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Zug

Der Namensvetter von «Zug» ist in Ostdeutschland auch ohne Zugkraft top

Zur bekannten Bergbaustadt Freiberg in Sachsen gehört seit 1994 der Ortsteil Zug, dieser hat sogar eine Haltestelle.
Der Haltepunkt Zug ist an einer seit 22 Jahren verwaisten Strecke noch gut im Schuss. (Bild: Marco Morosoli (Freiberg, 22. Juli 2020))

Marco Morosoli

Dresden mit den Brühlschen Terrassen, dem Zwinger und der Semperoper kennt jeder. Dass einige Dresdenbesucher in der Semperoper eine Brauerei («Radeberger») vermuten, ist auch kein Witz. Nicht in diese Kategorie gehört eine Ortschaft Zug. Sie liegt rund 40 Kilometer westlich von Dresden und gehört seit 1994 zur Stadt Freiberg. Wer mit dem Zug in diese sächsische Stadt mit 41500 Einwohnern kommt, der reibt sich die Augen. Die Gleisanlagen lassen vermuten, dass hier die Züge in hoher Kadenz ein- und ausfuhren. Das war im letzten Jahrtausend noch so. In der Blütezeit der Eisenbahn fuhren auch Züge in den Freiberger Ortsteil Zug und von dort weiter nach Langenau.

Da für diesen Schienenstrang nur wenige Kunstbauten (Brücken) notwendig waren, dauerten die Bauarbeiten nur gerade zwei Jahre. Dies bei einer Streckenlänge von etwas mehr als zwölf Kilometern. Als auf der oben genannten Strecke ab Mitte 1890 fahrplanmässig Züge verkehrten, existierte noch kein Haltepunkt Zug. An diesem hat am 1. Mai 1901 der erste Zug angehalten. Ob das Stationsgebäude schon bei dieser Premiere stand, ist unklar. Auf der Website www.sachsenschiene.net wird vermutet, dass der Bau in den 1930er-Jahren entstanden sei. Er wirkt massiv, aber so unscheinbar, dass eine Taxifahrerin beim Bahnhof Freiberg (Sachsen) einem Touristen auf Anhieb nicht versprechen konnte, ihn dorthin zu bringen.

Ein Stationshäuschen ganz ohne Graffiti – das gibt’s

Nachdem die Ortskundige einen anderen Kunden transportiert hatte, kam sie wieder zurück und sagte: «Steigen Sie ein, ich weiss jetzt, wo das liegt, was Sie suchen.» Mit einer traumwandlerischen Sicherheit fuhr sie zum nachgefragten Ort.

Was dem Bahninteressierten auffällt: Der Haltepunkt, an dem im Mai 1998 zum letzten Mal ein Personenzug anhielt, ist noch gut in Schuss. Er wirkt sogar aufgeräumt, und das ist deshalb erstaunlich, weil in Deutschland viele Bahnhöfe, an denen noch Züge anhalten, von Graffiti verunziert sind. Die Taxifahrerin konnte auch nicht weiterhelfen und sagte: «Hierher bin ich noch mit keinem Kunden gefahren.» Auch nach 22 Jahren ohne Züge sind die Gleise noch da. Rostig zwar, aber noch vorhanden. Der Oberbau der Strecke war schon beim Aus mit Schienenverkehr vor 22 Jahren miserabel. Im letzten Betriebsjahr haben fünf Züge je Richtung den Haltepunkt Zug passiert.

Eine andere Frage ist, ob dort auch Leute eingestiegen sind. Dies deshalb, weil zum Ortsmittelpunkt des Freiburger Stadtteils Zug ein beinahe 15-minütiger Fussmarsch notwendig ist. Aber auch die Busse nutzen an einem Dienstag im Juli eine überschaubare Anzahl von Passagieren. Zug könnte durchaus als Vorzeigeobjekt dienen. Wie zu erfahren ist, nimmt die Zahl der Einwohner zu. Das an sich ist schon eine gute Meldung, da der Osten Deutschlands seit der Wende unter Abwanderung leidet. Vielerorts stehen neue Einfamilienhäuser. Einige Quartiere sind stark gewachsen. Wie viele Menschen derzeit in Zug leben, weist die Stadt Freiberg (Sachsen) nicht explizit aus. Zu dieser gehört Zug seit 1994. Vorher war Zug eine eigene Gemeinde, welche 1990, also ein Jahr nach dem Fall der Mauer, 1218 Einwohner zählte.

Mehr als die Buchstaben haben die Orte nicht gemeinsam

Zug im Kanton Zug und Zug in Sachsen haben drei Buchstaben gemeinsam. Mehr nicht. Mit Fischen haben die sächsischen Zuger nichts zu tun. Vielmehr mit dem in dieser Gegend allgegenwärtigen Bergbau. So steht inmitten eines viel befahrenen Kreisels in Zug ein Lorenwagen. Die ersten Gruben sind in der Gegend um Freiberg 1168 nachgewiesen. Eine erste Erwähnung von Zug in Sachsen erfolgte im Jahre 1578. In dieser Zeit sind in Zug auch Kunstgräben zur Wasserversorgung der Freiburger Gruben entstanden. Sie sind in Zug noch heute in Betrieb. Die einen sind mit Steinplatten abgedeckt, andere mit Holz. Der Plan mit der Abdeckung: Das Wasser sollte vor seiner Einleitung in die Gruben nicht verschmutzt werden.

Die älteste Bahn Deutschlands fuhr in Zug

In den Gruben zu arbeiten, war ein Knochenjob. Ab 1828 gab es eine gewisse Erleichterung. In der auf Zuger Gebiet liegenden «Alten Mordgrube» hatte der sächsische Ingenieur Christian Friedrich Brendel (1776–1861) eine 268 Meter lange Eisenbahn auf Stahlschienen eingerichtet. Auf diesen verkehrten Lorenwagen aus Stahl. Damit hat das sächsische Zug die älteste Bahn in Deutschland. Die erste Fahrt von Nürnberg nach Fürth fand 1837 statt. Bis zur Spanisch-Brötli-Bahn (Zürich–Baden) gar noch 20 Jahre. Somit schreibt Zug auch anderswo Geschichte.

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