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Zug: Für mehr weibliche Courage

Verhältnismässig wenige Frauen finden in die Schweizer Politik. Woran das liegen könnte, darüber diskutierten drei Zugerinnen am Mittwoch, 3. Oktober, an einem Podiumsgespräch in der Bibliothek.
Stadträtin Vroni Straub-Müller (CSP) ist eine von wenigen Frauen in der Zuger Politik.
(Bild: Stefan Kaiser (Zug, 25. Juni 2018))

Pascal Studer

«Vierzehn Männer – und ein Vroni.» Herzhaftes Lachen erfüllte das Untergeschoss der Bibliothek Zug, als die Stadträtin Vroni Straub-Müller die Politik charmant als Männerdomäne entlarvte. Vierzehn Männer – eine Frau: Das etwas gar arg schiefe Verhältnis, das bei Besprechungen auf politischem Parkett Usus zu sein scheint, verfiel am letzten Mittwochabend ins andere Extreme. Bei der Podiumsdiskussion über 50 Jahre Frauenbewegung suchte man Mann nämlich fast vergebens. Was diese Abwesenden verpassten, war das Gespräch von drei Zuger Frauen, die das politische Bild in den letzten Jahren und Jahrzehnten massgeblich mitgeprägt haben.

Frauen im Regierungsrat untervertreten

Neben der langjährigen CSP-Stadträtin Straub-Müller, welche am kommenden Wochenende als erste Frau für das Stadtpräsidium kandidiert und dafür anerkennenden Applaus erntete, debattierten nämlich noch zwei weitere Zugerinnen über die Herausforderungen für Frauen in der Politik: Birgitt Siegrist, Präsidentin der FDP Zug, und Sybilla Schmid Bollinger, Gründungsmitglied der Frauenbefreiungsbewegung Zug. Einen Grundkonsens fanden sie schnell: Frauen bräuchten mehr Mut, sich für politische Ämter zur Wahl zu stellen. «Frauen sind diesbezüglich oft zurückhaltender, weil sie sich ein derart exponiertes Amt nicht zutrauen», betonte Birgitt Siegrist. Der Druck sei ihnen schlicht zu gross. Damit könne zumindest teilweise erklärt werden, warum Frauen in politischen Ämter auch nach 50 Jahren Emanzipation noch immer eher die Ausnahme als die Regel sei. Moderator Yannick Ringger untermauert diese Aussage später statistisch. Schweizweit seien fast 80 Prozent der Regierungsratsmitglieder männlich.

Wirtschaft muss umdenken

Doch couragierteres Auftreten alleine genüge nicht. Auch die Wirtschaft trage ihren Teil zur Untervertretung von Frauen in der Politik bei: «Beruf und Familie müssen sich vereinbaren lassen, und hier hinkt die Wirtschaft hinterher», sagt Sybilla Schmid Bollinger und kommt zum Schluss: «Hier muss sich etwas bewegen, sonst wird es schwierig mit der Politik – für Frau und Mann.» Ähnlich sieht es Vroni Straub-Müller: «Die Wirtschaft muss sich mehr einsetzen. Ich spüre hier kein Umdenken.» Gemeint sind diesbezüglich flexiblere Arbeitsmodelle und Teilzeitstellen. Die suboptimalen Wirtschaftsstrukturen seien mit ein Grund, warum es überhaupt erst eine verhältnismässig kleine Anzahl geeigneter Kandidatinnen für politische Ämter gebe. «Die Basis hat schlicht mehr profilierte Männer», sagt Birgitt Siegrist. Dass entsprechend mehr Männer in politischen Ämter walten, liegt daher auf der Hand.

Auch in der Wählerschaft untervertreten

Doch eine Tatsache passt nicht in das oben beschriebene Narrativ, denn anscheinend ist auch das politische Interesse auf weiblicher Seite nicht ganz so ausgeprägt wie bei den Männern. Auch die Wählerschaft ist nämlich überwiegend männlich. Da entsteht doch ein sehr schaler Beigeschmack, vor allem wenn man bedenkt, wie sehr viele Frauen vor fünfzig Jahren für ihre politischen Rechte eingestanden sind. «Wir kämpften für das Frauenstimmrecht und es wird von vielen einfach nicht wahrgenommen», hält Birgitt Siegrist konsterniert fest.

So endet dieser fruchtbare Abend mit einem Appell an die Frauen, proaktiver in die Politik einzugreifen. Auch an der Urne.

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