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Zug

Für diesen Baarer haben sich die Prioritäten verschoben

Der in Baar wohnhaft Phillippe Vollenweider ist mit Leib und Seele Motocross-Fahrer.
Auf seinem Lieblingsgerät: Phillippe Vollenweider. Bild: Roger Zbinden (Rifferswil, 10. August 2019)

Michael Wyss

Das Garagentor ist offen, es wird gehämmert, unüberhörbar. «Ich war gerade vertieft in eine Reparaturarbeit an meiner 450 ccm Suzuki Maschine», lacht Phillippe Vollenweider. «Ich habe sie fast nicht bemerkt, denn in meiner Werkstatt oder auf der Rennstrecke tauche ich jeweils für einige Stunden in meine eigene Welt ein», sagt er beim Interview-Termin. Die Werkstatt ist klein, aber fein. «Ich fühle mich wohl hier. Ich habe alles, was ich für meine ganz grosse Leidenschaft, dem Motocross-Sport, benötige.»

Seine Werkstatt in der Autogarage seines Elternhauses befindet sich im zürcherischen Rifferswil, wo der 25-Jährige aufgewachsen ist. Rifferswil, eine Gemeinde mit 1100 Einwohnern, liegt nur 10 Autominuten von der Gemeinde Baar entfernt. «Ich bin ein halber Zentralschweizer», lacht Vollenweider. «Auch zu Schulzeiten hat es mich immer nach Zug und Umgebung in den Ausgang gezogen.» Da er in Baar wohnt und in der gleichnamigen Gemeinde bei einem Strassenbauunternehmen als Baumaschinenmechaniker und Lehrlingsbetreuer arbeitet, spielt sich Vollenweiders Leben so oder so mehrheitlich im Kanton Zug ab.

Erstes Rennen mit fünf Jahren

Vollenweidert fährt seit 20 Jahren Motocross. Die Freude entdeckte er dank seiner Mutter, die ihn im Alter von 4 Jahren an ein Rennen im zürcherischen Schönenberg mitnahm. «Das muss mich damals gepackt haben. Bereits ein Jahr später startete ich an meinem ersten Rennen im aargauischen Merenschwand.» Und daraus wurden nun 20 Jahre Wettkampf. «Ich würde heute wieder den Weg zum Motocross wählen. Ich möchte keine Sekunde missen. Die Freundschaften, die ich knüpfen konnte, die Rennerlebnisse, die Reisen ins Ausland – das waren Momente, die man nicht vergisst und die eine grosse Bereicherung sind», so Vollenweider, der mit dem Schweizer Weltklassepiloten Jeremy Seewer befreundet ist. «Wir sehen uns nicht mehr so oft, aber wir haben nur noch ab und zu Kontakt. Wir kennen uns aus Kindertagen. Er wurde Profi, ich blieb bei den Amateuren und setzte auf den Beruf.»

Vollenweider gehörte trotzdem zu den 20 besten Piloten der Schweiz. «Ich bin alle Nachwuchs- und Aktiv-Kategorien gefahren und hatte Maschinen von 50 bis 450 ccm. Aktuell fahre ich mit einer Lizenz, die es mir erlaubt, auch an Schweizer Meisterschaften der Profis und schnellen Amateure teilzunehmen. Die Freude und der Spass stehen im Vordergrund. Der Rang ist nicht mehr das Wichtigste. Ich bin immer noch ehrgeizig, aber nicht mehr verbissen und hungrig nach Podestplätzen. Pokale und Medaillen habe ich genug gesammelt, diese Zeiten sind vorläufig vorbei.»

Er gründete vor einiger Zeit sein eigenes Team. «Ich fahre unter dem MX Team Vollenweider. Dem gehören meine Eltern und meine Freundin an. Sie sind auch meine grosse moralische Stütze.» Unterstützt wird er zudem von einigen wenigen Sponsoren aus der Region, das Material kommt von einem Motoshop aus dem thurgauischen Diessenhofen. «Der finanzielle Aufwand pro Saison liegt schnell in einem fünfstelligen Bereich. Leider ist Motocross in der Schweiz trotz Weltklassefahrern, eine Randsportart. Geldgeber zu finden, ist schwierig.»

Vollenweiders Erfolge

Vor sechs Jahren feierte Vollenweider seinen grössten Erfolg. «Ich wurde an der Junioren-Schweizer-Meisterschaft in der 250-ccm-Klasse Vierter. 2015 bestritt ich zwei Amateur-Europameisterschaftsrennen in England und Deutschland, das war ein bleibendes Erlebnis». Welche Ziele steckt sich Vollenweider für die Zukunft? «Beruf und Familie geniessen bei mir nun erste Priorität. Ich werde meine gleichaltrige Freundin Selina, nächstes Jahr heiraten. Motocross wird mich aber immer begleiten und Teil meines Lebens bleiben. Das ist meine grosse Leidenschaft.»

Gab es denn auch Enttäuschungen? «Klar gab es die. Schlechte Resultate und Verletzungen wie diverse Brüche, Hirnerschütterungen und Prellungen blieben nie aus. Das gehört einfach dazu. Schlimm war einzig die schwere Schulterverletzung 2015 in England, alles andere ist wieder gut verheilt. Manchmal fragt man sich, warum man sich das alles antut. Der Körper leidet, Motocross ist ein harter Sport, der dem Körper alles abverlangt. Aber eben, es ist eine Passion, eine Sucht. Wenn du es nicht machen kannst, fehlt dir etwas.»

Trainiert wird vor allem im Ausland. «In Italien sind die Wetterverhältnisse am besten. Frankreich bietet ein breites Spektrum an geeigneten Strecken, in den Sommerferien waren wir einige Male in Tschechien. Um in der Schweiz trainieren zu können, fährst du je nach Strecke fast so weit wie nach Italien oder ins Elsass und die Auswahl der Strecken ist sehr begrenzt. Da nehme ich lieber noch eine, zwei Stunden mehr Autofahren in Kauf, dafür kann ich dann bei besten Bedingungen trainieren.» In Norditalien gibt es die grösste Dichte an Strecken. «Da triffst du ein Dutzend Pisten innerhalb weniger Kilometer an», schwärmet Vollenweider. Und wo sind die schönsten Pisten? «In Sardinien hat es in Alghero eine Anlage mit Meerblick, wunderbar. Die Strecke von Jinin in Tschechien wie auch die Strecken in Schweyen im Elsass sind bevorzugte Trainingsziele. Zudem gehört Payerne zu einer meiner Lieblingsstrecken.»

In Malters zu Gast

«In einer normalen Saison bestreite ich rund 10 bis 15 Rennen im Jahr. Die meisten in der Schweiz. Dieses Jahr war ich in Frauenfeld und Muri bei der 450-ccm-Inter-Open am Start.» Anfangs September ist der 25-Jährige in Malters beim Swiss-Championship-Rennen in der Inter-Open, einer offenen Kategorie für schnelle Amateure und Profis, zu sehen. «Darauf freue ich mich. Als halber Zentralschweizer habe ich ein Heimspiel und werde wieder viele Motocrossfreunde treffen.»

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