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Zug

Wie ein Rotkreuzer alt  Kantonsrat Linienpilot wurde

Manuel Aeschbacher (37) hat seinen Kindheitstraum wahr gemacht und fliegt Flugzeuge. Der Weg dahin verlief alles andere als geradlinig – ein Karriereporträt.
Blick über die Schulter von Manuel Aeschbacher im Cockpit einer Fokker 100. (Bild: PD)

Raphael Biermayr

Zum Einstieg ein Ratespiel. Was macht ein Mann heute wohl beruflich, der unter anderen folgende Tätigkeiten ausübte: Zugverkehrsleiter, Bergbahn-CEO, Skiliftbügelgeber sowie Personal- und Finanzverantwortlicher bei einer Futtermühle? Er ist – Pilot.

Er, das ist Manuel Aeschbacher (37). Gegenwärtig fliegt der Rotkreuzer im Dienste von Helvetic Airways ab Zürich-Kloten mit Flugzeugen des Typs Fokker 100 zahlreiche europäische Ziele an. Demnächst wird er zu einer grösseren Airline wechseln, bei der er die Aussicht auf Langstreckenflüge hat. Welche, behält er für sich.

Freudentränen auf dem Arbeitsweg

Der Karriereweg des alt SVP-Kantonsrats (2003 bis 2012) und Regierungsratskandidaten (2010) ist, wie eingangs angedeutet, von mehreren Wendungen begleitet. Ehrgeiz und Aufopferung kennzeichneten diesen Weg, nicht selten aber auch glückliche Fügungen. Wie im Herbst 2017: Im September schloss Aeschbacher die Ausbildung zum Piloten ab. Ende Oktober erhielt er einen Anruf seines jetzigen Arbeitgebers, mit dem Inhalt, dass er die Selektion bestanden habe und ab dem 1. November als Linienpilot in einem freiwerdenden Cockpit Platz nehmen darf.

«Ich war auf dem Arbeitsweg und wurde von den Emotionen überwältigt», erinnert sich Aeschbacher. Es flossen Freudentränen. Er war damals in der Finanzabteilung der Swiss tätig. Mit seinem Vorgesetzten hatte er vereinbart, dass er die Stelle aufgeben darf, wenn er Pilot werden kann. Nun ging alles sehr schnell.

Keine Kosten und Mühen gescheut

Aeschbacher hat Risiken auf sich genommen. Weil er wegen der Stärke seiner Sehkorrektur keinen teilfinanzierten Ausbildungsplatz zugesagt erhalten hatte, bezahlte er die Ausbildung selbst, ohne Garantie auf Erfolg oder eine Stelle – ein sechsstelliger Betrag. Darüber hinaus schränkte der heute Liierte für das fortwährende Büffeln sein Sozialleben stark ein.

Knapp 500 Stunden ist er mittlerweile als Berufspilot am Himmel gewesen. Er macht noch immer einen ehrlich faszinierten Eindruck, wenn er über seine Arbeit spricht. «Dass ich fürs Fliegen bezahlt werde, ist fast etwas zu viel des Guten», sagt er lachend. Während der Arbeit ganz bei sich und der Sache sein zu können, und nach der letzten Landung des Tages keinerlei Pendenzen zu haben, geniesse er sehr.

Im Gegensatz zu früher ist der Pilot heute zwar nicht mehr von Berufs wegen allgemeine Autoritätsperson und Frauenschwarm. Dennoch umweht ihn nach wie vor eine besondere Aura, wie Aeschbacher aus Reaktionen auf seine Tätigkeit weiss. Die Gefahr, auch im übertragenen Sinn die Bodenhaftung zu verlieren, sei bei ihm gleichwohl nicht gegeben. Dazu trägt eine besondere Erfahrung in seinem an Stationen reichen Arbeitsleben bei. Im Sommer 2015 arbeitete er, parallel zu seiner Pilotenausbildung, als Betriebsarbeiter am Flughafen Zürich. Für den Neuling im Team bedeutete das zu Beginn, bei grosser Hitze im Bauch des Flugzeugs kniend, Koffer übereinander zu stapeln. Es war eine neue Welt für ihn, eine raue, aber ehrliche und herzliche Welt:

«Die Arbeit ist abartig streng, und auf menschlicher Ebene hat mich diese Zeit enorm geprägt.»

Dank dieser Erfahrung bringe er seinen ehemaligen Kollegen der sogenannten Ramp auch heute grossen Respekt entgegen. Er hat damals selbst erlebt, dass das nicht bei jedem Piloten der Fall ist.

Ein lang gehegter Wunsch ist wahr geworden

Der in Hagendorn aufgewachsene Aeschbacher ist sozusagen ganz oben angekommen und lebt seinen Kindheitstraum. Kürzlich präsentierte ihm sein Vater einen Zettel, auf dem der kleine Manuel «Pilot» als Berufswunsch notiert hatte. Ist er also am Ende seines Karrierewegs angelangt? Aeschbacher lächelt und sagt: «Tatsächlich kann ich mir zum ersten Mal vorstellen, in einem Beruf pensioniert zu werden.»

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