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Vereine als günstige Arbeitskräfte bei der Lidl-Eröffnung in Cham?

Für die Filialeröffnung in Cham sucht Lidl Vereinsmitglieder als Helfer. Die Unia vermutet dahinter auch ein finanzielles Interesse.
In den ehemaligen Ausstellungsräumen von Auto Kaiser wird bald eine Lidl-Filiale eröffnen. (Bild: Stefan Kaiser, Cham, 15. August 2019)

Christopher Gilb

«Scheine für Vereine!», beginnt die Betreffzeile einer Mail an die Chamer Vereine. «In freudiger Erwartung blicken wir auf die Neueröffnung unser 133. Lidl-Filiale in Cham am 24. Oktober dieses Jahres», schreibt der Discounter darin. Und informiert, dass Vereine gesucht würden, die bei den Eröffnungsaktivitäten helfen. Geboten wird gesamt eine «Spende» von 1500 Franken. Gesucht werden 8 bis 10 Personen, fünf für den Morgen, der Rest für den Nachmittag.

Dass Vereine häufig an Veranstaltungen mithelfen, das kennt man. Zuletzt standen etwa 6000 Personen als «Chrampfer» am Esaf im Einsatz. Doch an Supermarkteröffnungen? Auf Nachfrage teilt Lidl mit, dass es bereits Rückmeldung von mehreren interessierten Vereinen gebe. Man arbeite seit Jahren erfolgreich mit lokalen Vereinen zusammen. «Das bietet uns den Vorteil, dass wir die Bevölkerung direkt kennen lernen und die Vereine profitieren von einem Zustupf für die Vereinskasse.»

Zu den Aufgaben vor Ort gehöre beispielsweise das Verteilen von Gratiskaffee, Degustationsartikeln oder auch das Ausschenken von Wein. Die Helfer könnten als Vertreter der Vereine auftreten – wenn sie wollen beispielsweise mit einem Vereins-T-Shirt. Wie sich zeigt, setzt auch der Discounter Aldi auf ein ähnliches Konzept. Gemeinsam mit den Filialmitarbeitenden werde bei Neueröffnungen die lokale und regionale Vereinslandschaft analysiert und direkt auf ausgewählte Vereine zugegangen, heisst es. Aldi stelle dann die Infrastruktur sowie sämtliche Lebensmittel und Getränke kostenfrei zur Verfügung, der Erlös fliesse vollumfänglich in die Vereinskasse.

Unia bezeichnet Praxis als «speziell»

Anders verhält es sich bei den grossen Detailhändlern Coop und Migros. Sie setzen auf eigenen Angestellte. «Die Promotorinnen und Promotoren erhalten einen Stundenlohn plus Zuschläge, hinzu kommt eine Entschädigung für die An- und Rückreise», schreibt die Genossenschaft Migros Luzern. Und was sagt die Gewerkschaft Unia zum Lidl-Konzept? Eine Ladeneröffnung mit Vereinsmitgliedern zu bestreiten, sei «schon etwas speziell», findet Regionalsekretär Giuseppe Reo. «Ich habe bisher noch nicht gehört, dass es das in grossem Stil gibt.» Denn es sei etwas anderes, an einem Stadtfest zu helfen, bei dem die Einnahmen einem guten Zweck zugutekämen, als bei einer rein kommerziellen Geschäftseröffnung. «Da drängt sich schon die Vermutung auf, dass es hier auch um günstige Arbeitskräfte geht.» Würde Lidl Temporärkräfte für einen solchen Tag anstellen, wäre bei der Stundenlohnberechnung ein Monatslohn von 4000 Franken als Basis angemessen, führt Reo aus. Eine Pauschale von 1500 Franken für einen ganzen Tag und zehn Personen wie bei Lidl koste natürlich weniger. Zudem mache Lidl mit der Aktion massiv Eigenwerbung. «Um noch weiteres Publikum anzuziehen, nämlich die Vereinsmitglieder.»

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