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«Wer ist schon gegen den Wald?»

Wie soll die Waldpflege finanziert werden? Darüber zerbricht man sich im Kanton Aargau den Kopf. Die Waldinitiative präsentiert eine Lösung. Unterstützung kommt nun auch von den Bauern.
Der Wald wird vielfältig genutzt – insbesondere auch zur Erholung. Symbolbild: Stefan Kaiser (Steinhausen, 29. Mai 2018)

Förster, Jäger und jetzt auch die Bauern: die Unterstützung für die Aargauer Waldinitiative «Ja! für euse Wald» ist gross. Sie verlangt, dass der Kanton sich finanziell an den vielfältigen Leistungen rund um den Wald beteiligt (siehe Box). Dazu gehören etwa Schutz, Holzproduktion, Biodiversität und Erholung. Diese Leistungen, auch zum Wohle der Allgemeinheit, können nicht mehr durch die Erlöse aus dem Holzverkauf abgedeckt werden, so die Argumente der Initianten. Zu denen gehört auch Milly Stöckli, Vizepräsidentin der Gemeinde Muri und Grossrätin für die SVP.

Unterstützt wird der Vorstoss auch vom Bauernverband Aargau (BVA). «Die Bevölkerung nimmt zu und damit verbunden auch die Erholungsuche in der Natur», heisst es in der Mitteilung. Das spürten die Bauern wie auch die Waldbesitzer und deren Bewirtschafter. «Die Ansprüche an gut unterhaltene Infrastruktur sind hoch und verursachen entsprechende Kosten.»

Zwischen der Landwirtschaft und der Forstwirtschaft gibt es weitere Parallelen, etwa bei der Langfristwirkung: «Analog zu den Bauern müssen auch die Forstbetriebe in Generationen und nicht in Quartalen denken.» Das zusätzliche Geld werde im Kanton investiert und trage zur nachhaltigen Entwicklung des Primärsektors bei.

Dass bisher insbesondere die Ortsbürger- und Einwohnergemeinden die Defizite übernehmen, sei ein Missstand. «Dadurch werden die ländlichen Gemeinden gestraft, indem sie den erholungsuchenden ‹Städtern› den Wald als Naherholung zur Verfügung stellen, während die Städte gemessen an der Bevölkerungszahl kaum namhafte Beiträge an den Wald leisten müssen.»

Betroffen davon ist auch das Obere Freiamt als Teil ebendieser ländlichen Region. Rund 20 Prozent beträgt dessen Waldanteil. Das sei zwar nicht besonders viel, aber entspreche doch einem wichtigen Naherholungsraum, erklärt der Mühlauer Ralf Bucher, Geschäftsleiter des BVA.

Eine kantonale Lösung für die einheitliche Pflege

Die Chance, dass das Volk die Initiative trotz der Ablehnung durch den Grossrat annimmt, sieht Bucher intakt. «Man muss hier mit den vielen positiven Emotionen, die fast jeder zum Wald hat, arbeiten.» Auch Initiantin Milly Stöckli sieht in der Empfehlung des Rates keine Richtungsan­gabe. «Wer ist schon gegen den Wald?», fragt sie rhetorisch.

Sie sieht das Problem insbesondere in den unterschiedlichen finanziellen Ausgangslagen der Gemeinden in Bezug auf die Waldpflege. «Reiche Gemeinden können dies übernehmen. Aber dort, wo schon kein Geld in der Gemeindekasse ist, können diese Leistungen nicht bezahlt werden.» Deshalb brauche es eine Kantonslösung.

Davon ist auch Ralf Bucher überzeugt. Die Ablehnung der Initiative werde vielfältige Auswirkungen haben: «Es wird regionale Unterschiede geben», erklärt er. «Gemeinden oder Städte, die sich einen gut gepflegten Wald leisten wollen und ländliche Gemeinden, welche die gemeinwirtschaftlichen Leistungen des Waldes nicht bezahlen können.» Der Druck der Bevölkerung auf einen gepflegten Wald bleibe gross.

«Das führt zu uneinheitlichen Förderungen und Lösungen, die mit der kantonalen Finanzierung einfacher und gerechter abgewickelt werden könnten.» Doch auch die Bauern unterstützen den Vorstoss nicht ohne Vorbehalte: Der administrative Aufwand, die zusätzlichen Gelder zu verteilen, dürfe nicht zunehmen. Der BVA warnt vor einer zunehmenden Bürokratie. «Das Geld muss im Wald ankommen und nicht im Büro versickern.»

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