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Zug

Menzingen als «Hotspot» der Schulbildung aktiv erleben

Seit Mitte des 19. Jahrhunderts gilt Menzingen als wichtiger Ausgangspunkt des Schulwesens in der Zentralschweiz. Ein neues Kulturprojekt führt Interessierte an die eindrückliche Entwicklung des Dorfes auf diesem Gebiet heran.
Kunsthistorikerin Brigitte Moser vor der Tafel beim Haus Maria vom Berg, das im Hintergrund sichtbar ist. Die Menzinger Gemeinderätin Barbara Beck-Iselin (links) hat das Projekt als Vertreterin der Gemeinde begleitet. (Bild: Matthias Jurt (Menzingen, 3. Juni 2020))

Andreas Faessler

Die jüngere Geschichte der Gemeinde Menzingen ist stark mit dem Bildungswesen verbunden – es war und ist für das Dorf am Berg geradezu Tradition, Lebensgrundlage und hat nicht zuletzt das Ortsbild geprägt. Ein erstes öffentliches Schulhaus ist bereits für das Jahr 1606 belegt, 1821 wurde eine Handwerksbruderschaft die «Meisterschaft Menzingen» gegründet, welche für die Ausbildung von Gesellen verantwortlich zeichnete.

Wegweisend jedoch für die Zukunft Menzingens als Bildungsort war insbesondere die Gründung der Kongregation der Schwestern vom Heiligen Kreuz im Jahr 1844 durch Kapuzinerpater Theodosius Florentini und Schwester Bernarda Heimgartner. Die Schulbildung von Mädchen und jungen Frauen war Mission der Schwestern. «Und das war für die damalige Zeit etwas Bemerkenswertes, erst recht aus emanzipatorischer Sicht», erklärt die Zuger Kunsthistorikerin Brigitte Moser. «Insbesondere auch deshalb, weil die offizielle Schulpflicht erst fünf Jahre später eingeführt wurde.» Die Ordensgemeinschaft wuchs rasch enorm an und war bis weit über die Kantons- und Landesgrenze hinaus äusserst erfolgreich im Bildungswesen.

Lehrpfad mit reizvollen Aussichten

Der Sonderstellung Menzingens als historisch bedeutender Ort des Bildungswesens hat die Kunsthistorikerin ihr jüngstes Kulturprojekt gewidmet. Der «Bildungsweg Menzingen» vermittelt auf niederschwellige und anschauliche Art und Weise die unterschiedlichen Aspekte, welche die Gemeinde seit anno dazumal bis heute zum «Hotspot» der Schulbildung im breiten Sinne macht. Der Bildungsweg in Form eines Rundgangs kann mit wenig Aufwand – auch per Rollstuhl oder mit Kinderwagen – begangen werden, dies unter Einbezug der reizvollen Landschaft in und um Menzingen. An sämtlichen Stationen erklären übersichtlich gestaltete, grossformatige Infotafeln das jeweilige Objekt. «Dabei sind die Tafeln bewusst so platziert, dass sie einen klaren Mehrwert darstellen, sich aber nicht aufdrängen und erst recht nicht das Erscheinungsbild des betrachteten Objekts stören», führt Brigitte Moser aus. Als «Geschichte vor Ort», umschreibt sie das Projekt in drei Worten.

Der Rundgang ist nicht nur bildungs-, sondern genauso kulturhistorisch aufschlussreich, zumal von den einstigen oder noch immer existierenden Menzinger Bildungsstätten erhaltene historische Bausubstanz von der bedeutenden Vergangenheit zeugt. Beginnend beim «Kernstück» der Menzinger Bildungsgeschichte, dem Schwesterninstitut, führt der Weg vorbei am neobarocken Kandidatinnenhaus Villa Tharsilla zum einstigen Pensionat Maria vom Berg und dem ehemaligen Seminar Bernarda, heute Kantonsschule. Nach einem luftigen Wegstück übers offene Feld folgt der Hof Neuhus. Das charakteristische Bauernhaus mit Ökonomiegebäuden verweist auf die frühe landwirtschaftliche Ausbildung. Und dann, beim Vereinshaus Menzingen, wandelt man unvermittelt auf den Spuren gelebten Sozialkatholizismus, mit dem der aus Menzingen stammende Bundesrat Philipp Etter in direkter Verbindung stand. Inwiefern? Auch hier gibt eine Tafel Aufschluss. Und dass die beiden Schulhäuser Dorf und Marianum an zentraler Stelle mitten im Dorf stehen, hat konkrete Gründe. Mit dem «Schuhmacherhaus» als Inbild für prosperierendes Kleingewerbe und handwerkliche Ausbildung im Ort endet der Kernrundgang. Die drei weiteren Stationen liegen ausserhalb des Dorfes: Das Lassalle-Haus in Edlibach, das Schulhaus Finstersee und das Schul-/Ferienheim auf dem Gottschalkenberg sind ebenso eng mit der Bildungsgeschichte Menzingens verbunden. «Durch die immer noch existierenden Gebäude ist diese allgegenwärtig», fasst Brigitte Moser zusammen. «Und ganz zu Recht ist die Gemeinde Menzingen denn auch stolz auf ihre Vergangenheit, die so sehr im Lichte schulischer Bildung steht.»

Breit abgestütztes Projekt

So sei die Gemeinde denn auch entsprechend interessiert gewesen an Brigitte Mosers Idee für das dauerhafte Kulturprojekt dieses beschilderten «Bildungsweges». «Damit soll nicht zuletzt wertvolle Vermittlungsarbeit zur eigenen Geschichte geleistet werden», so die Kunsthistorikerin. «Der Kanton Zug darf sich einer breiten und interessanten Kulturlandschaft rühmen. Diese hervorzuheben und für alle greif- sowie erlebbar zu machen, ist ein wichtiger Beitrag an die Lebensqualität – und sie ist identitätsstiftend.»

Der «Bildungsweg Menzingen» ist breit abgestützt: Trägerin des Projekts ist die Einwohnergemeinde Menzingen; mit im Boot sind das Schwesterninstitut, die Bürgergemeinde, die katholische Kirchgemeinde sowie Kanton und Stadt Zug. Für die inhaltliche Aufarbeitung hat Brigitte Moser mit dem Historiker Thomas Zaugg und dem Namensforscher Beat Dittli zusammengespannt. Für die gestalterische Umsetzung und die Fotografie zeichnen das Grafikatelier Kleeb-Lötscher sowie Regine Giesecke verantwortlich.

Zum Konzept gehört eine handliche Broschüre, die entweder vom Internet (Link am Ende des Textes) geladen oder an mehreren öffentlichen Stellen wie der Gemeinde, in Bibliotheken, im Staatsarchiv oder bei Zug Tourismus kostenlos bezogen werden kann.

Hinweis
Der «Bildungsweg Menzingen» gilt ab heute Samstag, 6. Juni, als offiziell eröffnet. Aufgrund der aktuellen Situation ist die Eröffnungsfeier verschoben worden, voraussichtlich auf Samstag, 29. August, ab 10 Uhr. www.bildungsweg-menzingen.ch

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