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Luzern

Wikon in der Krise: Jetzt spricht der Gemeindepräsident

Die Exekutive hat Ratskollege Wolfgang Kunzelmann (SVP) die Dossiers entzogen. Präsident René Wiederkehr (FDP) erwartet hier bis Ende Monat Entscheide. Und er verrät, wie Wikon die Finanzmisere meistern will.
Beim Verkauf der Spychermatte in Wikon erteilte das Volk im Jahr 2017 dem Gemeinderat eine Absage. (Bild: Pius Amrein, 11. April 2017)
Gemeindepräsident René Wiederkehr. Bild: PD

Interview Ernesto Piazza

Interview Ernesto Piazza

Es gibt einfachere Ämter als jenes von René Wiederkehr (47, FDP). Seit 1. Juni 2015 ist er im Gemeinderat und seit 1. September 2016 deren Präsident. In seine bisherige Amtszeit fiel unter anderem eine Steuererhöhung von 2,1 auf 2,5 Einheiten auf 2018. Zudem lehnte das Stimmvolk kürzlich auch den Antrag des Gemeinderates, die Entscheidungskompetenzen der Bildungskommission zu beschneiden, klar ab. Und bei den Gemeindeversammlungen kommt es regelmässig zu emotionalen Wortgefechten.

René Wiederkehr, haben Sie an ihrer Aufgabe noch Spass?Das Amt des Gemeindepräsidenten ist nach wie vor eine spannende, aber zugleich fordernde Tätigkeit. Warum sollte sie mir keinen Spass mehr machen?Die Exekutive steht des Öfteren in der Kritik. 2017 schickte das Volk auch den Verkauf der Spychermatte – er sollte zur Gesundung der Finanzen beitragen – deutlich bachab. Das Zurückholen der Schüler vom Hintermoos nach Wikon (Ausgabe vom 17. August) sorgte ebenfalls für viel Unverständnis und Polemik.

Ich empfinde dies überhaupt nicht so. Wir sind die Exekutive und setzen schlussendlich den Willen der Bevölkerung um. Da gehört es einfach dazu, sich den Diskussionen zu stellen.

Der von der Gemeinde beschaffte Schulbus verursacht eine Budgetüberschreitung von 30 000 Franken. Wie begründen Sie diesen Schritt?Wir benötigen das Fahrzeug für die Kinder vom Hintermoos. Seit Mitte September steht es im Einsatz. Längerfristig lohnt sich diese Anschaffung und es ist ein Bestandteil der Schülerzusammenführung. Diese wurde in der Gemeinde übrigens breit getragen und macht absolut Sinn. Um die Anschaffungskosten zu minimieren, versuchen wir Teilflächen des Fahrzeugs für Sponsorenflächen zu vermieten. Bereits haben wir erste Zusagen.Wikon hat finanzielle Sorgen. Wie will die Gemeinde diese Situation meistern?

Der Finanzhaushalt ist in einem strukturellen Ungleichgewicht – deshalb auch die letzte Steuererhöhung. Sie bringt uns jährlich knapp 700 000 Franken Mehreinnahmen. Nachdem das Volk zum Verkauf der Spychermatte und damit zu einem Buchgewinn von 5,9 Millionen Franken Nein sagte, war für uns der Auftrag klar. Wir müssen jeden Stein heben, um eventuell darunter verstecktes Sparpotenzial zu eruieren.

Wikon hat trotz 2,5 Steuereinheiten für das laufende Jahr ein Defizit von 740 000 Franken budgetiert. Damit dürfte das Eigenkapital, das vor zwei Jahren noch bei knapp zwei Millionen Franken lag, Ende 2018 aufgebraucht sein. Wie soll es konkret weitergehen?Die Finanzlage ist tatsächlich sehr angespannt. 2018 dürfte sogar noch etwas schlechter ausfallen als veranschlagt. Wir werden in eine leichte Verschuldung hineinlaufen. Und wir sind – auch wenn ich dies nicht gerne sage – auf den kantonalen Finanzausgleich angewiesen. Diese Situation wird sich aber beruhigen, sobald die Umsetzung der Planungsinstrumente greifen.Das heisst?Wir haben uns künftig das qualitative Wachstum auf die Fahne geschrieben. Im Rahmen der Ortsplanung versuchen wir hier Weichen zu stellen. Bis die Strategie aber greift, braucht es Zeit. Vorläufig – und als starkes Zeichen – senkt der Gemeinderat seine Pensen gesamthaft um 15 bis 20 Prozent. Generell bin ich der Meinung: Wir sind auf Kurs. So haben wir die Gemeindeordnung und die Gemeindestrategie komplett neu überarbeitet. Das Siedlungsleitbild werden wir noch dieses Jahr verabschieden. Ich bekomme immer wieder positive Signale.Bildungsvorsteher Markus Dietrich (FDP) hat sich nach dem Status quo zur Bildungskommission wenig erfreut gezeigt. Befürchten Sie, dass er bald zurücktritt?Ich gehe davon aus, dass er bleibt. Er ist die Änderung mit viel Effort angegangen. Dass man sich da nach einer Niederlage selbstkritisch hinterfragt, kann ich nachvollziehen. Ich könnte mir vorstellen, dass er sich einen Ressortwechsel wünschen würde.Was heisst das?Aktuell ist er Stellvertreter des Finanzverwalters. Sollte sich dort eine Dauervakanz abzeichnen, wäre dieses Ressort für ihn wahrscheinlich eine mögliche Option. Aber das ist reine Spekulation.Dieses Ressort hat Wolfgang Kunzelmann (SVP) inne. Ihm sind aber die Dossiers entzogen worden (wir berichteten). Gibt es also einen Rücktritt und einen Ressortwechsel ?Diese Frage kann ich nicht beantworten. Fakt ist: Wolfgang Kunzelmann ist bis Ende Legislatur gewählt. Momentan liegen von ihm eingereichte Verwaltungsbeschwerden beim Regierungsrat. Bis Ende Monat hoffen wir auf Entscheidungen. Der aktuelle Zustand erschwert die Ratsarbeit sehr. Und durch die laufenden Verfahren ist eine transparente Kommunikation schlichtweg unmöglich. Ich hoffe einfach, dass unsere Sparbemühungen schlussendlich nicht durch Anwaltskosten dahinschwinden.
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