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Luzern

Wer wird Nachfolger des Krienser Stadtpräsidenten? Die drei Kandidaten im Streitgespräch

Die drei Krienser Stapi-Kandidaten Matthias Senn (FDP), Cla Büchi (SP) und Maurus Frey (Grüne) im Streitgespräch.
Maurus Frey, Matthias Senn und Cla Büchi (von links) im Foyer des Krienser Stadthauses. (Bild: Jakob Ineichen (12. März 2020))

Interview: Stefan Dähler

Wer wird Nachfolger des zurücktretenden Krienser Stadtpräsidenten Cyrill Wiget (Grüne)? Drei Kandidaten buhlen um den Posten: der bisherige Bauvorsteher Matthias Senn (FDP, 57), SP-Fraktionschef Cla Büchi (54) und Maurus Frey (37), derzeit Präsident der Grünen Kanton Luzern. Wir haben das Trio in ihrer angestrebten Arbeitsstätte – dem Krienser Stadthaus – zum Streitgespräch getroffen.

Welche Schwerpunkte wollen Sie als Stadtpräsident setzen?Maurus Frey: Ich will die hohe Lebensqualität von Kriens schützen. Das heisst, von Investoren einen Gegenwert verlangen. Sie sollen durch attraktive Bauprojekte einen Beitrag zur Entwicklung von Kriens leisten. Beim Bypass will ich dazu beitragen, so gut wie möglich die negativen Auswirkungen abzuschwächen. Und ich will als Stapi mit dem Gesamtstadtrat nicht einfach die höchsten Verwalter leiten, sondern ein Team, das mutig gestaltet.Cla Büchi: Meine Schwerpunkte liegen in einer identitätsfördernden Stadtentwicklung unter Einbezug der Bevölkerung. Kriens stehen an seinen Rändern, aber auch im Zentrum beim Bell-Areal wichtige Entwicklungen bevor. Diese gilt es nachhaltig und umsichtig zu steuern. Die aktive Steuerung der Entwicklung hat mir in der Vergangenheit gefehlt. Dies ist klar die Aufgabe der Stadt und kann nicht den Investoren überlassen werden.Matthias Senn: Die Wohn- und Lebensqualität ist hoch in Kriens, aber es gibt grosse Herausforderungen. Es gilt, die öffentlichen Interessen durchzusetzen, etwa die Freizeitanlage auf dem Grabenhof oder eine hohe Aufenthaltsqualität im Bell-Areal. Wichtig ist auch, mehr Arbeitsplätze zu schaffen, damit die Wege für die Krienser Bewohner kürzer werden.Wie kann man das erreichen?Büchi: Die Stadt muss Vorgaben machen, gerade wenn Arbeitsplätze erhalten oder geschaffen werden sollen. Baugenossenschaften oder Investoren scheuen wegen des hohen Risikos, Gewerberaum zu erstellen. Mit der Reservierung der Erdgeschosse für das Gewerbe kann dies gesichert werden.Senn: Ich stimme zu, doch vor allem für das lärmintensive Gewerbe ist es nicht einfach, Räume zu finden, wenn Wohnen und Arbeiten zusammenrücken. Auf dem grossen Bell-Areal sollte das aber möglich sein.Frey: Gewerbeanteile müssen verbindlich festgelegt werden. Es braucht einen Mix aus Wohnen und Arbeiten, sonst entstehen Schlafstädte.Was die Mitwirkung der Bevölkerung angeht, hat der Stadtrat in den letzten Jahren dazugelernt und vermehrt Partizipationsanlässe durchgeführt, etwa beim Bell-Areal. Reicht das?Frey: Ob Partizipation stattfindet, war bisher von den Investoren abhängig. Das neue Konzept für sozialräumliche Entwicklung in Luzern Süd sieht mehr Mitwirkung vor, doch es kommt sehr spät. Im Nachhinein ist das schwierig zu korrigieren.Büchi: Ich sehe das ähnlich. Die Partizipation kam erst aufgrund des Drucks von aussen. Der Stadtrat hat reagiert statt agiert. Mit der Verdichtung unseres Siedlungsraums wird es immer wichtiger, die Bevölkerung einzubinden, sonst werden Projekte am Widerstand aus der Bevölkerung scheitern. Senn: Wir haben bereits 2009 das Entwicklungskonzept Luzern Süd erstellt, dieses gilt schweizweit als Muster­beispiel für gemeindeübergreifende Raumplanung. Es gab schon damals Info-Veranstaltungen, aber der partizipative Ansatz kam erst in den letzten Jahren auf. Ich begrüsse diesen und wir setzen das nun beim Bell-Areal um.Büchi: Andere Städte wenden das Instrument schon länger an. Wichtig wäre gewesen, vor dem Entwicklungskonzept Luzern Süd Mitwirkungsprozesse durchzuführen.Frey: Auch bei der Süd-Allee hat man zuerst geplant und dann informiert, worauf es zu berechtigtem Widerstand kam. Die Kommunikation war nicht ideal, so ist das Projekt quasi versenkt worden. Generell besteht bei gemeindeübergreifenden Raumplanungs-Gremien wie Luzern Plus das Problem, dass die demokratische Mitwirkung mangelhaft ist. Senn: Das ist tatsächlich ein Problem, doch Luzern Plus soll keine weitere Staatsebene sein. Und letztendlich sind immer noch die Gemeinden für die konkrete Umsetzung zuständig.Soll Kriens weiter wachsen oder braucht es eine Atempause?Senn: Wir haben derzeit schon eine Atempause, es wird viel weniger gebaut als noch vor einigen Jahren. Ich bin überzeugt, dass die Nachfrage auf dem Markt das selbst regelt. Stehen viele Wohnungen leer, nehmen Investoren von selbst das Tempo raus. Generell müssen wir Projekte nicht pushen, aber wenn ein Eigentümer eines realisieren will, dann arbeiten wir mit ihm zusammen.Büchi: Auch hier muss die Stadt stärker steuern. Die bauliche Entwicklung ist eine grosse Herausforderung für die Stadt, die die nötige Infrastruktur bereitstellen muss. Es genügt nicht, zu sagen, der Markt regelt das von alleine.Frey: Das unkoordinierte Wachstum zeigt, dass die Politik nicht einfach die städteplanerische Verantwortung an den freien Markt abgeben darf. Wir müssen die Interessen der Stadt in den Vordergrund stellen. Wir sind bei der Infrastruktur, etwa bei sicheren Verkehrswegen, im Rückstand. Daher ist klar, dass es nicht im selben Tempo weitergehen kann wie bisher.Senn: Klar, die Infrastruktur muss vorhanden sein. Wir haben auch einiges realisiert wie das Freigleis oder das Kleinfeld, das sehr belebt ist. Bei den Fuss- und Veloverbindungen haben wir noch Aufgaben vor uns.Die Stadt Kriens ist knapp bei Kasse. Wie soll sie die Infrastrukturprojekte bezahlen?Senn: Die Mehrwertabgabe ist ein Instrument, raumplanerische Projekte umzusetzen. Eine Herausforderung wird der Schulraum sein, den wir nicht auf diese Weise finanzieren können.Frey: Die Stadt hat aber spät begonnen, von Investoren eine Abgabe einzufordern und die notwendige Infrastruktur bereitzustellen. Im Nachhinein etwas zu flicken ist viel schwieriger.Senn: Ich würde nicht von flicken sprechen. Viele Areale in Luzern Süd sind noch nicht bebaut. Und von Mobimo haben wir eine Beteiligung am Bahnhof Mattenhof eingefordert.Büchi: Der Stadtrat ist zu defensiv. Bei der Pilatus-Arena haben wir (der Einwohnerrat, red) gefordert, dass der Stadtrat den vollumfänglichen Mehrwertausgleich einfordert. Man muss den Investoren aufzeigen, dass die Mehrwertabgabe für sie auch ein Gewinn ist. Es entstehen attraktivere Aussenräume und belebtere Quartiere. Ist eine Steuererhöhung ein Tabu?Büchi: Für mich ist eine solche kein Tabu. Wir pressen die Zitrone seit Jahren aus, irgendwann kommt kein Saft mehr raus. Wichtig ist auch hier: Man muss die Bevölkerung abholen, sie informieren und aufzeigen, was ein Leistungsabbau bedeuten würde.Senn: Ich wünsche mir, dass der Steuerfussabgleich mit dem Kanton rückgängig gemacht wird. Der Kanton hat sich durch die Aufgaben- und Finanzreform saniert und erhält nun noch Geld von der Nationalbank. Sonst gibt es drei Möglichkeiten: Die Schulden weiter erhöhen, Leistungen reduzieren beziehungsweise optimieren oder die Einnahmen erhöhen. Optimieren ist wichtig, doch irgendwo hat es Grenzen. Als Exekutivmitglied darf es für mich keine absoluten Tabus geben.Frey: Für mich ist das auch kein Tabu. Eine allfällige Steuererhöhung müsste aber gut kommuniziert werden, sonst ist sie chancenlos. Ich sehe es ebenfalls so, dass sich der Kanton auf Kosten der Gemeinden zu sanieren versucht. Aber der Stadtrat hat das zu spät erkannt. Die Finanzstrategie müsste seit längerem erneuert werden. Weiter muss der Umgang mit den eigenen Immobilien verbessert werden, das alte Gemeindehaus etwa steht seit dem Auszug der Verwaltung leer. Noch pendent ist das heikle Dossier der Stadtrats-Pensen. Dieses untersteht dem Stadtpräsidenten. Wie würden Sie damit umgehen?Frey: Ich habe immer noch nicht ganz verstanden, warum eine Erhöhung von 80 auf 100 Prozent nötig sein soll. Mein Ziel wäre, die Verwaltung zu stärken. Sie muss den Stadtrat operativ entlasten. Dieser sollte sich auf strategische Aufgaben konzentrieren. Zur Kommunikation: Der Stadtrat ist eine Kollegialbehörde, fähig innere Konflikte zu lösen, einen öffentlichen Streit darf es nicht mehr geben.Büchi: Ich hoffe auf Lösungen, die weiterhin ein 80-Prozent-Pensum ermöglichen. Die Stadt muss eine Vorbildrolle übernehmen und fortschrittliche Anstellungsbedingungen bieten, um die Kombination von Erwerbs- und Familienarbeit zu ermöglichen.Senn: Tatsache ist, dass alle Stadträte derzeit über 100 Prozent arbeiten. Eine Trennung von strategisch und operativ ist in der Praxis nicht einfach, als Lokalpolitiker wird man von der Bevölkerung nun mal auf alles Mögliche angesprochen. Aktuell wird die externe Beratung zur Organisation der oberen Führungsebene vorbereitet. Der Prozess ist ergebnisoffen. Allenfalls gibt es auch eine unkonventionelle Lösung.
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