Romano Cuonz
«Mich würde es freuen, wenn die heutige Veranstaltung eine differenzierte, gegenseitige Auseinandersetzung über die Angebote von Kulturschaffenden und Touristikern in Gang brächte», erhoffte sich Stefan Zollinger als Leiter des Nidwaldner Museums zu Beginn einer ganz besonderen Tagung. Gleich sechs namhafte Referenten sollten im Pavillon des Winkelriedhauses einen Dialog über den Kulturtourismus Gang bringen.
Der Luzerner Gastronom Philippe Giesser von Sinnvoll Gastro (unter anderem Hotel Wetterhorn im Hasliberg) plädierte für sinnvolle, kulturaffine Neuerungen bei gastlichem Essen und Trinken. Christian Sidler, Leiter des Landschaftstheaters Ballenberg, zeigte auf, wie sich grosse Chancen – aber eben auch Probleme – mit der Neuerfindung der Volkskultur am «Obwald»-Festival ergaben. Die beiden Bündner Kulturforscher Georg Jäger und Stefan Forster stellten erstaunlich florierende Kulturprojekte im Schanfigg und in Arosa vor. Ihr weitgehend erreichtes Ziel wegweisend: «Wir fördern bei Gästen wie Einheimischen das Verständnis für das kulturelle Erbe und die Innovationskraft aus dem aktuellem Kulturschaffen.»
«Kultur ist, was sich nicht rechnet, doch ohne sie geht es offensichtlich auch nicht», provozierte der Luzerner Geschichtsprofessor Valentin Groebner. Ja, aus Sicht der Politiker sei Kultur leider oft nur Freiwilligenarbeit. Groebner wörtlich: «Alle Leute sagen, Kultur ist sehr wichtig, es sei denn, sie kostet etwas.» Da bestehe doch ein Missverhältnis. Trotzdem erkennt der Historiker für den Kulturtourismus in Ob- und Nidwalden Zukunftsperspektiven. Er postulierte etwa: «Ein enormes Potenzial sehe ich in den landesweit 500000 Zweitwohnungsbesitzern.» Da gebe es, zwischen Einheimischen mit Schwyzerörgeli und Fremden mit Kopftuch und Fotoapparat, eine neue Gruppe.
Und diese würde – wie das Beispiel Graubünden sehr schön zeige – «hinter den sieben Bergen» auf eigene Kosten oft ebenso wertvolle wie vor allem auch wertschöpfende kulturelle Projekte auf die Beine stellen. In dieser Erkenntnis gipfelte eine seiner Ideen für die Urschweiz: Auf einen alltagstauglichen regionalen Kulturtourismus müsste man setzen. Dabei ganz gezielt Besitzer von Zweitwohnungen, Pendler und freundlich engagierte Pensionierte mit viel Zeit ansprechen.
«Jedes Kulturangebot ist für unsere Region als Gewinn»
«Gibt es für Kulturproduzenten eine Bring- oder eine Holschuld?» wollte Moderator Pius Knüsel (Festivalleiter «Alpentöne») vom obersten Luzerner Touristiker Marcel Perren wissen. Dessen diplomatische Antwort: «Sowohl als auch.» Die Fachkompetenz sei bei Kulturleuten besser als bei den Touristikern. Sein Grundsatz: «Jedes Kulturangebot, das wir vermarkten können, ist für unsere Region ein Gewinn.» Vor allem Gäste, die mehrmals kämen, würden nicht immer dasselbe Angebot suchen. «Die nutzen gerne andere spannende Sachen, und an diese müsst ihr Kulturschaffenden euer Angebot noch viel besser rüberbringen», riet Perren.
An einem erlebbaren Kulturangebot mit einem gewissen Gästepotenzial rund um den Vierwaldstättersee habe man auch in Luzern grosse Freude. Doch Perren schränkte ein: «Die Fachkompetenz muss in den meisten Fälle bei den anbietenden Kulturschaffenden bleiben.» Indessen: «Es wäre fahrlässig, wenn Touristiker nicht Hand bieten würden.» Als Ziele für den Kulturtourismus in Ob- und Nidwalden gab Perren drei Stichwörter ein. Sensibilisierung: indem man kulturelle Vielfalt und Bedeutung der Kulturwerte aufzeige. Wertschöpfung: indem Innovation gefördert und Angebote zugänglich gemacht würden. Schliesslich Vernetzung: durch eine gute Förderung von Kooperationen.
Punkto Kommunikation noch ganz am Anfang
Der Obwaldner Vorsteher des Amts für Kultur, Marius Risi, stellte abschliessend fest: «Es gibt da ein Potenzial. Wir können unsere Kantone als Gegenraum zur Grossstadt ‹Mittelland› kulturell bespielen.» Allerdings stehe man punkto Kommunikation noch ganz am Anfang. «Es braucht einen grossen Aufwand, überhaupt einmal eine gemeinsame Sprache zu finden, in der wir uns austauschen können». Dem stimmte auch sein Nidwaldner Kollege Stefan Zollinger zu. Und pointierte: «Es ist ein Ziel von uns Kulturschaffenden, dass das, was wir machen, rentiert.» Die Frage dabei sei: «Wie kann man sich einbinden, dass beide Seiten einen Nutzen generieren?»