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Zug

«Die junge Sicht»: Dienstpflicht für alle?

Lorin Semela zur Initiative «Service Citoyen».

«Hesch du eigentlich s’Militär gmacht?» Das ist eine häufige Frage, die man als junger Mann gestellt bekommt und die schnell in eine längere Diskussion über Sinn und Unsinn des Militär- oder Zivildienstes bzw. des Zivilschutzes führt. Meine Dienstpflicht habe ich sowohl als Soldat in der Armee als auch als Zivildienstler absolviert. Die Tage während beider Dienste konnten sehr lange und anstrengend sein, dennoch habe ich in dieser Zeit wertvolle Erfahrungen machen können. Ich lernte Menschen verschiedenster Herkunft und Milieus kennen und half bei diversen Aufgaben mit wie Brücken bauen, Kartoffeln ernten und Gefängnisinsassen betreuen. Diese Dinge mögen trivial klingen, sie gaben mir aber neue Perspektiven auf unsere Gesellschaft. Die Armee, der Zivilschutz und der Zivildienst erfüllen noch viele weitere, wichtige Funktionen für den Staat und dessen Bürgerinnen und Bürger. Sei es in der Krisenintervention, dem Umweltschutz oder der Unterstützung im Gesundheits- oder Sozialwesen.

Für mich ist die Dienstpflicht ein persönlicher und ein gesellschaftlicher Gewinn. Deshalb unterstütze ich den sogenannten «Service Citoyen», eine Volksinitiative, die derzeit in Vorbereitung ist. Sie möchte, dass alle jungen Menschen der Schweiz, Frauen wie Männer, einen Dienst an der Gesellschaft leisten. Dies kann in Form eines militärischen oder zivilen Einsatzes sein. Für mich können damit mehrere Probleme gleichzeitig angegangen werden. Wichtige Bereiche unserer Gesellschaft, die notorisch an Personalmangel leiden, wie die Alten- und Krankenpflege, Schulen, die Landwirtschaft und Landschaftspflege bekämen mehr tatkräftige Unterstützung. Auch die Armee könnte ihr personelles Problem lindern.

Es ist es auch ein Schritt in Richtung Gleichberechtigung von Mann und Frau, in diesem Fall, dass beide Geschlechter die gleiche Dienstpflicht haben. Männer leisten zurzeit je nach Dienstart ungefähr ein Jahr einen Einsatz, warum sollten Frauen das nicht auch müssen? Natürlich ist in Sachen der Chancengleichheit in der Arbeitswelt, der Repräsentation von Frauen in Führungspositionen und der Verteilung von familiären Aufgaben noch nicht von vollständiger Gleichberechtigung die Rede. Diese muss weiter über politische und gesellschaftliche Reformen vorangetrieben werden. Aber nur weil auf dieser Seite die Spiesse noch nicht gleich lang sind, heisst das nicht, dass man die Gleichberechtigung von der anderen Seite her nicht fordern soll.

Zuletzt würden alle jungen Erwachsenen durch den «Service Citoyen» Einblicke in ihnen zuvor unbekannte Seiten der Gesellschaft erhalten. Dies erhöht die Solidarität und die generationenübergreifende Verbundenheit, was in einer zunehmend individualisierten Welt äusserst wertvoll ist. Man kommt mit Menschen in Kontakt, die weit weg von der eigenen «Bubble» sind, und muss sich mit deren Ansichten auseinandersetzen. Dadurch kann sich ein Verständnis für andere Meinungen und Lebensweisen entwickeln, etwas, das zunehmend verloren geht.

Hinweis: In der Kolumne «Die junge Sicht» äussern sich Mitglieder der Zuger Jungparteien zu frei gewählten Themen. Ihre Meinung muss nicht mit derjenigen der Redaktion übereinstimmen.

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