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Obwalden

Wie ein Nidwaldner mit einer «Soosä»  Obwalden retten will

In seinem fünften Alptheater lädt der Autor Beppi Baggenstos auf dem «Schönenböldli» zur Stammtischoper «Soosätunggis» ein. Dabei nimmt der Nidwaldner Migrant Obwalden musikalisch, buntfarbig, aber auch ziemlich unzimperlich auf die Schippe.
In der Obwaldner Oper «Soosätunggis» ist die Schauspielerin und Sängerin Bruna Guerriero als Obwaldner Matrone voll in ihrem Element. (Bild: Romano Cuonz (Stalden, 12. Juni 2019))

Romano Cuonz

«Ich bin und bleibe ein Nidwaldner, auch wenn es mich ausgerechnet nach Obwalden verschlagen hat», hört man Theatermann und Autor Beppi Baggenstos am Eingang zu seiner Alptheaterbühne gegenüber einigen Besuchern scherzen. Wie wahr! Vor allem eine typische Nidwaldner Eigenschaft ist Baggenstos – auch während des jahrzehntelangen Exils – nie abhandengekommen: die überaus spitze Zunge, wenn es darum geht, über die Nachbarn ob dem Wald zu witzeln.

Und in seiner neusten, selber verfassten Stammtischoper «Soosätunggis» zieht er auch als Regisseur alle nur denkbaren Register. Vor allem den einträglichen Pilgertourismus zu Obwaldens «Chlaisi» – wie er sagt – nimmt er bissig aufs Korn. Wäre er ein Einheimischer, man würde ihn bestimmt unverzüglich exkommunizieren. Als Nidwaldner aber hat er Narrenfreiheit. Und die geniesst Baggenstos in vollen Zügen. Mit all den ihm eigenen, beim Stammpublikum seit Jahren so beliebten theatralischen Mitteln.

Die Geschichte ist vor allem eines: Völlig schräg

Wie «Matrona Maxima Subsilvania» (die temperamentvolle Bruna Guerriero in einer ihr auf den Leib zugeschriebenen Rolle) in Obwalden das Zepter übernimmt, ist der Kanton am Boden. Und all seine sieben Gemeinden mit ihm. Die Pilger pilgern nicht mehr, und die «Chlaisi-Chräpfli», «Chlaisi-Grinde» und «Chlaisi-Magronä» verrotten in den Regalen. Den maroden Zustand lässt Baggenstos auf der halb offenen Bühne durch gleich 16 Spielerinnen und Spieler genüsslich kommentieren. Und dabei nimmt er (sein treues Publikum wird’s ihm gerne verzeihen) gar kein Blatt vor den Mund. «Scheenä Säich!», lässt er ausrufen. Und: «Etwas ganz Neues muss her!» Und damit sind die sieben Gemeinden im Sarneraatal (allegorisch und ulkig dargestellt durch Willy Zumstein, Martina Omlin, Ruedi Kathriner, Beat Barmettler, Marco Herger und Theo Huber und «Eine vo Engelberg») gefordert.

Sie poltern und «sirachen». Nehmen sich gegenseitig auf die Schippe. Kerns trumpft mit Magronen auf, Sachseln mit Minimotoren, Giswil mit Kunst oder Alpnach mit Gubersteinen. Das dörfliche Gezänke und Gerangel steigert sich von fortissimo zu furioso. Einzig Engelberg klinkt sich (wie meistens) aus, weil man mit Chinesen alle Hände voll zu tun hat. Die Zuschauer geniessen wahres Lokalkabarett. Deftig und währschaft serviert. Bis ein Wandervogel (Peter Loup) die ebenso zündende wie rettende Idee mit der neuen «Tunggi Soose» (Brunos Best lässt grüssen) aufbringt und Obwalden rettet.

Wie in all seinen Alptheatern setzt Baggenstos den Schwerpunkt erneut auf Musik. Die Lieder, welche zwei junge, talentierte Obwaldner Komponisten (Michael Berchtold und Fabian Wieland) beisteuerten, sind überaus eingängig. Und weil Männer und Frauen sie auch gekonnt darbieten, begleiten einen die Melodien und skurril, kalauermässig gereimten Texte auch nach dem Schlussapplaus wie wahre Ohrwürmer, runter ins Tal. Viel Lob, in Form von stetig spontanem Zwischenapplaus, erhalten immer auch die Sängerinnen und Musikerinnen: Neben Bruna Guerriero sind da Annemarie Wieland, Mirjam von Rotz, Monika Lussi, Caroline Odermatt, Gaby Keller (auch am Klavier), Larjssa Bohner (Violine) und Karin Weiersmüller (Blockflöte). Musik und Schauspiel ergänzen sich. Einzig die eher nachdenklich klagenden Monologe der Frauen passen nicht ganz ins übrige Konzept. Verfehlen leider ihre Wirkung.

Drum und Dran: Typisch Beppi

Will man benennen, worauf der beinahe sagenhafte Erfolg dieser Alptheater – sie sind praktisch immer ausverkauft – zurückzuführen ist, steht etwas ganz oben auf der Liste: das Drum und Dran mit unzähligen, ohne Unterlass dahinpurzelnden, fast überbordenden Ideen von Baggenstos. Das fängt bei den witzig gestalteten Gemeindewappen an, geht über aufwendig bizarre Kostüme bis hin zu einem überaus kuriosen sprechenden Laptop oder den Ingredienzen und der Rührmaschine für die schliesslich rettende «Soosä». Wer handfestes Theater in alpiner Märchenwelt liebt, ist auf dem «Schönenböldli» von Baggenstos richtig.

«Soosätunggis», eine Obwaldner Stammtischoper von Beppi Baggenstos auf Alp Schönenböldli. Shuttlebusse ab dem Sportplatz Stalden. Bis zum 27. Juli finden 27 weitere Aufführungen jeweils um 20.30 Uhr, statt. Details dazu finden Sie hier

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