notifications
Zug

Oberägerer «Drogenlabor»: Angeklagte rücken nicht von Positionen ab

Das Zuger Obergericht muss nun über den Fall der mutmasslichen Drogenküche in einem Oberägerer Haus entscheiden. Das Urteil folgt demnächst.

Ob er nun geplant hatte, Drogen in grossen Mengen für den Verkauf herzustellen oder doch nicht – über diese und weitere damit zusammenhängende Fragestellungen hat das Zuger Obergericht zu befinden.

Es ist ein delikater Fall – wir rekapitulieren kurz: Eher zufällig stiess die Zuger Polizei im Frühling 2018 auf ein potenzielles Drogenlabor mit einer Menge unterschiedlicher Chemikalien in einem Oberägerer Wohnhaus. Der Eigentümer – ein norwegischer Staatsangehöriger – hatte die Einrichtung mit Unterstützung einer Thailänderin aufgebaut. Laut Anklageschrift des Staatsanwaltes hat er beabsichtigt, im Labor die Designerdroge Crystal Meth in grossen Mengen herzustellen und den Stoff zu verkaufen. Dies insbesondere aus dem Antrieb heraus, sich aus der finanziellen Schieflage zu retten, in die der Angeklagte geraten war

Ebenfalls angeklagt ist die erwähnte Thailänderin. Ihr wird Mittäter-, respektive Gehilfenschaft zu einer qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie Widerhandlung gegen das Ausländergesetz vorgeworfen: Sie lebt in einer Scheinehe zum Zwecke eines bewilligten Aufenthaltes in der Schweiz. Auch habe sie dem Laborbesitzer entsprechende Kontakte in die Drogenszene vermitteln wollen, um das Meth zu verhökern. Überdies habe sie dem Laborbetreiber wiederholt unterschiedliche Drogen aus der Szene für den Konsum besorgt.

Anschuldigungen zurückgewiesen

Seit November 2017 herrscht kein Kontakt mehr zwischen den beiden Angeklagten. Im Mai 2019 sassen sie gemeinsam vor dem Zuger Strafgericht, wiesen sämtliche Anschuldigungen der Staatsanwaltschaft zurück und schoben sich gegenseitig den Schwarzen Peter zu. Der Staatsanwalt beantragte für beide je eine Freiheitsstrafe von 36 Monaten, davon 18 Monate in bedingtem Vollzug. Überdies sollen beide des Landes verwiesen werden. Ihre Verteidiger hingegen forderten Freispruch in den Hauptanklagepunkten.

Knapp eine Woche nach der erstinstanzlichen Verhandlung folgte das Urteil: Das Strafgericht folgte weitgehend den Anträgen der Staatsanwaltschaft. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte alle Anstalten getroffen habe, Drogen für den Handel herzustellen, nicht zuletzt, da er bis zum Zeitpunkt des Auffliegens bereits eine Menge von 40 Gramm Crystal Meth produziert hatte – dies eröffnete er den Behörden bei der Einvernahme von sich aus, relativierte jedoch: Es habe sich um minderwertigen, marktuntauglichen Stoff für den Eigenkonsum gehandelt. Der reine Meth-Anteil dieser 40 Gramm sei wesentlich geringer. Als weiter belastend taxierte die Staatsanwaltschaft das Vorhandensein von rund 350 Gramm Vorläufersubstanz, aus der Crystal Meth hergestellt werden könne.

Liebhaber-Labor zu Übungszwecken

Sowohl der Laborbetreiber wie auch die Thailänderin legten Berufung ein und fanden sich nun vor dem Zuger Obergericht wieder. Alles in allem verlief die Verhandlung analog zur erstinstanzlichen im Mai 2019: Beide Parteien hielten an ihrer Position fest, und auch die Anträge des Staatsanwaltes deckten sich bis auf die Dauer der Haft weitgehend mit denjenigen seines Kollegen am Strafgericht.

Der Angeklagte – er interessiert sich sehr für die Chemie und absolviert mittlerweile in Zürich ein Chemiestudium – betonte abermals, dass er sein Labor rein aus Liebhaberei und zu Lern-/Übungszwecken aufgebaut habe – aus wissenschaftlichem Interesse. Sollte er je geplant haben, gewerbsmässig Drogen herzustellen, hätte er das schon lange gemacht. Der Beschuldigte vermutet auch einige translatorische Missverständnisse in der Protokollierung seiner Aussagen bei der Ersteinvernahme, was ihn in einem schlechteren Licht dastehen liesse. So hiesse es an einer Stelle, dass er sich im Notfall für einen illegalen Weg entschieden hätte. Das sei so nicht richtig, betont er. Das Gericht hingegen äusserte den Eindruck, dass er seine Aussagen verdrehe und sich in Widersprüche verwickle. Ohnehin neigte der Angeklagte wie schon bei der Verhandlung im Mai 2019 zu ausschweifenden Schilderungen und Antworten, was den Oberrichter zu einer energischen Zurechtweisung veranlasste.

«Vermutungen und Mutmassungen»

Der Anwalt des Angeklagten hielt daran fest, dass die Vorwürfe generell auf Vermutungen und Mutmassungen basierten. So sei denn auch die wirklich hergestellte Menge an Crystal Meth wie auch am Vorläuferstoff nicht belegt. Sein Mandant sei Hobbychemiker und erfülle nicht das Profil eines Drogendealers. Hätte er so etwas vorgehabt, hätte er es schon längst umgesetzt, fand auch der Verteidiger. Sein Mandant sei freizusprechen.

Selbiges fordert der Verteidiger der mitangeklagten Thailänderin für diese. Sie habe keine Kenntnis gehabt von den mutmasslichen Absichten des Laborbetreibers. Sie sei von diesem ausgenutzt worden. Und da Gehilfenschaft Vorsatz voraussetze, dieser aber nicht gegeben sei, treffe sie kein Verschulden.

Der Staatsanwalt zeigte sich wenig beeindruckt und begründete seine Position ähnlich wie sein Vorredner am Strafgericht, indem auch er sich hauptsächlich auf die Aussagen der beiden bei der Ersteinvernahme stützte, die in einzelnen Punkten von den beim Obergericht angebrachten Darstellungen abwichen. Für den Staatsanwalt ist es erwiesen, dass der Beklagte geplant hatte, Drogen in grösseren Mengen für den Markt zu produzieren und dass seine «Assistentin» als Gehilfin in diesen Plan eingeweiht war. Der Staatsanwalt hält an der Forderung einer Freiheitsstrafe für beide Angeklagten fest, von den ein Teil unbedingt abzusitzen sei.

Das Urteil wird voraussichtlich bis spätestens Mitte Februar vorliegen.

Kommentare (0)