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«Seitenblick»: Von Musik und Insidern

Redaktorin Andrea Muff über Erinnerungen an ehemalige Open-Air-Saisons.
Andrea Muff.

Andrea Muff

Ein Sommer ohne Open-Air-Festivals: Hätte mir das vor Jahren einer gesagt, ich hätte ihn wohl nur ungläubig kopfschüttelnd angeschaut. Aber was vor Jahren unmöglich schien, ist heute Tatsache. Nun muss ich meine verordnete Musikfestivalabstinenz in einem Kolumnengefäss wie diesem verarbeiten. Denn genau jetzt würde ich eigentlich am Heitere Open Air in Zofingen im bequemen Campingstuhl vor meinem gelben Eichhof-Zelt sitzen – mit einem Bier in der Hand. «Würde», weil in Zeiten von Corona ein Festival dieser Grössenordnung nicht stattfinden darf.

Es wäre also eigentlich wieder Zeit für Livemusik, tanzen unter freiem Himmel und Mitsingen von Liedern, deren Text man trotz vorheriger Unkenntnis wie durch ein Wunder nach dem zweiten Refrain auswendig kann. So wurden ich und meine Open-Air-Freunde in der Vergangenheit plötzlich Fans der Band Silbermond oder fanden «Plüsch» ganz sympathisch. Unvergesslich bleibt, als auf dem Gurten, dem Berner Hausberg, das ganze Publikum «W. Nuss von Bümpliz» von Patent Ochsner zum Besten gab – ein Gänsehautmoment. Für überraschte und geschockte Gesichter sorgte indes der Sturz des The Hives-Frontmanns von der Heitere-Bühne – er kam mit einer Gehirnerschütterung davon. Als «einfach nur krank, aber geil» bezeichnet wiederum eine Freundin das Prodigy-Konzert und zu Parov Stelar liess es sich hervorragend durch den Foodcorner tanzen. Dass man sich auch mal besonders «jugendlich» fühlt, bewirkten Bands wie Fanta 4 und Fettes Brot.

Doch nicht nur musikalische Highlights hatten die Festivals zu bieten, sie sorgten auch für einige Insider. An dieser Stelle also vielen Dank für das Bier aus dem Stiefel, für den Humpen, den Spruch «Zum Glück bist du nicht meine Mutter», den Besuch des Schlagerzelts während eines Toten-Hosen-Konzerts – nein, es ist trotz Regen nicht ok –, für die riesen Frühlingsrollen, die Bekanntschaft mit Uniformierten im ÖV, für die zahlreichen Lacher und schmerzenden Bauchmuskeln mit oder ohne «Glatsch». In dieser Zeit habe ich auch etwas gelernt: Snowboardhosen eigenen sich definitiv nicht als Regenjacke. Meine Hoffnung bleibt, dass ich bald wieder zu einer unmöglich frühen Morgenstunde nach «Hans-Wolfram Knaak» rufen darf.

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