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Luzern

Wintersaisonstart: Der Schnee von gestern wird ausgepackt

Die Zentralschweizer Skigebiete wappnen sich für den kommenden Winter. Künstlicher und über den Sommer konservierter Schnee spielt dabei eine grosse Rolle.
Unter diesen Vliesabdeckungen am Gemsstock wird der Schnee gelagert. (Bild: PD, 19. September 2019)
So sehen die Massnahmen am Titlis aus. (Bild: PD, 8. August 2019)

 

Matthias Stadler

Die Vorbereitungen für den sich anbahnenden Winter laufen in den Zentralschweizer Skigebieten auf Hochtouren. Auf dem Titlis beispielsweise. In einer Woche geht dort der richtige Skibetrieb los. Zwar werden noch nicht alle Pisten geöffnet, doch soll ein guter Teil des Gebiets parat sein. Gletscherfahrten sind bereits seit Mitte Oktober möglich. Rund 23 Kilometer Luftdistanz südlich davon kann an diesem Wochenende Ski gefahren werden: Die Skiarena Andermatt-Sedrun öffnet die Sonnenpiste am Gemsstock. Bis am 7. Dezember können Skifahrer und Snowboarder dort an den Wochenenden ihre Kurven fahren, danach täglich. Das ganze Gebiet soll am 14. Dezember eröffnet werden – dies ist auch in vielen anderen Skigebieten der Zentralschweiz der Stichtag.

Die Vorbereitungen beinhalten auch das künstliche Beschneien der Pisten. In Andermatt wurde in den vergangenen Jahren massiv in die Infrastruktur investiert – für über 130 Millionen Franken. Dabei steckten die Verantwortlichen auch viel Geld in die Beschneiungsanlagen. Mit dem Resultat, dass heute drei Viertel des gesamten Gebiets mit Schneekanonen und Lanzen beschneit werden kann, wie Stefan Kern, Leiter Kommunikation der Skiarena, auf Anfrage erklärt.

80'000 Kubikmeter Schnee werden konserviert

Im Urserntal zeigt man sich zudem kreativ. So wird der Gletscher am Gemsstock im Sommer mit Vlies abgedeckt, damit er nicht noch weiter schmilzt. Und gegen Ende einer Wintersaison erstellen Fahrer mit Pistenfahrzeugen entlang der Sonnenpiste gut zehn Schneedepots und decken diese daraufhin ebenfalls ab – sogenanntes Snow-Farming. Die Schneehügel darunter sind so hoch wie Einfamilienhäuser. Gut 80'000 Kubikmeter Schnee können so den Sommer hindurch konserviert werden. Damit kann im darauffolgenden Oktober die Sonnenpiste präpariert werden. Die Betreiber setzen zunehmend auf diese Variante: «Wir haben sehr gute Erfahrungen damit gemacht. Vom abgedeckten Schnee können wir etwa 80 Prozent konservieren», erklärt Kern. Voraussetzungen dafür: Eine hohe Lage (der Gemsstock ist knapp 3000 Meter hoch) und viel Schatten.

Am Titlis werden im Sommer ebenfalls Teile des Gletschers abgedeckt. Gut 30'000 bis 40'000 Quadratmeter, wie Peter Reinle, Sprecher der Titlis-Bahnen, erklärt. Der Schnee unter der Abdeckung wird, anders als in Andermatt, zu Beginn der nächsten Saison nicht verteilt, sondern bleibt liegen, wo er ist. Er bildet die Grundlage für die Piste. «Es ist eine sehr wirkungsvolle Methode und braucht wenig Energie.» Der Gletscher darunter schmelze um gut zwei Drittel weniger als der nicht abgedeckte Teil – gut zwei Meter.

Zudem werden am Kleintitlis mit den Pistenfahrzeugen vier bis fünf Meter breite und ein Meter tiefe Gräben im Schnee ausgestossen. Der Wind bläst mit der Zeit viel Schnee in diese Gräben, anstatt dass er davon weht. «Die Schneedecke ist dort deswegen sogar gewachsen.» Die Titlis Bergbahnen lassen sich diese Massnahmen pro Jahr zwischen 200'000 und 300'000 Franken kosten. Hinzu kommen die Beschneiungsanlagen. «Ohne Technologie, ohne Investitionen und ohne technischen Schnee geht heute nichts mehr», sagt Peter Reinle. 70 Prozent des ganzen Gebiets können beschneit werden.

Nicht alle Gebiete können intensiv beschneien

Snow-Farming ist nur in hoch gelegenen Skigebieten möglich. Andere Gebiete in der Zentralschweiz setzen auf die künstliche Beschneiung. In Sörenberg wird derzeit die Beschneiungsanlage Rothorn-Dorf und eine Verbindungsleitung gebaut. Zudem wird eine weitere Anlage ersetzt.

Auf der Klewenalp kann hingegen kaum beschneit werden, wie Roger Joss, Geschäftsführer der Bergbahnen Klewenalp-Stockhütte, erklärt. «Wir haben zu wenig Wasser auf dem Berg.» Deswegen stünden im Gebiet nur drei Schneeerzeuger im Einsatz. «Wir beschneien punktuell und nicht gesamtheitlich.» Doch habe man das Glück, auf der «richtigen Seite des Vierwaldstättersees» zu sein. «Wenn es Niederschlag gibt, dann richtigen», sagt Joss.

Auf dieser anderen Seite des Sees, in der Mythenregion, hat man andere Vorteile, wie Remo Gwerder, Betriebsleiter der Rotenfluebahn, sagt: «Wir brauchen bei uns nicht so viel Schnee. Wenn es einmal hat, bleibt er lange. Zudem haben wir Alpweiden und sanfte Wiesen. Bereits mit wenig Schnee können wir die Pisten präparieren.» Ein Drittel des Skigebiets kann künstlich beschneit werden.

Frutt will Beschneiung massiv ausbauen

Gut 40 Prozent sind es auf Melchsee-Frutt, wie Geschäftsführer Daniel Dommann mitteilt. «Wir sind laufend am Erneuern und Ausbauen. In den nächsten zehn Jahren wollen wir 75 bis 80 Prozent des Gebiets beschneien können.» Auf der Mörlialp kann laut Verwaltungsratspräsident André Strasser etwa die Hälfte des Gebiets beschneit werden. «Die Ansprüche der Kunden haben sich geändert. Heute will man eine gut präparierte Piste. Dazu braucht es vor allem zu Saisonbeginn Kunstschnee.»

Beschneiungsanlagen sind also in den Skigebieten nicht mehr wegzudenken. Das Snow-Farming hingegen wird wohl nur ein Instrument für die grossen und hoch gelegenen Skigebiete bleiben.

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