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Zug

Hingeschaut: Von Steinhausen nach Cham – Ein Sprützehüsli mit Geschichte

Im Chamer Weiler Oberwil steht ein altes Feuererwehrhäuschen. Sein Vorgänger machte einen Umzug mit.
Das heute noch erhaltene, 1938 gebaute Spritzenhäuschen ist der Nachfolger des Originals aus dem 18. Jahrhundert, das Cham der Gemeinde Steinhausen abkaufte. (Bild: Stefan Kaiser
(Cham, 15. Juli 2020))
Eine Handdruckspritze Marke Schenk aus dem Jahr 1879 befindet sich noch heute im Besitz der Gemeinde Steinhausen ((Bild PD))
Handdruckspritzen wurden von Pferden gezogen. (Bild:PD)
Anton Rüttimann als Offizier der Betriebsfeuerwehr Landis & Gyr 1965 im Alter von 35 Jahren (Bild PD)

Cornelia Bisch

Cornelia Bisch

Cornelia Bisch

Cornelia Bisch

Er kenne die Hintergründe dieses Spritzenhäuschens, erklärt der Hobbyhistoriker Anton Rüttimann aus Steinhausen. Dieses an der Strasse nach dem Einbiegen in den Chamer Weiler Oberwil gelegene Gebäude fand jüngst Erwähnung in einem Bericht unserer Zeitung, was den 90-Jährigen dazu bewog, dessen Geschichte zu erzählen.

Spritzenhaus oder Spritzengehalt habe man früher die Feuerwehrdepots genannt, wo Schläuche, Schlauchwagen oder Handdruckspritzen zur lokalen Brandbekämpfung aufbewahrt worden seien. «Das ursprüngliche Häuschen wurde 1784 mit 19 Quadratmetern Grundfläche in und für Steinhausen gebaut», erzählt Rüttimann. Die Stadt Zug habe zur Unterstützung ein «Röhrlein Kalk und Ziegel fürs Dach» gestiftet, wie es in historischen Dokumenten aus der Zeit vermerkt sei.

«Die Stadt Zug hat zur Unterstützung ‹ein Röhrlein Kalk und Ziegel fürs Dach› gestiftet. So ist es in historischen Dokumenten aus der Zeit vermerkt.»

Ums Spritzenhaus wurde gefeilscht

Als das Dorf gewachsen und ein grösseres Feuerwehrdepot gebaut worden sei, habe man das alte kurzerhand der Nachbargemeinde Cham zum Kauf angeboten. «Cham hatte schon immer viele Weiler, die alle ein eigenes kleines Spritzenhäuschen brauchten, um Brände schnellstmöglich löschen zu können.» Die Bauern hätten oft selbst schon mit dem Löschen begonnen, bevor die Feuerwehrleute eingetroffen seien.

«Die beiden Gemeinden haben um den Preis für das Spritzenhaus gefeilscht», berichtet der rüstige Rentner weiter. «Das war üblich. Niemand bezahlte damals für irgendeine Ware den erstgenannten Preis.» Schliesslich sei das Gebäude aus Holz im Jahr 1882 für 300 Franken an die Nachbargemeinde verkauft worden.

Wertvolle Baumaterialien wurden erhalten

«Man zügelte damals relativ oft Gebäude. In Steinhausen stehen noch einige Bauernhäuser, die nicht original dort gebaut worden sind.» Man habe die Holzbauten fein säuberlich in ihre Bestandteile zerlegt, die einzelnen Balken und Bretter nummeriert, das Material mit Vierergespannen transportiert und am neuen Standort wieder auf ein frisches Steinfundament gebaut. Rüttimann hält fest:

«Baumaterial war wertvoll. Auch wenn irgendwo ein Gebäude abgebrochen wurde, versuchte man, so viel wie möglich von der Bausubstanz zu erhalten und wiederzuverwerten.»

Fortan stand das Häuschen also im Dienst des Weilers Cham-Oberwil, bis es 1938 abgebrochen und durch ein moderneres ersetzt wurde. «Die in den Spritzenhäusern gelagerten Schlauchwagen wurden damals von Hand gezogen, für den Transport der grösseren Handdruckspritzen spannte man Pferde an.» Erste Handdruckspritzen seien so um 1780 herum in Zug aufgetaucht. «Sie waren teuer. Nicht jede kleine Feuerwehr konnte sie sich leisten.»

Im Brandfall sei eine extra dafür vorhandene Glocke im Dorfkirchturm geläutet worden, man habe drei Mörserschüsse abgefeuert oder eine Sirene zu Hilfe genommen. «In Steinhausen wurde geschossen, vom Zuger Zytturm ertönte eine Handsirene.» Diese sei natürlich nicht so laut gewesen wie heutige Sirenen, aber im lokalen Umkreis haben man sie gehört.

Langjähriges Mitglied der Feuerwehr

Anton Rüttiman selbst war geschätzte 30 Jahre lang Mitglied der Feuerwehr Steinhausen – zuletzt als Offizier – und gründete dort den Bereich Gasschutz, den man heute Atemschutz nennt. Ebenfalls war er rund 20 Jahre lang als Feuerwehrinstruktor tätig. «Von 1955 bis 1972 habe ich als Schlosser und Vorarbeiter bei der Landis & Gyr gearbeitet und bereits dort der Betriebsfeuerwehr angehört.» Diese habe für den Schutz der eigenen Gebäude an der Hof- und der Gubelstrasse gesorgt. Gesamthaft habe sie rund 70 Mitglieder aus der Belegschaft gezählt. «Viele Betriebe hatten damals eigene Feuerwehren. Sie wurden dann nach und nach durch die Gemeinde- und Stadtfeuerwehren ersetzt.» Ausbildung, Übungen und Ernstfalleinsätze seien ganz ähnlich gewesen wie in den Gemeindefeuerwehren. «Ernstfälle hatten wir jedoch nur selten und während meiner Zeit glücklicherweise keine gravierenden.» Hin und wieder seien Flüssigkeiten ausgelaufen oder ein Sicherungskasten habe nicht richtig funktioniert.

Auch als Feuerwehroffizier in Steinhausen hat Rüttimann keine Todesopfer durch Feuer erlebt. «Aber Scheunenbrände gab es einige.» Sie seien für die Feuerwehrleute besonders gefährlich gewesen, da sich das Feuer oft rasend schnell ausgebreitet habe und es wegen des Staubs auch zu Explosionen gekommen sei. «Ich erinnere mich an den Brand der Scheune oben beim Schlosshof. Damals hatten wir Glück, waren rechtzeitig vor Ort und handelten richtig. So konnten wir die Scheune retten.» Eine Portion Glück, ist Anton Rüttimann überzeugt, sei auch heute noch bei jedem Feuerwehreinsatz nötig.

Mit «Hingeschaut» gehen wir wöchentlich Fundstücken mit kulturellem Hintergrund und Zuger Bezug nach.

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