Alexander von Däniken
Würde Roger Jenni seinen Frust servieren, er bräuchte dafür den grössten Teller. Der Inhaber der «Stadtalp» in Emmenbrücke und der «Ranch» in Kriens ist geistiger Vater einer Petition, die verschiedene Luzerner Gastronomen und Hoteliers Anfang Januar beim Kanton Luzern eingereicht haben. Inzwischen hat der Regierungsrat die Petition zwar beantwortet. «Aber die staatliche Hilfe für Gastronomie und Hotellerie lässt noch immer zu wünschen übrig», sagt Jenni.
Konkret gehe die Auszahlung der Härtefallgelder durch den Kanton zu lange, wie Jenni sagt. Er weiss von einem Berufskollegen, der im Dezember ein Härtefallgesuch eingereicht hat. Im Februar erhält dieser die Anweisung, innert fünf Arbeitstagen weitere Unterlagen zuzustellen, sonst erlischt das Gesuch. Und im März kommt die Ankündigung, dass das Geld demnächst überwiesen wird. «Wie viel das ist und ob er es irgendwann zurückzahlen muss, weiss er noch nicht. Wir brauchen hier eindeutig mehr Planungssicherheit», sagt Roger Jenni.
Kurzarbeit deckt nicht alle Personalkosten ab
Was den Luzerner Gastronomen ebenfalls sauer aufstösst, ist die Höhe der Härtefallentschädigung für behördlich geschlossene Betriebe. Der Beitrag müsse zwar nicht zurückgezahlt werden. Doch er decke nicht alle Kosten ab. Laut Jenni verursache jeder und jede Angestellte in Kurzarbeit ungedeckte Kosten für den Arbeitgeber: die Arbeitgeberbeiträge in die Pensionskasse, die Unfallversicherungsbeiträge sowie Ferien würden von der Arbeitslosenversicherung nicht übernommen. «Bei mehreren Angestellten über mehrere Monate summiert sich das.»
Die Rahmenbedingungen haben sich seit der Eingabe der Petition ständig verändert: Für behördlich geschlossene Betriebe stehen im Kanton Luzern 40 Millionen Franken zur Verfügung und der Kantonsrat hat Anfang dieser Woche für die ordentlichen Härtefälle mehr Geld und flexiblere A-fonds-perdu-Anteile beschlossen. Auch auf Bundesebene sind noch diese Woche neue politische Entscheide zu erwarten. Dass dies für Kanton und Verwaltung nicht einfach ist, versteht Jenni.
«Aber erst recht nicht einfach ist es für Betriebe, denen es um die Existenz geht.»
Die Arbeitsgruppe Gastgewerbe, der unter anderem Remimag und Sinnvoll Gastro angehören, wird am Freitag in einem offenen Brief an die Bevölkerung auf noch offene Fragen bei der Härtefallhilfe hinweisen. Dabei gehe es auch um Ideen, welche die Arbeitsgruppe vorgebracht hat, die aber noch kein Gehör fanden. So könnten zum Beispiel Restaurants als temporäre Testorte dienen. Im Hinblick auf eine baldmögliche Öffnung der Restaurantterrassen sagt Roger Jenni, dass dann wohl nur wenige Gastronomiebetriebe ihre Terrassen auch tatsächlich öffnen werden. Denn zur Abhängigkeit vom Wetter komme auch der Personalaufwand und Wareneinsatz hinzu: «Das wird sich betriebswirtschaftlich kaum lohnen.» Jenni hofft, dass die Bevölkerung dies dann auch verstehen wird.
Treuhandfirma gibt Kanton gute Noten
Auch Hanspeter Blättler geht davon aus, dass viele Restaurants ihre Terrassen nicht öffnen werden, obwohl sie es dereinst könnten. Blättler ist Partner und Verwaltungsratspräsident der Katag und Partners AG in Kriens. Die Treuhandfirma berät seit 60 Jahren Kunden aus Hotellerie und Gastronomie. «Die Terrassenöffnung wird sich nur für Bergrestaurants lohnen, für die meisten anderen macht das tatsächlich keinen Sinn», sagt Blättler. Anders als Jenni glaubt er allerdings, dass die Bevölkerung den Gastronomen daraus keinen Strick drehen wird.
Die Treuhandfirma hat laut Blättler seit Wochen viel Arbeit. Die Beratung lohne sich indes für die Hotel- und Restaurantbetriebe. So könnten die Gesuche von Anfang an vollständig und korrekt eingereicht werden. «Wir haben nämlich mit dem Kanton Luzern bei der Härtefallhilfe sehr gute Erfahrungen gemacht.» Das zeige sich auch im Vergleich mit anderen Kantonen, wo nur Basel-Stadt durch finanzielle Vorschüsse bedeutend schneller arbeite. «Auch bei der Kommunikation haben wir in Luzern keine grossen Mängel festgestellt.» Dass die Verwaltung gerade bei komplexen Fällen wie Hotels mit mehreren Spartenrechnungen mehr Zeit brauche als bei kleinen Restaurants, sei verständlich.
Kanton: Tests vorerst bei Arbeit oder in Schule
Zurück zu den Anliegen der Arbeitsgruppe Gastgewerbe. Was den Vorschlag betrifft, Restaurants als Testorte zu betreiben, schreibt das kantonale Gesundheits- und Sozialdepartement auf Anfrage: «Wir schätzen das Engagement der Unternehmerinnen und Unternehmer sehr. Wir setzen allerdings auf die bewährten Testörtlichkeiten. Es ist unseres Erachtens sinnvoll, dass die Leute sich dort testen lassen, wo sie arbeiten oder in die Schule gehen.»
Was die Bearbeitung von Härtefallgesuchen betrifft, sagt Yasmin Kunz, Mediensprecherin des Finanzdepartements, dass die Gesuche möglichst zügig bearbeitet werden. «Es ist aber korrekt, dass wir eine Zeit lang bei den Fällen, bei denen nicht von Anfang an alle Unterlagen vorhanden waren, etwas in Rückstand geraten sind.» Bei speziellen Einzelfällen sei ein Entscheid des Bundes noch ausstehend. Unabhängig davon spiele es keine Rolle, wie gross das betreffende Unternehmen sei. «Festzuhalten ist auch, dass der Kanton Luzern besonders für die Gastronomie eine äusserst pragmatische Lösung gefunden hat und nun erfolgreich umsetzt. Das zeigt sich auch daran, dass in Nid- und Obwalden das Luzerner Modell als Musterbeispiel diskutiert wird.»
Die Kommunikation sei bereits überarbeitet worden. Neu informiere das Finanzdepartement die Unternehmen regelmässig in einem Newsletter, es biete elektronische Informationsveranstaltungen an und habe die Website aktualisiert. Zudem seien mit der Helpline über 1000 Anfragen bedient worden.