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Zug

Der Rotkreuzer Angus Fölmli macht auf der Laufbahn Jagd auf seinen Vater

Der 24-Jährige hat in der durch Corona stark beeinträchtigten Leichtathletiksaison zwei Kantonalrekorde aufgestellt. Das soll erst der Anfang seines Erfolgswegs sein.
Angus Fölmli macht auf der Laufbahn grosse Fortschritte. (Bild: Stefan Kaiser (Rotkreuz, 9. Juli 2020))
Angus Fölmli sieht dem Fussballer Gareth Bale ähnlich. (Bild: Stefan Kaiser (Rotkreuz, 9. Juli 2020))

Raphael Biermayr

Raphael Biermayr

Wenn man etwas macht, dann richtig. Dieser Leitsatz mag im Allgemeinen überstrapaziert sein: Auf Angus Fölmli bezogen trifft er voll und ganz zu. Diesen Eindruck vermittelt der Leichtathlet jedenfalls, wenn er über seine Einstellung spricht – nicht nur zum Sport, sondern zum Leben. Halbe Sachen sind nicht sein Ding. Das gilt überdies auch für seine Schwestern Kim, die ihr Hobby – das Musicalspielen – zum Beruf machte, und Ellen, die als DJane DJnelle eine Menge Zeit in ihre Leidenschaft investiert.

Angus Fölmli ist Läufer. Dass er damit seinem Vater Rolf nacheifert, sei Zufall und nicht etwa das Ergebnis sanften Drucks gewesen. «Unsere Eltern sagten uns, dass wir ein Hobby ausüben sollten – egal was», sagt der 24-jährige Rotkreuzer. Nach acht Jahren im Eishockeyclub in Küssnacht stand er mit 16 an einem Scheideweg. Fölmli blickt zurück:

«Die anderen nahmen es immer lockerer, kifften und tranken – ich blieb aber weiterhin ehrgeizig.»

Er versuchte sich in anderen Sportarten. Und obwohl er – zumindest vom Aussehen her – den Fussballer Gareth Bale doubeln könnte, entschied er sich für die Laufbahn. In seinem ersten Wettkampf kam er über 1000 Meter als Letzter ins Ziel. Sein Ehrgeiz für das Laufen war endgültig geweckt.

Lockerheit als Zutat im Erfolgsrezept

Seither zeigt die Leistungskurve fast immer nach oben. Einen Knick erlitt sie allerdings an den Schweizer Meisterschaften im vergangenen Jahr. Über 800 Meter trat Fölmli als Medaillenkandidat an und schied nach dem Vorlauf aus. «Ich war zu verkrampft», sagt der Athlet des TSV 2001 Rotkreuz.

Fölmli enttäuscht über 800 Meter an der Schweizer Meisterschaft in Basel:

Er nahm sich vor, wieder mit Freude und Lockerheit zu laufen. Augenscheinlich mit Erfolg: In der wegen der Covid-19-Pandemie stark beeinträchtigten laufenden Saison stellte Angus Fölmli kürzlich zwei Zuger Kantonalrekorde auf. Zunächst verbesserte er die 31 Jahre alte Bestzeit über 3000 Meter um über eine Sekunde auf 8:22,59 Minuten.

Dann lief er die Meile (1,609 Kilometer) in 4:10,59 Minuten und damit fast 23 Sekunden schneller als Michael Iten im Jahr 1983. Das erscheint sensationell, ist aber zu relativieren. Denn es handelt sich erst um die dritte überhaupt erfasste Zeit auf der Zuger Bestenliste, die Meile wird also sehr selten gelaufen.

Trinkler ist noch immer die Nummer eins

Als Nächstes konzentriert sich Fölmli auf eine Zeit unter 3:50 Minuten über 1500 Meter. Das ist gleichbedeutend mit der Überholung seines Vaters in der kantonalen Bestenliste. Ebenfalls in dieser Saison soll der Zuger Rekord über diese Distanz fallen. Er liegt bei 3:47,97 Sekunden, gehalten von Markus Trinkler. Der Hagendorner, der für die Hochwacht Zug startete, ist der namhafteste Zuger Läufer. Über 800 Meter hielt der WM-Starter von 1991 lange Jahre den Schweizer Rekord, ehe er von André Bucher abgelöst wurde, der im Jahr 2001 den Weltmeistertitel feierte.

Angus Fölmli hat Trinkler im Rahmen einer Schularbeit getroffen. Sie handelte von der Frage, ob man als Mittelstreckenläufer in der Schweiz finanziell überleben kann. Die Antwort lautet: Wenn überhaupt, dann nur als Weltklasseathlet, wie André Bucher einer war. Davon ist Fölmli derzeit weit entfernt. Sein Ziel ist die Europameisterschaftslimite über 1500 Meter zu unterbieten. Diese liegt für die dieses Jahr abgesagten EM bei 3:39 Minuten.

Finanzielle Abhängigkeit ist ein Thema

Damit der gelernte Bauzeichner neben neun Trainingseinheiten pro Woche noch etwas Freizeit hat, arbeitet er in einem Teilpensum in einem Treuhandbüro. Sein Chef ist sein Leichtathletiktrainer – und sein Vater. Rolf Fölmli hat vor sieben Jahren die Laufgruppe im TSV 2001 Rotkreuz um seinen Sohn herum aufgebaut.

Angus Fölmli weiss, dass er angesichts dieser Konstellation nicht um dumme Sprüche betteln muss. Derlei Äusserungen tritt er offen entgegen.

«Es stimmt, ich bin von meinem Vater abhängig. Mein Ziel ist es, diese Abhängigkeit nach und nach zu verringern. Bis dahin nutze ich die Unterstützung aber gern, um meine sportlichen Ziele zu erreichen.»

Was seine Leistungen im Büro anbelangt, stellt er klar: «Ich arbeite nicht nur auf der Bahn hart, sondern auch im Büro. Das entspricht einfach meinem Charakter, und den kann ich nicht abstreifen.» Anders ausgedrückt: Wenn er etwas macht, dann richtig.

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