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Zug

Mediation: Konflikte anders lösen

Am 18. Juni ist Tag der Mediation – also des Verfahrens zur Konfliktlösung mit Hilfe einer neutralen Vermittlungsperson. Der Verein Mediation Zug setzt sich seit bald zehn Jahren für das Vorgehen ein.
Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, Konflikte zu lösen: Mediatorin Helen Gisler in ihrer Praxis in Zug. (Bild: Stefan Kaiser, 12. Juni 2019)

Laura Sibold

Ob Zoff in der Partnerschaft, ein Generationenkonflikt, Streit mit den Nachbarn oder mit einem Unternehmen: Konflikte scheinen oft unlösbar, wenn man sich mittendrin befindet. Das Verfahren Mediation setzt dort an, wo alle Stricke reissen. «Mediation eignet sich zur Lösung vieler Konflikte, bei denen sich zwei oder mehr Parteien gegenüberstehen – vorausgesetzt alle Beteiligten wollen konstruktive Gespräche führen oder wieder zu diesen finden», erklärt Helen Gisler, die seit 13 Jahren als Mediatorin tätig ist, mittlerweile in eigener Praxis in der Stadt Zug.

Bei einer Mediation vermittelt ein Mediator als unabhängiger Navigator zwischen den Konfliktparteien. Dabei sind die Tätigkeitsbereiche breit gefächert. Die meisten Mediatoren im Kanton Zug sind im Wirtschaftsbereich und im Familienrecht tätig. Sie klären etwa Streitigkeiten innerhalb eines oder zwischen verschiedenen Unternehmen oder bei Trennungs- und Scheidungskonflikten. Zudem gibt es Mediatoren, die bei Strafverfahren sowie in Arbeits- oder Mietsachen zum Einsatz kommen.

Fokus vom Problem auf die Zukunft verlagern

Darüber hinaus können auch viele weitere Konflikte aus dem Privatleben durch Mediation gelöst werden. «Die Schulmediation befasst sich mit Vorfällen zwischen Lehrpersonen, Schülern oder deren Eltern, während die Nachbarschaftsmediation beispielsweise einen Streit über die Betriebszeiten des Quartierspielplatzes behandelt», erklärt Helen Gisler. Die Paar- und Familientherapeutin hat selber am meisten mit Trennungs- und Scheidungskonflikten zu tun sowie mit Uneinigkeiten bei Besuchsrechtsregelungen.

Nach einem entsprechenden Beispiel aus der Praxis gefragt, schildert Gisler die Situation einer 35-jährigen Mutter, die vor vier Monaten ein Kind gebar:

«Die Mutter geniesst die Arbeitspause, um ihrer Tochter intensiv Zeit zu schenken. Einziger Wermutstropfen ist das Verhalten ihrer Schwiegermutter. Bisher war es kein Problem, im gleichen Dorf zu wohnen. Aber seither steht ihre Schwiegermutter ständig unangemeldet vor der Tür – natürlich immer mit einem Spruch auf den Lippen und Lebenstipps, auf die man gut verzichten könnte. Merkt sie denn nicht, dass sie stört? Und überhaupt weiss die Mutter selbst, was für ihre Tochter gut ist. So gibt sie inzwischen oft vor, keine Zeit zu haben. Das gibt etwas Luft, aber eine Lösung ist das nicht.»

Hinter solchen Konflikten stünden oft die Fragen, wer Recht habe und wer nachgeben müsse, erklärt Helen Gisler. Das sei jedoch ein Denkmodell, das automatisch von Gewinnern und Verlierern ausgehe. «Ziel einer Mediation ist es nicht, eine Gewinner- und eine Verliererseite zu bestimmen, sondern eine Lösung zu finden, mit der beide Parteien leben können.» Mediation wolle daher den Fokus von der festgefahrenen Situation in der Gegenwart auf die Zukunft lenken, in deren Zentrum die Bedürfnisse aller Parteien stehen. Dazu ist es notwendig, dass beide Seiten ohne Schuldzuweisungen zu Wort kommen und zuhören, um ihre Positionen im bestehenden Konflikt darzulegen. «Kern der Arbeit ist es, zuerst die eigenen, dann die Bedürfnisse des Gegenübers zu klären: Warum ist es für mich wichtig, dass etwas so entschieden wird», erläutert die Mediatorin. Lägen die Bedürfnisse beider Seiten erst einmal offen auf dem Tisch, gehe es darum, konkrete Lösungsmöglichkeiten zu erarbeiten und am Ende eine schriftliche Vereinbarung zu treffen. Im Fall der erwähnten Mutter könnte eine Lösung sein, dass sich die Schwiegermutter erst telefonisch anmeldet, bevor sie vorbeikommt.

Aussergerichtlich und daher kürzer und günstiger

Am Tag der Mediation, der von den Dachverbänden aller deutschsprachigen Länder jeweils am 18. Juni abgehalten wird, will auch der Verein Mediation Zug auf seine Tätigkeit hinweisen. Der Verein wurde 2010 gegründet und ist ein Netzwerk von rund 40 ausgebildeten Mediatoren. «Ziel und Zweck ist die Förderung von Mediation in allen gesellschaftlichen Bereichen im Kanton Zug», erklärt Gisler, die selber auch Vorstandsmitglied ist. Der Verein Mediation Zug diene als Anlaufstelle für Amtsstellen, Gerichte, Schlichtungsbehörden, Friedensrichter und andere Organisationen sowie für Private, die sich über Mediation informieren wollen oder einen Mediator suchen.

Mediation sei mit einer oder mehreren aussergerichtlichen Sitzungen oft kürzer und damit auch günstiger als ein Gerichtsverfahren, fährt Gisler fort. Anders als in einem gerichtlichen Verfahren gibt es in einer Mediation keinen, der die Rolle des Anwalts übernimmt und die Interessen des Mandanten wahrt.

«Bei uns wird nicht gewertet. Jeder vertritt sich und seine Interessen selber»,

so Helen Gisler. Zudem habe eine geglückte Mediation oftmals den Vorteil, dass die Beteiligten langfristig konstruktiver miteinander und mit künftigen Konflikten umgehen könnten.

Dennoch eignet sich nicht jeder Konflikt für eine Mediation. Laut Helen Gisler verlaufen rund 50 bis 60 Prozent aller Mediationsfälle erfolgreich. Der Verein Mediation Zug bietet auf seiner Website detaillierte Informationen an, was Mediation ist und wie man einen Mediator findet. Der Internetbesucher kann sich gemäss Helen Gisler dort rasch eine Übersicht verschaffen. Zusätzlich klärt ein Selbsttest die Frage, ob man in einem Konflikt steht, der mit Mediation gelöst werden könnte.

Weitere Informationen zum Verein und zur Mediation allgemein finden sich im Internet unter: www.mediation-zug.ch

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