(cts) Christian und Sybil Hütwohl aus Andermatt haben sich mal wieder vom Reisevirus infizieren lassen. Diesmal ging es nach Albanien. «Mit unserem autarken Wohnmobil konnten wir gut vor Corona flüchten», sagt er. Für Albanien entschied sich das Ehepaar, weil es derzeit wenige Länder in Europa gibt ohne Einreisebeschränkungen. Albanien gehört dazu. Also ging es auf nach Albanien, dem kleinen Balkanland an der Mittelmeerküste.
Albanien ist ein Land, das mit vielen Vorurteilen zu kämpfen hat. «Nach Albanien wollt ihr fahren? Warum das denn? Was wollt ihr denn da?» So oder ähnlich lauteten die Reaktionen von Familie und Freunden, berichtet Christian Hütwohl. Doch gegen Vorurteile helfe nur Hinfahren und sich selber eine Meinung bilden, findet er.
Ende März packten sie das Reisemobil und los ging die Fahrt durch die Schweiz. Die Route über Italien, Slowenien, Kroatien, Bosnien und Montenegro war ihnen wegen der unterschiedlichen Coronabedingungen zu kompliziert. «Also nahmen wir die Fähre von Ancona/Italien nach Durres/Albanien.» Durch Italien darf man ohne Test im 36-Stunden-Transit durch. Komisch sei nur Folgendes gewesen: «An der Grenze Chiasso fragte uns keiner bei der Einreise nach Italien.» Wie soll man denn so den Beginn der 36 Stunden kontrollieren, wunderte sich Hütwohl. Zügig fuhren sie bis Rimini, übernachteten dort am Strand vor geschlossenen Restaurants. «Wir bekamen aber eine Pizza von einem Pizzakurier. Immerhin ein erstes Mittelmeerfeeling, trotz Lockdown in Italien.»
Positive Überraschung bei der Suche nach einer albanischen SIM-Karte
In Ancona legte die Fähre pünktlich um 19 Uhr ab und erreicht am folgenden Morgen gegen 11 Uhr Albanien. Eine ruhige, entspannte Überfahrt. «Wir waren das einzige Wohnmobil auf der Fähre und sind umgeben von Truckern mit ihren schweren LKWs.»
Im Hafen von Durres angekommen, wurden die Hütwohls vom Zollbeamten mit einem freundlichen «Welcome to Albania» begrüsst und konnten ohne Probleme einreisen. Dann ging es los. «Wir brauchten eine albanische SIM-Card.» Die Einheimischen realisierten schnell, dass sich ein ausländisches Ehepaar auf einer Suche befindet. Ein Albaner setzte sich in sein Fahrzeug, fuhr vor ihnen her und führte sie zu einem Telekom-Geschäft.
«Wir waren schwer beeindruckt von dieser Hilfsbereitschaft»,
erinnert sich Hütwohl. Ein guter Start der zweimonatigen Reise durch Albanien. Einem Land, das sich nach vielen Jahrzehnten kommunistischer Herrschaft seit 1990 in einem Prozess der Öffnung und Annäherung an Europa befindet. Noch heute ist aber die Armut in Albanien allgegenwärtig. «Wir wunderten uns über die vielen teuren Autos, die in Albanien umherfahren. Ohne Korruption geht in Albanien leider wenig», glaubt Hütwohl.
Albanien zeigte sich von seiner schönsten Seite
Um den Menschen in den albanischen Bergdörfern etwas zu helfen, haben die Andermatter ihr Fahrzeug in der Schweiz mit Altkleidern und Spielzeug für Kinder vollgepackt, das sie vorher bei ihren Nachbarn in der Schweiz gesammelt haben.
In Albanien werden die Hütwohls immer wieder positiv überrascht. Beispielsweise von den Unesco-Weltkulturstädten Berat und Gjirokaster, oder dem Valbona-Nationalpark in den albanischen Alpen.
«Dieser braucht sich nicht hinter den Schweizer Alpen zu verstecken»,
sagt Christian Hütwohl. «Wir waren ausserdem begeistert von der mediterranen Küche mit griechischen und türkischen Einflüssen.» So gab es beispielsweise einen gegrillten frischen Fisch mit einem griechischen Salat für unter 10 Franken?
Für den Massentourismus bleibt Albanien wenig geeignet
Trotzdem: «Albanien ist noch kein Land für den westeuropäischen Massentourismus», konstatiert der erfahrene Camper. Für Individualreisende wie sie sei das natürlich gut. «Denn so können wir uns über viele unberührte Strände entlang der albanischen Riviera freuen und Naturschönheiten wie die Karstquelle Blue Eye oder den Osum Canyon bewundern, der zu den grössten Canyons in Europa gehört.» Natürlich habe es auch Dinge gegeben, die ihnen weniger gut gefallen haben. Zum Beispiel der viele Müll in der Natur oder die vielen Schlaglöcher in den Strassen.
Die grosse Gastfreundschaft der Albaner wiege diese kritischen Aspekte aber auf. «Die Albaner freuen sich wirklich, wenn man ihr Land besucht: Unterwegs werden wir mit Brot beschenkt, mit Käse und mit Wein, und wir haben uns stets sicher und wohlgefühlt, auch an entlegenen Stellplätzen am Meer und in den Bergen.»
Ende Mai ist war dann die Rückfahrt in die Schweiz angesagt, um im Juni die Impftermine wahrzunehmen. «Und wir wollen im Spätsommer wieder auf Tour gehen.»
Weitere Videos und Beiträge von Sibyl und Christian Hütwohl findet man auf der Website www.benny-goes-overland.com.