Reto Bieri
Reto Bieri
Reto Bieri
Mit dem Frühling erwacht die Vegetation. Zeit für die Landwirte, ihre Pflanzenschutz-Spritzmaschinen einsatzbereit zu machen. In diesem Jahr dürften sie dies mit gemischten Gefühlen tun. In gut drei Monaten stimmt das Volk über zwei Initiativen ab, welche die Schweizer Landwirtschaft umkrempeln könnte. Beide wollen den Pestizideinsatz einschränken beziehungsweise verbieten (siehe weiter unten).
Damit die Landwirte das Getreide, die Obstbäume oder die Weinreben mit Pflanzenschutzmitteln besprühen dürfen, müssen sie ihre Maschinen gemäss Direktzahlungsverordnung regelmässig einem Test unterziehen. Bisher betrug der Prüfrhythmus vier Jahre, neu muss ein Landwirt alle drei Jahre antraben. Im Kanton Luzern finden die Tests dieses Jahr im März und April an verschiedenen Orten statt. Am vergangenen Montag baute der Luzerner Verband für Landtechnik (LVLT) seine mobile Prüfanlage vor einer Halle der Transportfirma Traveco in Sursee auf. Der Verband führt die Spritzentests seit 15 Jahren im Auftrag des Kantons durch.
Tests mit Wasser
Rund 20 Landwirte fahren von morgens bis abends mit ihrem Traktor und angehängter Feldspritze aufs Areal. Zum Testen füllt der Bauer Wasser in den Tank, fährt zum Auffangbecken und klappt die Sprüharme aus. Das vierköpfige Team prüft nun, ob alles einwandfrei funktioniert. Prompt ist bei einer Maschine die Membrane einer sogenannten Antitropfdüse defekt.
Auch der Landmaschinenmechaniker, der die Prüftests begleitet und kleinere Reparaturen vornimmt, kann nichts ausrichten. Josef Erni, Geschäftsführer des LVLT, schickt den Bauer in eine nahe gelegene Landmaschinenfirma. Das komme zum Glück selten vor, fünf bis zehn Fälle pro Jahr muss er beanstanden. Insgesamt sind dieses Jahr 245 Luzerner Spritzmaschinen zum Test angemeldet.
Spritzmaschine an die Obstanlage anpassen
Während im Ackerbau Feldspritzen zum Einsatz kommen, wird im Obstbau das Pflanzenschutzmittel mit einem Gebläse an die Bäume gesprüht. Für diese Spritzen besitzt der Verband eine weitere Prüfanlage. «Damit können wir eine Obstanlage simulieren», sagt Erni. Man prüfe insbesondere, ob die Maschine richtig eingestellt ist, damit nicht unnötig viel Pflanzenschutzmittel verbraucht wird. «Die meisten Spritzmaschinen im Obstbau stammen aus Italien, dort werden vor allem Maschinen für das Südtirol gebaut. Die Bäume in den Obstplantagen dort sind höher als bei uns, weshalb die Maschinen ab Fabrik für unsere Obstbäume nicht passend eingestellt sind.»
«Die Landwirte üben den Pflanzenschutz mit perfekt ausgerüsteten und funktionierenden Geräten möglichst umweltschonend aus», betont Josef Erni. Wie viele Spritzmaschinen es im Kanton Luzern gibt, weiss er nicht. Im Einsatz sind auch Lohnunternehmungen, doch viele Landwirte besitzen eigene Maschinen. «So kann der Bauer den optimalen Spritzzeitpunkt wählen.» Wenn sie es selber machen, seien die Landwirte zudem besser informiert und sensibilisiert über Krankheiten und Pflanzenschutzmittel.
Diese brauche es in der Landwirtschaft weiterhin, ist Erni überzeugt. Die Agrarinitiativen tönten zwar gut, führten aber zu weit. «Die Erträge pro Hektare würden um 30 Prozent sinken, die Qualität leiden, Food Waste zunehmen und wir müssten mehr Lebensmittel importieren.» Das sei fragwürdig. «Kürzlich hat man in Biosesam aus Indien Rückstände eines Pflanzenschutzmittels gefunden, das in der Schweiz seit über 30 Jahren verboten ist.»
In den letzten Jahren sei viel für den umweltschonenden Pflanzenschutz unternommen worden. Erni: «Die Landwirte investierten viel Geld in die Applikationstechnik und erhalten zudem aus einem Förderprogramm Beiträge, wenn sie speziell eingerichtete Plätze fürs Befüllen und Reinigen der Spritzmaschinen erstellen.»
«Landwirtschaft ganz ohne Pflanzenschutzmittel ist schwierig»
Den Spritzentest erfolgreich bestanden hat Jvan Simmen aus Oberkirch. Er erhält von Josef Erni eine Vignette, die er später im Traktor anbringt. Der 24-Jährige führt mit seinen Eltern einen 38 Hektaren grossen Betrieb. Er sagt, die korrekte Handhabung von Pflanzenschutzmitteln sei auf ihrem Betrieb schon immer selbstverständlich gewesen. Die Initiativen findet er übertrieben. «Landwirtschaft ganz ohne Pflanzenschutzmittel ist sehr schwierig, das ist sich die Bevölkerung vielleicht nicht bewusst», sagt der Junglandwirt.
Ähnlich äussern sich zwei andere Landwirte. Bei einem Verbot nehme der Druck durch Schädlinge und Unkräuter zu, davon seien auch Biobauern betroffen, sagt Markus Müller aus Sempach Station. Für Landwirt Pius Häller aus Eich haben die Initiativen zwar gute Ansätze, sie seien aber zu extrem, vor allem weil mehr Lebensmittel importiert werden müssten.