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Zug

Mauscheleien bei der Vergabe eines Stipendiums der Stadt Zug?

Die Zuger Kulturkommission unterstützt ein eigenes Mitglied mit einem Atelierstipendium. Ein äusserst fragwürdiger Entscheid, finden SVP und GLP. Sie haben daher einen Vorstoss eingereicht.
Blick vom Blasenberg auf die Stadt Zug. (Bild: Stefan Kaiser, 10. Mai 2019)

Laura Sibold

Erstmals hat die Kulturkommission der Stadt Zug ein Stipendium an ein Mitglied aus den eigenen Reihen vergeben. Demnach wird die Zuger Kulturmanagerin und Vermittlerin Anu-Maaria Calamnius-Puhakka von 1. März bis 31. Mai 2020 in Genua leben und arbeiten – auf Kosten der Stadt. Dies teilte die Kulturkommission vor wenigen Tagen mit. Die Mitteilung sorgte verschiedenen Orts für Stirnrunzeln, denn das eine Stadtzuger Kommission ein Mitglied derart begünstigt, ist ungewöhnlich. Das sehen auch gewisse Stadtparlamentarier so – namentlich die Fraktionen SVP und GLP. Sie haben daher Ende vergangener Woche beim Stadtrat eine Interpellation eingereicht.

Stefan W. Huber, GLP-Fraktionspräsident und Nationalratskandidat, sagt:

«Diese Vergabe des Atelierstipendiums ist ein äusserst fragwürdiger Entscheid – da ist auch die Kulturkommission mit uns einig.»

Die Kulturkommission habe sich nämlich mit dieser Problematik beschäftigt, sich aber dennoch für die Vergabe des Atelierstipendiums an eine Person aus den eigenen Reihen entschieden, wie dem Protokoll der Kommissionssitzung zu entnehmen ist, das dieser Zeitung vorliegt. «Daher drängen sich uns Fragen auf, die schnellstmöglich beantwortet werden sollten», so der GLP-Gemeinderat.

Bei den Beratungen in den Ausstand getreten

Bekannt ist: Die Stadt vergibt jährlich Atelierstipendien für Kairo, Buenos Aires und Genua. Die Begünstigten erhalten neben Künstleratelier und Wohnraum auch einen monatlichen Lebenskostenbeitrag über 1500 Franken. Die 44-jährige Anu-Maaria Calamnius-Puhakka erhielt ein Stipendium für ihr «interdisziplinäres Mediationsprojekt», das sich um den Zusammenbruch der Morandi-Brücke dreht. Genaueres weiss man nicht. Die sechsköpfige Kulturkommission bekräftigt in einer Mitteilung aber, dass Calamnius-Puhakka bei den Beratungen in den Ausstand getreten sei.

Dennoch fragen die Interpellanten, weshalb das Projekt von Anu-Maaria Calamnius-Puhakka das Beste sei. Grundsätzlich sollten zudem Kunstschaffende mit einem Stipendium gefördert werden, die sich ein Projekt selber nicht leisten könnten, finden SVP und GLP. Calamnius-Puhakka ist Juristin mit eigener Consultingfirma. «Das erweckt nicht den Eindruck, dass sie auf ein Stipendium angewiesen wäre. Wir möchten wissen, inwiefern dieser Aspekt abgeklärt wurde», erklärt Stefan W. Huber.

Nur drei Bewerbungen sind eingegangen

Die Kulturkommission legte im Auswahlprozess des Weiteren dar, dass nur drei Bewerbungen für das Genueser Atelier eingegangen seien. Calamnius-Puhakkas Mitbewerber seien beide schon von der Stadt begünstigt worden. Auch diese Argumente ziehen nicht, finden SVP und GLP. Denn auch die «Auserwählte» sei schon von der Stadt unterstützt worden, etwa bei der Organisation ihres Tanzfestivals Young Dance.

«Ich habe aus diversen Kreisen gehört, dass sich viele Kulturschaffende gar nicht erst auf die Ausschreibungen bewerben. Denn sie glauben, dass nicht das Projekt zähle, sondern wie eng man mit Kommissionsmitgliedern oder der Kulturstelle verbandelt sei», sagt Huber. Daher interessiere ihn, wie der Stadtrat für faire Wettbewerbsbedingungen sorgen wolle.

Die aktuelle Stipendienvergabe habe zudem eine lange gehegte Befürchtung bestätigt, so Huber. Man höre aus der Bevölkerung immer wieder, dass bei Stadtzuger Komissionsentscheiden «gemauschelt» werde.

Diesen Verdacht wollten SVP und GLP bereits im Sommer mit einer Interpellation aus dem Weg räumen. «Leider gab der Stadtrat auf die entscheidende Frage zu Interessenbindungen der Kommissionsmitglieder keine Antwort», bedauert Huber. Da die Interpellanten für den nun vorliegenden Vorstoss eine mündliche Beantwortung wünschen, hat Stadtrat nun 30 Tage Zeit sich zu äussern. Huber betont: «Die Interpellation ist kein Vorstoss gegen Kunst oder Kultur. Es geht um mehr Transparenz und Fairness für alle Kulturschaffenden.»

Grundlegende Frage in der ganzen Diskussion ist aber: Warum wurde trotz des Bewusstseins um die politische Brisanz nicht freiwillig auf die Vergabe verzichtet? Dies wäre problemlos möglich gewesen, wie ein Blick auf den Kanton Zug zeigt. Dort werden fix budgetierte Förderbeiträge auch einmal nicht gesprochen – wenn etwa geeignete Projekte fehlen.

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