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Zug

Werden Klimastreikende ernst genommen?

Die weltweite Streikbewegung für den Klimaschutz ist längst auch in Zug angekommen. Engagierte junge Leute kämpfen nicht nur auf der Strasse, sondern auch mit politischen Mitteln für ihre Anliegen. Anders als in Luzern sind hier erste Versuche jedoch gescheitert.
Klimastreikende Jugendliche versammelten sich Mitte März zu einer Kundgebung auf dem Zuger Postplatz. (Bild: Maria Schmid, 15. März 2019)

Cornelia Bisch

Stunde. Auf der ganzen Welt finden Streiks und Kundgebungen statt. Doch wie wirksam sind sie? Setzt dies auch auf politischer Ebene etwas in Bewegung? Wie am Freitag bekannt wurde, verlangt der Luzerner Regierungsrat eine Klima-Sondersession, welche am 19. Juni stattfinden soll. In Basel-Stadt und im Kanton Waadt erfolgte bereits die Ausrufung des Klimanotstands. In Zug hingegen scheint es zu harzen. Am Dienstag, 19. März, wurde die Einzelinitiative von Luzian Franzini der Partei Junge Alternative Zug vom Grossen Gemeinderat (GGR) nicht an den Stadtrat überwiesen. Dies nur knapp, mit 20 zu 17 Stimmen. Franzini forderte die Ausrufung des Klimanotstands in der Stadt Zug.

«Es ist natürlich eine grosse Enttäuschung, jedoch keine Überraschung», sagt Franzini. Der aktuelle Gemeinderat habe wenig Interesse an Umweltthemen. «Es wäre jedoch eine Geste des Respekts gegenüber den Klimastreikenden in Zug gewesen, die Initiative immerhin zu überweisen. So hätte es eine Diskussion über das Zuger Engagement für einen besseren Klimaschutz gegeben.» Das Nichtüberweisen sei eine Diskussionsverweigerung. Franzini selbst konnte aufgrund eines Studienaufenthalts im Ausland nicht an der Ratssitzung teilnehmen.

Vorwurf des Missbrauchs für Wahlkampf

SVP-Ratsmitglied Roman Küng warf dem 23-jährigen Aktivisten vor, das Thema für Wahlkampfzwecke zu missbrauchen. «Das geht entschieden zu weit», betonte er. «Der Vorwurf ist lächerlich», wehrt sich Franzini. «Wer mich kennt, weiss, dass ich mich seit Beginn meines politischen Engagements im Jahr 2011 für den Umwelt- und Klimaschutz einsetze.» Der Vorwurf treffe eher auf bürgerliche Parteien zu, welche plötzlich die Wichtigkeit des Umweltschutzes betonten, aber keine konkreten Taten folgen liessen.

«Es ist unverhältnismässig und nicht realistisch, wenn wir in der Stadt Zug eine globale Herausforderung lösen wollen», kritisierte FDP-Fraktionschef Etienne Schumpf. «Einen Notstand auf lokaler Ebene für ein globales Problem auszurufen, ist populistische Symbolpolitik, weil man damit die Bevölkerung primär in Panik versetzen will. Dies im Wissen darum, dass keine lokalen Lösungen taugen», präzisiert er auf Anfrage. Harte Worte an die Adresse der streikenden Jugend.

«Es braucht jetzt auf kommunaler, kantonaler, nationaler und internationaler Ebene griffige Massnahmen, um der drohenden Katastrophe entgegenzuwirken», schreibt dazu der Initiant. Um Panikmache zu vermeiden, setzt er dem Begriff Notstand bewusst das Adjektiv «symbolisch» voran. «Ein Notstand im klassischen Sinne hebelt demokratische Mitbestimmungen aus, um in Zeiten einer Krise möglichst schnell reagieren zu können», erklärt er. «Das ist nicht das Ziel des Klimanotstandes, weshalb es wichtig war zu betonen, dass der Notstand symbolischer Natur ist.»

Klimaschützer lassen sich nicht entmutigen

Unterstützt wurde die Intitiative von der Fraktion Grüne – CSP sowie von der SP. Von der Abfuhr durch den GGR lassen sich jedoch weder Luzian Franzini noch die Organisatoren der Zuger Klimastreiks entmutigen. «Das Engagement der Jungen Alternativen, der Klimastreikenden und auch von mir persönlich geht natürlich weiter», so Franzini. «Mithilfe unserer Vertretungen im Kantonsrat und im GGR engagieren wir uns innerhalb des Parlamentes und mit Aktionen auch ausserhalb für einen ökologischen Kanton Zug.»

Viele wichtige Entscheide zur Umweltpolitik würden jedoch auf nationaler Ebene gefällt. «Mit einem engagierten Wahlkampf wollen wir deshalb dafür sorgen, dass im Herbst wieder eine ökologische und soziale Vertretung aus Zug in den Nationalrat einziehen kann.»

«Alles, was wir wollen, ist eine Zukunft»

Auch Julia Küng, Vertreterin des Organisationskomitees Klimastreik Zug äussert sich enttäuscht, aber wenig überrascht über die Zurückweisung der Einzelinitiative. «Unsere Stimme in Zug muss nun umso häufiger und lauter tönen, um Forderungen durchzusetzen», sagt sie entschlossen. Die OK-Mitglieder seien weiterhin offen für Gespräche. «Wir diskutieren gerne, aber nicht darüber ob, sondern wie unsere Forderungen umgesetzt werden.» Bezüglich des Umfangs der Forderungen seien keine Kompromisse möglich. «Alles, was wir wollen, ist eine Zukunft.»

Den Jugendlichen sei natürlich klar, dass nicht die Stadt Zug allein die globalen Herausforderungen des Klimawandels lösen könne. «Aber wenn ein Grossteil der Kantone den Klimanotstand ausruft, muss auch auf nationaler Ebene etwas geschehen.» Ausserdem habe man auch in Zug selbst viele Möglichkeiten, etwas für den Klimaschutz zu tun.

Die Kantonsschülerin würde die Gründung eines Jugendparlaments in Zug begrüssen und selbst auch mitwirken. «Aber dieses müsste von der Lokalpolitik ernst genommen werden und nicht nur als Spielwiese dienen.» Die Herabsetzung des Stimmrechtsalters auf 16 Jahre wäre aus ihrer Sicht eine ebenso wirksame Möglichkeit für die Jugend, sich mehr in die Politik einzubringen.

Landammann ist skeptisch

Landammann Stephan Schleiss äussert sich grundsätzlich positiv über das politische Engagement der Zuger Jugend. «Politisch engagierte Menschen finde ich in jeder Hinsicht besser als lethargische. Ich glaube, dass jede Generation ihre ‹Momente der Politisierung› hat.» Er selbst sei als Maturand durch die EWR-Abstimmung politisiert worden. «Ich glaube deshalb, dass ich ganz gut nachfühlen kann, wie sich die Jugendlichen fühlen.»

Von sich aus ist Stephan Schleiss den Jugendlichen bisher nicht entgegen gegangen. «Ich halte mich – mehr als Bildungsdirektor, denn als Landammann – immer wieder für Podien und Diskussionen mit Jugendlichen zur Verfügung. In Sachen Klimastreik sind noch keine Anfragen an mich gerichtet worden.» Er werde aber am diesjährigen Jugend-Polittag vor Ort sein und gehe davon aus, dass dort die Klimapolitik ein Schwerpunkt-Thema sein werde.

Den Forderungen der Klimastreikenden steht Schleiss eher skeptisch gegenüber, insbesondere was die Inlandziele anbelangt. «Als Ökonom weiss ich um das Gesetz des abnehmenden Grenznutzens. Als Politiker habe ich hingegen Mühe mit der Forderung nach dem Ausrufen eines Notstands.» Die Aushebelung der demokratischen Ordnung sei eine gefährliche Sache. Er verstehe zwar den eher symbolischen Charakter der Formulierung, finde aber den Begriff grundsätzlich unglücklich gewählt. «Eine symbolische Notstandserklärung ändert ja faktisch nichts an den demokratischen Abläufen.»

Warnung vor Aufhebung demokratischer Abläufe

Das direktdemokratische Instrumentarium mit Vorstössen und Initiativen sei denn auch zu wählen, wenn man Gesetzesänderung durchbringen wolle. «In Schweden hat man als Bürger keine andere Möglichkeit, als zu demonstrieren. Hier schon.»

Er warne eindringlich davor, demokratische Abläufe über Bord zu werfen. «So etwas wie eine Flugsteuer oder Beschränkungen der Freiheitsrechte zum Schutz des Klimas lasse ich mir nicht unter Zeitdruck unterjubeln.» Rechtlich bindende Massnahmen müssten auf Gesetzesstufe verankert werden, was eine gewisse Zeit erfordere. «Wenn man das nicht abwarten will, bleibt einem nur das eigene Handeln zum Schutz des Klimas.»

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