notifications
Zug

Nach zwei Jahren Zwangspause hiess es: Endlich wieder Theater

Die Zuger Spiillüüt mussten wegen Corona zittern und bangen um ihre Premiere von «Frau Müller muss weg!». Nach vielen Zwischen- und Unfällen war es kürzlich so weit.
Die Lehrerin Sabine Müller (Mitte, gespielt von Daniela Jung) herrscht Rolf Hediger (Reto Solèr) an, beobachtet von Katrin Graber (Beatriz Mondin).  (Bild: Stefan Kaiser (Zug, 11. Januar 2022))
Jessica Hofmann (links, gespielt von Nelly Gyimesi) und Marina Jost (Kathrin Gut) nerven sich über die Lehrerin. (Bild: Stefan Kaiser (Zug, 11. Januar 2022))
Der Abwart Koni Betschart (links, gespielt von Rémy Frick) und Patrick Jost (Thomas Kühl) diskutieren. (Bild: Stefan Kaiser (Zug, 11. Januar 2022))

Dorotea Bitterli

Dorotea Bitterli

Dorotea Bitterli

Wie macht man Schule in schwierigen Zeiten? Dieses Thema begleitet momentan die mediale Berichterstattung: Fast jeden Tag gehen wir in Gedanken einmal in die Schulzimmer des Landes, wo Unterricht unter Pandemiebedingungen zu einer Feuerprobe geworden ist.

Das neueste Stück der Zuger Spiillüüt spielt in ebendieser Szenerie, und die wurde im Burgbachkeller realistisch auf die Bühne gestellt – mit vier Schülerpulten, einer Lehrer-Ecke, Bücher- und Ordnerregalen, farbigen Kinderzeichnungen und einer Tafel, auf der «Frau Müller ist dof» steht; ja, mit nur einem «o» (Bühnenbild Roland Schlumpf). Die Kinder können offensichtlich schreiben, und Frau Müller ist demnach ihre Lehrerin.

Kein Vertrauen mehr in pädagogische Fähigkeiten

Dass die Zeiten für die erfahrene Sabine Müller (gespielt von Daniela Jung) schwierig sind, liegt in der sozialkritischen Komödie «Frau Müller muss weg» von Lutz Hübner & Sarah Nemitz (Mundartfassung Ueli Remund & Thomy Truttmann) jedoch an den Eltern, die am Elternabend der Klasse 6b beschliessen, dass sie kein Vertrauen mehr in die pädagogischen Fähigkeiten der Lehrperson haben. Sie soll die Klasse abgeben, und nein, die Schulleitung ist nicht informiert.

Das zerstrittene Ehepaar Marina und Patrick Jost (Kathrin Gut, Thomas Kühl), die schnoddrige Laissez-faire-Mutter Jessica Hofmann (Nelly Gyimesi) und der polternde Macho Rolf Hediger (Reto Solèr) sind wild entschlossen, denn es geht aufs Schuljahresende zu und damit einzig und allein um die Noten und den Sprung ihrer Kinder ins Gymnasium, darum, «die blöden Bälger irgendwie durchzukriegen». Nur Katrin Graber (Beatriz Mondin) bleibt gelassen – sie kredenzt der Lehrerin sogar Blumen. Ihr Sohn Fritz bringt zwar Glanznoten nach Hause, ist aber merkwürdig verschüchtert. Die pubertierende Laura verzockt ihre Zeit mit Internet-Games, Janine ist faul und der verzärtelte Lukas jammert zuhause über Mobbing. An allem ist Frau Müller schuld.

Das macht von Anfang an die Komik dieses Stücks aus: Jede der Figuren hat verborgene Motive, die sie jedoch zunächst nicht offenlegt. Stattdessen geht die emotionale Post ab – Vorwurfsschlachten, heuchlerische Schmeicheleien, Wutanfälle, Wehleidigkeit, Heulattacken. Die Lehrerin schlägt sich tapfer und argumentiert haushoch überlegen, ihre soziale Intelligenz ist intakt, aber der Kragen platzt ihr doch und sie verlässt brüllend den Raum.

Auch eine Liebelei ist dabei

Jetzt demontieren sich die Eltern nach und nach selbst: ihren übertriebenen Ehrgeiz, ihr eigenes inneres Unglück, ihren Egoismus, ihre persönlichen Widersprüche. Die Diskussion eskaliert, und alles steuert auf einen handfesten Höhepunkt zu, mit Geschrei, Gerangel und Wasserflut. Ausserdem gibts da noch eine heimliche Affäre. Der Wendepunkt ist gekommen, als sie Frau Müllers Tasche durchwühlen und dabei die Noten ihrer Kinder entdecken – und die sind besser, als sie dachten.

Das Stück lebt von Situationskomik, überraschenden Wendungen und sich überstürzenden Aktionen. In den dümmsten Momenten tritt auch noch der Abwart auf (Rémy Frick), liebevoll klischiert: Aufräumen, richtig parkieren, um zehn Uhr Lichterlöschen! Die Platzierung der stereotypen Argumente lässt das Gelächter im Publikum aufspringen, je länger, umso öfter.

Auch das Publikum hat sich danach gesehnt

Die Spiillüüt mussten sehr lange warten, bis sie wieder auf die Bretter durften. Man merkt es: Die Spiellust ist überbordend, das Engagement mitreissend. Licht (Beat Auer), zeitgenössische Kostüme (Agatha Imfeld) und Maske (Elena Sigrist) funktionieren perfekt. Das Publikum lacht, klatscht und stampft begeistert.

Beim Applaus erzählt Spiillüüt-Präsident Rémy Frick von den Hürden, die das Stück in den zwei Covid-Jahren nehmen musste, von Verschiebungen, Erkrankungen, Ersatzsuche, Bangen und Hoffen: «Nach drei Regisseuren (Thomy Truttmann, Peter Niklaus Steiner, Mathias Ott, Anm. d. Red.), einem Spielerwechsel und vielen Zu- und Unfällen steht nun unsere Arbeit endlich, endlich, endlich wenigstens für jetzt, für diesen Abend, sicher auf der Bühne!» Wie er das sagt, lässt erahnen, mit welcher Spannkraft Theaterleidenschaft ihr Licht durch dunkle Zeiten rettet.

Geplante weitere Aufführungen: 19., 21., 22., 23., 26., 27., 28., 30. Januar sowie 2., 3., 4., 5., 6., 9., 10., 11., 12. Februar, werktags um 20 Uhr, sonntags um 17 Uhr. Vorverkauf und Infos: www.zuspi.ch, 041 729 05 05, karten@theatercasino.ch. Einlass mit gültigem Covid-Zertifikat.

Kommentare (0)