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Zug

Das Zuger Obergericht krebst zurück

Nachdem das Bundesgericht einen Fall von häuslicher Gewalt ans Zuger Obergericht zurückgewiesen hatte, hat dieses das eigene Urteil nun revidiert. Wegen Überhaft ist zudem eine Entschädigung fällig.
Der Zuger Obergerichtssaal. (Bild: Christoph Borner-keller)

Christopher Gilb

Er schlug seine Frau, die Mutter des gemeinsamen Kindes, mehrfach mit der Hand und auch mit der Faust, riss ihr an den Haaren und am 25. August 2015 würgte er sie auch. Das Strafgericht verurteilte den 27-Jährigen dafür im August 2016 unter anderem wegen mehrfacher Tätlichkeiten, mehrfacher Drohung, Nötigung und Freiheitsberaubung und vor allem wegen mehrfacher Gefährdung des Lebens zu einer Freiheitsstrafe von 35 Monaten. Das Obergericht bestätigte das Urteil. Er jedoch zog den Fall ans Bundesgericht weiter.

Erst im Februar 2018 hiessen die Lausanner Richter seine Beschwerde teilweise gut. Im Gutachten, auf welches sich die Vorinstanzen stützten, wurde die Gefährdung des Lebens basierend auf den Aussagen des Opfers als gegeben erachtet. Das Gutachten beurteilten die Bundesrichter aber als mangelhaft.

Die Stauungsblutungen machen den Unterschied

Laut Bundesgericht werde eine unmittelbare Lebensgefahr bei Strangulation nur angenommen, wenn der Täter mit derartiger Intensität und Zeit auf das Opfer einwirke, dass punktförmige Stauungsblutungen als Zeichen der Unterbrechung der Blutversorgung auftreten würden. Solche konnten jedoch nicht nachgewiesen werden. Vielmehr ging das Gutachten in Richtung der Annahme, heftiges Würgen bedeute zwangsläufig Lebensgefahr. Das Obergericht gab ein Ergänzungsgutachten in Auftrag. Dieses kommt zwar zum Schluss, dass die Tathandlungen geeignet gewesen wären, das Opfer umzubringen. Es lasse sich aber, so schreibt das Obergericht nun, damit nicht zweifelsfrei feststellen, «dass die Tathandlungen des Beschuldigten geeignet waren, das Opfer einer unmittelbaren Lebensgefahr auszusetzen».

17 statt 35 Monate

Nach der erneuten Verhandlung am 24. Mai dieses Jahres, in der der 27-Jährige weiterhin das Würgen an sich leugnete, hat das Obergericht nun schriftlich sein Urteil eröffnet. Der Mann, der seit Mai wieder au freiem Fuss ist, wird entsprechend der bundesgerichtlichen Rechtssprechung nicht mehr wegen Gefährdung des Lebens verurteilt. Dies ist der Hauptgrund, wieso das Obergericht die ursprüngliche Haftstrafe von 35 auf 17 Monate reduziert. Der Verteidiger des Angeklagten hatte sogar eine Reduktion auf 12 Monate gefordert. Für die Überhaft in Höhe von 313 Tagen wird der Angeklagte zudem mit 31300 Franken aus der Staatskasse entschädigt. Insgesamt sass er 863 Tage für den Fall in Haft. Er selbst muss aber noch eine Busse von 3300 Franken bezahlen, sowie eine Genugtuung ans Opfer in der Höhe von 6000 Franken zuzüglich Zins. Und er muss sich einer ambulanten Behandlung unterziehen. Während dieser Zeit hat er ein striktes Kontaktverbot zum Opfer.

«Es ist nie optimal, wenn das Gericht einen eigenen Urteilsspruch korrigieren muss, sagt der Verteidiger des 27-Jährigen, der Zuger Rechtsanwalt Zlatko Janev zum Urteilsspruch. Sein Mandant nehme diesen mit einer Art Genugtuung zur Kenntnis. Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht. Ein Weiterzug ist aber gemäss Janev eher unwahrscheinlich.

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