notifications
Zug

Pflanzenkohleproduktion: Betrieb in Neuheim wird für einen Preis nominiert

Die Familie Keiser konnte mit der Einbindung der Pflanzenkohleproduktion auf ihrem Landwirtschaftsbetrieb in Neuheim gleich mehrere Probleme für eine zukunftsgerichtete Landwirtschaft lösen. Mit ihrem Pflanzenkohle-Projekt sind sie nun für den agroPreis 2019 nominiert.
Links ist die Biomasse zu sehen, rechts die fertige Pflanzenkohle. 
(Bild: Maria Schmid/Archiv)

Cornelia Bisch

Der Klimawandel ist ein Dauerthema in der Politik und in den Medien. Die Familie Keiser hat sich bereits vor acht Jahren gesagt: Statt reden, selber etwas gegen den CO2-Ausstoss machen. Zusammen mit der Verora AG und der finanziellen Unterstützung der Klimastiftung Schweiz haben die Landwirte damals den Sprung in die Produktion von Pflanzenkohle gewagt. Heute führen sie einen Pionierbetrieb auf dem Gebiet der Pflanzenkohle und einer klimapositiven Landwirtschaft.

Vier Fliegen auf einen Streich

Die Familie Keiser schlägt mit ihrer Pflanzenkohle gleich mehrere Fliegen auf einmal. Aus minderwertigem Holz aus Baum- und Strauchschnitt stellen sie zweierlei her: getrocknete Holzschnitzel für Heizungen und Pflanzenkohle. Das Holz wird nach dem Hackvorgang gesiebt und die groben Holzschnitzel werden mit der Abwärme aus der Pflanzenkohleproduktion getrocknet. Werden diese getrockneten Holzschnitzel in einer Heizung eingesetzt, haben sie den doppelten Heizwert im Vergleich zu herkömmlichem Hackgut und verringern die Schadstoffemissionen.

Die Pflanzenkohle wiederum produzieren die Landwirte aus dem feinen Anteil und verkaufen sie über die Verora AG, vor allem an Landwirte als Futterzusatz und Einstreu für den Stall. «Als Futterzusatz wirkt sie als Entgiftungsmittel und verbessert die Verdauung. Dadurch riecht der Kot der Tiere auch weniger», sagt Franz Keiser. Zusammen mit der Gülle oder dem Mist kommt die Pflanzenkohle raus aufs Feld. Im Boden dient sie durch ihre poröse Struktur den nützlichen Mikroben als Behausung und als Wasser und Nährstoffspeicher. Zudem verrottet sie über mehrere Jahrhunderte nicht und trägt so langfristig zur Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit bei.

Als willkommener Nebeneffekt wird langfristig Kohlenstoff in der Erde gespeichert, welcher zuvor durch die Pflanzen in Form von CO2 der Atmosphäre entzogen wurde. Somit dient die Pflanzenkohle als biologischer CO2-Speicher. Wird Pflanzenkohle in der Tierhaltung eingesetzt, entsteht ein Mehrfachnutzen. Es verbessert die Tiergesundheit, verringert Emissionen, erhöht die Bodenfruchtbarkeit und speichert langfristig Kohlenstoff.

Lange Entwicklungszeit

«Einfach war es aber nicht, das Verfahren zu perfektionieren», erzählt Franz Keiser. Eine fix-fertige Maschine gab es damals noch nicht. 2011 kauften die Landwirte mit der Verora AG den dritten Prototypen der Pyreg GmbH aus Deutschland. Die Produktion von Pflanzenkohle ist ein komplexer Vorgang, bei dem die kleinen Holzschnitzel ohne Sauerstoff auf rund 500°C erhitzt werden. Das dabei entstehende Holzgas wird bei rund 1000°C verbrannt und wieder zur Anheizung des frischen Materials verwendet.

Damals hatte die Maschine auch noch keine Wärmerückgewinnung. Diese musste der Bauer erst noch zusammen mit seinem Sohn Fabian entwickeln und bauen. Die richtige Verbrennungstemperatur zu finden, war ebenfalls nervenaufreibend. Ist die Temperatur zu niedrig, verkohlt das Pflanzenmaterial nicht richtig. Ist sie zu hoch, kann es sein, dass die ganze Maschine schmilzt, wie es einem Landwirt im Wallis passiert ist. Zudem muss die Pflanzenkohle bestimmte Qualitätsanforderungen erfüllen, damit sie auch als Futtermittel verwendet werden kann.

Heute ist die Pflanzenkohle von Keisers EBC-Futter (European Biochar Certificate) zertifiziert und ist somit für die Tierfütterung und Anwendung im Boden zugelassen.

Grosses Marktpotenzial

Neben den technischen Herausforderungen gab es auch einige administrative. So brauchte es verschiedene Bewilligungen für die Verwendung als Bodenverbesserungsmittel und Futterzusatz. «Auch gab es kaum Erfahrungen in der Anwendung, und wir mussten erst die optimalen Einsatzorte und -mengen herausfinden», erzählt Fredy Abächerli, Projektleiter der Verora AG. Nach diesem 8-jährigen praktischen Einsatz kann nun die Pflanzenkohle gezielt eingesetzt werden, damit der maximale Nutzen für die Anwender entsteht.

Die Nachfrage steigt stetig, denn die Kunden berichten von vielen positiven Effekten. «Das Marktpotenzial ist alleine in der Landwirtschaft noch gross und so kann die Pflanzenkohle einen grossen Betrag leisten, für eine klimapositive Landwirtschaft», betont Franz Keiser.

Für Agro Preis nominiert

Neben drei weiteren Projekten konnte sich die Familie Keiser mit ihrem Pflanzenkohle-Projekt gegen die total 49 eingereichten Projekte durchsetzen. Sie sind nun für den Agro Preis 2019 der Emmental Versicherung nominiert, welcher jährlich an innovative Projekte aus der Landwirtschaft verliehen wird. Der Preis ist mit total 50'000 Fr. dotiert und wird am 7. November in Bern verliehen.

Kommentare (0)