniel Dossenbach, Heimleiter des Walchwiler Altersheim Mütschi, die Herausforderungen für Pflegeinstitutionen in der Coronakrise. Damit spricht der Walchwiler Heimleiter aus, was seine Kollegen ähnlich sehen: Die Coronakrise ist eine Herausforderung - auch im Pflegebereich. Prekär ist die Situation im Mütschi bislang nicht geworden: Einen Fall bei den Bewohnern habe es nicht gegeben, Mitarbeiter hätten sich angesteckt.

Schwerer getroffen hat es andere Heime im Kanton Zug. Das ganze Chlösterli in Unterägeri beispielsweise steht seit Mitte November unter Quarantäne. Eine Nachfrage bei Geschäftsleiter Paul Müller erklärt, wie es dazu kam. Er sagt:

«Es sind nicht die Anzahl Fälle, sondern die Verteilung über die verschiedenen Abteilungen das auslösende Faktum gewesen.»

Im Chlösterli werden viele Aktivitäten angeboten, ausserdem wird das Frühstück am Buffet in den Abteilungen gegessen, das Mittag- und Abendessen dann jedoch im Speisesaal, wo die Bewohner immer wieder andere Tischnachbarn haben. «Deshalb ist eine Verschleppung vom Virus über das ganze Haus in kurzer Zeit wahrscheinlich und sehr schnell möglich», führt Paul Müller aus. Auf kantonsrätlichen Beschluss hin wurde deshalb das ganze Heim unter Quarantäne gestellt.

Schutzkonzepte funktionieren, hundertprozentige Sicherheit ist dennoch unmöglich

Vom Virus betroffen waren auch Bewohner und Mitarbeiter der Stiftung Maihof, welche Menschen mit kognitiven und mehrfachen Beeinträchtigungen unterstützt - allerdings nur an einem der fünf Standorte. Die Erkrankten sind gemäss Heimleiter Daniel Hilverling aber bereits wieder genesen. Dies zeigt, dass unser Schutzkonzept funktioniert, eine hundertprozentige Sicherheit jedoch nicht möglich ist, betont er.

Von der Pandemie betroffen sind nicht nur die Bewohner - wie die Heimleiter verschiedener Zuger Institutionen berichten, kam es auch vor, dass das Pflegepersonal am Virus erkrankte. Was bedeutet das für die Heime, ist das Personal knapp? Jonas Zollinger, Direktor des Pflegezentrums Ennetsee, gibt Auskunft:

«Die personelle Lage ist angespannt, die Sicherheit jedoch gewährleistet. Aufgrund der Quarantäne kommt es immer wieder zu kurzfristigen Ausfällen, welche es aufzufangen gilt.»

Ähnliches ist auch von anderen Heimen zu hören. Im Falle der Stiftung Maihof hilft etwa, dass die Organisation dezentral geregelt ist und es mehrere Standorte gibt. «Dadurch können wir im Bedarfsfall Mitarbeitende an anderen Standorten einsetzen. Zusätzlich konnten wir kurzfristig Aushilfepersonal einstellen», erörtert Daniel Hilverling. Wurde ein Standort unter Quarantäne gestellt, so arbeiteten die betroffenen Mitarbeiter unter Einhaltung der Schutzmassnahmen weiter, sofern sie keine Symptome zeigten und nicht positiv auf das Virus getestet wurden.

Das Personal arbeitet in anderen Abteilungen

Grössere Veränderungen für das Personal gab es im Chlösterli, das unter Quarantäne steht. Weil etwa der Verpflegungsbereich neu organisiert werden musste, benötigte das Heim sehr viele zusätzliche personelle Ressourcen. «So trifft man heute die Mitarbeitenden der verschiedensten Bereiche zum Beispiel beim Verteilen des Frühstücks oder sie sind plötzlich mit ganz anderen Aufgaben als gewohnt beschäftigt,» gibt Paul Müller Auskunft.

Derzeit könnten aber alle Dienstleistungen noch ohne Einschränkungen erbracht werden. Mit Blick in die Zukunft sagt er: «Unser Nahziel ist die Öffnung des Hauses und wie wir es verhindern können, falls wieder jemand infiziert wird, dass wir nicht wider das ganze Haus unter Quarantäne setzen müssen.»

Strenge Regeln wie im Frühling wollen die Heimleiter denn zumeist nicht. Daniel Dossenbach vom Mütschi lehnt das vehement ab:

«Es darf nicht sein, dass einfach über alte Menschen so bestimmt wird. Auch wenn es gut gemeint sein könnte.»

Ziel müsse sein, die vulnerablen Bewohner bestmöglich aber unbedingt unter Wahrung der Selbstbestimmung zu schützen. Im Pflegezentrum Ennetsee sind die Besuche zum Schutz zwar wieder eingeschränkt, aber nicht verboten. Denn man hat laut Jonas Zollinger die Erfahrung gemacht: «Ein Besuchsverbot ist sowohl für die Bewohner als auch für die Angehörigen eine emotionale Belastung.»




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