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Zug

Wo Zuger Weihnachten in Gesellschaft feiern können

Graziella Christen Terrani und Stefan Meier laden an Heiligabend ins Gasthaus Rathauskeller zur «Zuger Wiehnacht» ein. Es wird gegessen, gebastelt und gesungen, vor allem aber finden Begegnungen statt.
Graziella Christen Terrani und Stefan Meier organisieren sei 35 Jahren die Zuger Wiehnacht. (Bild: Stefan Kaiser (Zug, 18. Dezember 2018))

Cornelia Bisch

Die über 70-jährige Graziella Christen Terrani ist in der Stadt Zug wohl bekannt. Vielerorts freut man sich, wenn die vitale ältere Dame ihre Plakate vorbeibringt, welche jeweils die «Zuger Wiehnacht» im Gasthaus Rathauskeller ankündigen. «Erst, wenn Frau Christen gekommen ist, wird Weihnachten», hört sie hier und dort.

Seit 35 Jahren organisiert die Zugerin gemeinsam mit dem Koch des Rathauskellers Stefan Meier und vier bis sechs freiwilligen Mitarbeitern die offene Stube für all jene, die gerne in grösserer Gemeinschaft Weihnachten feiern. «Wer zu uns kommt, ist nicht unbedingt einsam, sondern einfach begegnungsfreudig», betont Christen. Manchmal kämen ganze Familien mit Angehörigen dreier Generationen zum Fest.

«Einige kommen zum Essen, andere zum Basteln und wieder andere einfach zum Singen, bevor sie dann die Mitternachtsmesse besuchen.» Es sei ein Kommen und Gehen und es fänden viele schöne Begegnungen statt. «Letztes Jahr kam eine Gruppe jugendlicher Asylanten aus Afghanistan und Sri Lanka mit ihren Betreuern», erzählt Graziella Christen. «Sie haben wunderbar gebastelt und das Schmücken des Baumes übernommen.»

Offen für alle Menschen

Ein andermal habe eine islamische Familie teilgenommen. Überhaupt seien schon Menschen aus allen Teilen der Welt dabei gewesen. «Der Anlass ist nicht primär christlich geprägt. Er ist offen für alle Menschen.» Immer wieder stellt die Organisatorin fest, dass eine besondere Atmosphäre unter ihren Gästen entsteht. Viele kommen Jahr für Jahr wieder. 2017 nahmen über 100 Personen teil.

Ab 19 Uhr kann im Rathauskeller einkehren, wer immer möchte. Suppe und Getränke werden vom Wirt Stefan Meier zubereitet und spendiert. Nüsse, Früchte, Gebäck und Bastelmaterial steuern die Betreiber der umliegenden Geschäfte bei. Nur für alkoholische Getränke muss bezahlt werden. Bleibt am Ende ein Defizit, was laut Christen selten vorkommt, darf sie sich an einige grosszügige Spender oder die Stadt Zug wenden.

Dekorationen für den Weihnachtsbaum

Aus dem Bastelmaterial entstehen im Verlauf des Abends die vielfältigsten Dekorationen für den Weihnachtsbaum, der aus dem Korporationswald stammt und jeweils von den Angestellten des Werkhofs Zug auf dem Fischmärt aufgestellt wird.

«Wenn wir fertig sind mit Schmücken, stellen wir uns um den Baum herum auf und singen die traditionellen Weihnachtslieder», berichtet die engagierte Pensionärin. Bisweilen sind auch spanische, französische oder italienische darunter. Denn die gebürtige Zugerin, deren Mutter aus dem Tessin stammte, spricht fünf Sprachen und lebte lange in Spanien. Sie erblickte anno dazumal mitten in Zug in der längsten Nacht des Jahres das Licht der Welt und hat vielleicht gerade deshalb, wie sie selbst vermutet, einen besonderen Bezug zu dieser dunklen, von Lichtern erhellten Zeit.

Früher gab’s Schlägereien

Bevor die Zuger Wiehnacht in dieser Form entstand, hatte der Wirt des Bahnhofbuffets während Jahren an Heiligabend sein Lokal geöffnet. Ernüchtert und frustriert warf er schliesslich den Bettel hin. «Er berichtete, es habe regelmässig Besäufnisse und Schlägereien gegeben», erinnert sich Christen.

Danach habe mehrere Jahre lang kein Lokal an Heiligabend seine Tore geöffnet. «Gemeinsam mit Barbara und Ueli Deutsch sowie Christian Bisig bin ich dann von Gasthaus zu Gasthaus gezogen und habe angefragt, ob sich die Wirte eine offene Stube am Heiligabend in den eigenen Räumen vorstellen könnten.» Der Erfolg blieb jedoch aus, sodass man sich frustriert am Stammtisch des Rathauskellers niedergelassen und überlegt habe, was nun zu tun sei.

«Da sprach uns der junge Wirt Hubert Erni an und bot uns spontan den Rathauskeller sowie seine Mithilfe an», erzählt Graziella Christen. Um ähnliche Auswüchse wie im Bahnhofbuffet zu vermeiden, entschied man sich für die Basteltätigkeit und gegen den freien Ausschank von Alkohol. Das Konzept ging auf, und zwar von Anfang an. Der Anlass wurde und wird von vielen Menschen geschätzt und als Bereicherung empfunden.

Allmählich denkt die rüstige Pensionärin daran, die Leitung abzugeben. «Es ist doch sehr viel Arbeit und eine grosse Verantwortung», sagt sie und hofft, dass künftig jemand aus einer jüngeren Generation die Organisation übernehmen wird. Als Gast und Helferin wird Graziella Christen Terrani jedoch weiterhin mit Begeisterung dabei sein.

Hinweis

«Zuger Wiehnacht», offene Stube im Gasthaus Rathauskeller in Zug am 24. Dezember ab 19 Uhr. Um zirka 22 Uhr wird auf dem Fischmärt ein Tannenbaum geschmückt. Anschliessend gemeinsames Singen traditioneller Weihnachtslieder.

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