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Zug

Wenn der Atem nicht mehr reicht – das Leben mit einer seltenen Krankheit

Die in Zug wohnhafte Rentnerin Renate Shashoua leidet an einer seltenen Krankheit. Mit der Diagnose einer solchen beginnt oft ein langer, aufreibender Kampf für die Betroffenen. Der 2. März ist der Tag der seltenen Krankheiten.
Renate Shashoua in ihrer Wohnung in Zug, in der sie sich auch ohne Sauerstoffgerät bewegen kann.  Bild: Stefan Kaiser (26. Februar 2019)

Zoe Gwerder

«Was hed diä Frau», würden Kinder manchmal fragen, wenn sie draussen unterwegs sei. Denn Renate Shashoua hat ausserhalb ihrer vier Wände immer ihr Sauerstoffgerät dabei – mit dem kleinen Schlauch, der unter der Nase durchführt.

Die gebürtige Freiburgerin, die seit einigen Jahren in Zug wohnt, leidet an einer seltenen Krankheit: Alpha-1 Antitrypsin-Mangel. Bei dieser greifen die weissen Blutkörperchen die Lunge an, weil der Stoff, der dies verhindern soll, vom Körper nur unzureichend produziert wird. Auch die Leber kann dabei zu Schaden kommen. Bei Renate Shashoua ist die Lunge betroffen. Sie hat die Diagnose COPD. Eine Lungenkrankheit, die sonst eigentlich mit starkem Rauchen in Verbindung gebracht wird. Bei rund drei Prozent aller COPD-Patienten ist die Krankheit jedoch nicht die Folge vom Zigarettenkonsum oder von Schadstoffen in der Luft, sondern von der seltenen Krankheit Alpha-1 – einem Gendefekt.

Mit Tanzen und Wandern ist Schluss

«Als mir der Arzt die Diagnose sagte, hatte ich erst mal keine Ahnung, was das ist.» Bis es aber überhaupt zur Diagnose kam, war sie jahrelang ausser Atem: beim Trachtentanz, in den Bergen und auch wenn es sonst mal schnell gehen musste. «Mir sagten alle, ich müsse halt etwas für meine Fitness tun.» Bis sie dann beim Arzt die Vermutung äusserte, COPD zu haben. «Dieser meinte, es sei wohl nur eine Bronchitis, denn ich rauche ja nicht», erinnert sich die 68-Jährige. Als dann aber die Medikamente nicht anschlugen, schickte sie der Arzt zum Pneumologen. «Dieser hatte mich auch auf Alpha-1 getestet, und ich erhielt die Diagnose.»

Ihr Umfeld, insbesondere ihre Familie, habe sie daraufhin schonen wollen. «Auch sie sind erschrocken. Hiess es doch, dass auch sie den Gendefekt haben könnten.» Bei ihrer Schwester und einer ihrer Enkelinnen wurden in der Folge ebenfalls Alpha-1-Folgen festgestellt.

100 000 Franken pro Jahr kostet die Therapie

Der grosse Kampf – neben allen Emotionen – kam aber erst noch: als es um die Kosten der Behandlung ging. Denn Alpha-1 lässt sich zwar nicht heilen, jedoch gibt es eine Therapie, welche den Krankheitsverlauf fast gänzlich stoppt. Renate Shashoua geht dazu einmal die Woche ins Zuger Kantonsspital in Baar, wo sie eine Wochendosis des fehlenden Stoffes, welcher die Lunge schützt, bekommt. 5 Gramm dieses Stoffes benötigt sie jeweils – er wird aus Blutplasma von zirka 900 Blutspenden gewonnen. Kostenpunkt: 100 000 Franken im Jahr. Sechs Jahre lang habe die Krankenkasse Gesuch um Gesuch abgelehnt. «Ich müsse die Kosten selber tragen. Es sei ja nicht lebensbedrohlich, begründeten die Kassen.» Erst vor rund einem Jahr, als zwei Ärzte gemeinsam intervenierten, hätte die Kasse einer Kostenübernahme zugestimmt.

Es wird geschätzt, dass in der Schweiz rund 900 Personen an der Krankheit Alpha-1 leiden – viele unbemerkt. Gemäss Shashoua sind nur 120 Personen im nationalen Register eingetragen. «Viele werden gar nicht getestet, weil sie rauchen und man das COPD auf den Zigarettenkonsum zurückführt. Doch wie sie sagt, wäre es wichtig, möglichst früh von der Krankheit zu erfahren. Am besten schon im Kindesalter. «So kann man den Beruf und auch die Hobbys so wählen, dass die Lunge nicht noch zusätzlich belastet wird.»

Hinweis: Mehr Infos zur Krankheit Alpha-1 gibt es unter www.alpha-1.ch.

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