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Zug

Zu wenig Nachhaltigkeit auf dem Lehrplan? – der Rektor der Zuger Berufsschule für angehende Landwirte widerspricht

Ein Fernsehbeitrag der «Rundschau» vom Schweizer Fernsehen kritisierte die Ausbildung von jungen Bauern.
Sieht keinen Handlungsbedarf: Rektor Martin Pfister im Ausbildungsbetrieb Chamau.

(Bild: Maria Schmid, Zug 25. August 2020)
Rektor Martin Pfister.
(Bild: Maria Schmid, Zug 25. August 2020)

Der etwas abgelegene Ausbildungshof Chamau zwischen Sins und Hagendorn wirkt fortschrittlich: Der Redaktor staunt etwa über den automatischen Fütterungsroboter, der vor dem Stall seine Runden dreht. Zur Ausstattung gehören zudem ein Melkroboter und ein Scheunendach voller Solarpanels. Auch die extrem gefüllten Euter der Kühe fallen auf. Rektor Martin Pfister führt durch das Gelände in das Schulungsgebäude, vorbei an einem rustikal-modernen Hörsaal mit Coronabestuhlung bis in sein Büro. Pfister ist Rektor des Landwirtschaftlichen Bildungs- und Beratungszentrums (LBBZ) Schluechthof, zu dem auch die Berufsschule für angehende Landwirte gehört.

Anlass für das Gespräch ist ein Rundschau-Beitrag vom Schweizer Fernsehen, der kürzlich die Ausbildung von jungen Landwirtinnen und Landwirten kritisierte. Der Vorwurf: Die Themen Klimawandel und Nachhaltigkeit fehlten fast ganz im Bildungsplan. Stimmt das, Herr Pfister?

Ein ganzes Kapitel Nachhaltigkeit seit 2019

«Das Lehrmittel für das dritte Jahr behandelt all diese Themen – jenes wurde im ‹Rundschau›-Beitragaber leider nicht erwähnt.» Tatsächlich umfasst etwa das Kapitel «Nachhaltig handeln» 56 Seiten. Pfister setzt das Lehrmittel seit 2019 ein. Als Lernziel müssen die jungen Landwirte etwa die «verschiedenen Dimensionen der Nachhaltigkeit anhand eines konkreten Beispiels erklären» oder die «Konsequenzen des Klimawandels für die Landwirtschaft aufzeigen können».

Pfister gibt aber zu, dass nicht jedes Thema explizit im Bildungsplan festgehalten sei: «Die Lernziele dürfen nicht zu spezifisch sein, sondern müssen auch bei einer Veränderung im Umfeld noch gültig bleiben.» Dem Rektor ist es wichtig, «die komplexen Themen gesamtheitlich» zu betrachten.

Viele Zielkonflikte – etwa beim Methan-Ausstoss

Zudem hebt er die Zielkonflikte hervor, in denen Bauern oft stecken: Beim Klimaschutz gehe es vor allem um die Problematik des Gases Methan, das bei der Verdauung im Kuhmagen entsteht:

«Um den Ausstoss von Methan zu verringern, muss die Kuh in ihrem Leben möglichst produktiv sein – also sehr viel Milch erzeugen und in einem möglichst geschlossenen Stall stehen. Das Tierwohl setzt hier aber Grenzen.»

Für Pfister sind es andere Bereiche in der Nachhaltigkeit, bei denen die Bauern einen grossen Beitrag leisten können – beispielsweise bei der Biodiversität. Der Rektor nennt die Vernetzung von Lebensräumen, die zuvor etwa durch ein Maisfeld des Bauers getrennt waren. Indem der Bauer einzelne Bäume, Hecken oder Steine im Feld platziert, baut er den Insekten und Vögeln quasi eine Brücke. «Fast alle Bauern im Kanton Zug haben solche Projekte.» Für den Mehraufwand werden sie vom Bund entsprechend entschädigt.

Ein grosser Hebel beim Gewässerschutz

Ebenfalls relevant sei die Rolle der Landwirte beim Gewässerschutz. «Die Jugendlichen lernen in der Ausbildung Alternativen zu chemischen Pflanzenschutzmitteln kennen.» Eine Alternative sind etwa Netze, die Obstbäume vor Insekten schützen. Oder sogenannte Hackgeräte, die das Unkraut auf dem Feld mechanisch bekämpfen. Erstere sehe aber nicht sehr schön aus, und bei der Letzteren stiesse der Traktor mit dem Hackgerät CO2 aus und könne bei unsachgemässer Benutzung den Boden schädigen. Aber: «Es bringt nichts, Pflanzenschutzmittel generell zu verteufeln – zentral ist, sie zurückhaltend und gezielt einzusetzen.» Rektor Martin Pfister gesteht aber ein, dass in der Vergangenheit zu oft zu starke Chemikalien eingesetzt worden sind.

Ob man sich in der Ausbildung in den genannten Bereichen noch verbessern könne? «Man kann noch verstärkt positive Beispiele, welche heute schon existieren, zeigen. Das versuchen wir, auf dem eigenen Betrieb vorzuleben – wie etwa die vielen Hecken zur Vernetzung der Lebensräume», sagt Pfister. Das Bewusstsein dafür sei hoch. «Ein guter Lehrer hat die Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit schon immer behandelt.» Der Knackpunkt bleibe die Zeit, da innerhalb der drei Lehrjahre ein extrem weites Feld an Lernzielen abgedeckt werden müsse.

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