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Obwalden

Wenn ausländische Gerichte über schweizerische Daten entscheiden müssen

Wo es möglich ist, hält sich der Kanton an die einheimischen Datenschutzgesetze und versucht, auf Bearbeitungen durch Dritte zu verzichten. Gegen die weltweit tätigen Internetkonzerne könnte Obwalden bei Rechtsstreitigkeiten im Ausland wohl nur wenig ausrichten.
SVP-Fraktionschef Ivo Herzog aus Alpnach greift das Problem von einseitig diktierten Vertragsbedingungen durch internationale Konzerne auf. (Bild: PD)

Philipp Unterschütz

Wer kennt das nicht? Plötzlich poppt am Computer ein Hinweis auf, dass die Geschäftsbedingungen der Software, die man gerade benutzt, geändert würden und man zustimmen müsse, um sie weiter benutzen zu können. Der Klick auf den «I agree»-Knopf erfolgt schon fast reflexartig. Kaum jemand liest die seitenlangen Bestimmungen. «Im Endeffekt hat man ja keine andere Wahl. Schliesslich will man die Programme nutzen und kann in der Realität nicht mit Konzernen wie Google oder Microsoft diskutieren, dass irgendwo eine Regel nicht mit Schweizer Recht übereinstimmt», sagt Kantonsrat Ivo Herzog (SVP, Alpnach). «Irgendwo steht aber vielleicht, dass bei Auseinandersetzung der Gerichtsstand auf den Bermuda Islands oder in Timbuktu liegt.»

Der Fraktionschef der SVP hat vor dem Hintergrund der Datenhaltung und -bearbeitung, welche durch kantonale Instanzen zunehmend an internationale Software-Konzerne ausgelagert werden, eine Interpellation an die Regierung gerichtet. Darin will er wissen, wie denn der Datenschutz und insbesondere das schweizerische Recht durchgesetzt werden könne. Der Schutz von personenbezogenen Daten werde mit der rasanten Kommerzialisierung dieser Daten zu einem immer wichtigeren Thema, schreibt Herzog. Der Kanton sei betroffen, weil er eine grosse Datenmenge in seiner Kompetenz verwalte, die besonders schutzwürdig sei. «Und weil Konzerne oftmals nicht verhandelbare Gerichtsklauseln mit ausländischen Gerichtsständen diktieren, führt das dazu, dass ein ausländisches Gericht einen Schweizer Kanton aufgrund Schweizer Rechts schützen müsste», so Ivo Herzog. Er weist darauf hin, dass dies unverhältnismässige Risiken für die Behebung eines Missbrauchs berge, wie hohe Kosten für ausländische Anwaltsfirmen oder mangelnde Fachkompetenzen der ausländischen Instanzen betreffend Schweizer Recht.

Keine einseitige Anpassung von Datenschutzregeln

Die Antwort der Regierung bestätigt in gewissem Sinne die Befürchtungen, die in der Interpellation erwähnt sind. Die Gerichte würden jeden Fall einzeln aufgrund der jeweils anwendbaren Rechtsnormen beurteilen, heisst es darin. «Soweit eine Klage im Ausland erhoben wird, hat das dortige Gericht zu entscheiden.» Die Prozessrisiken würden anhand des konkreten Falles evaluiert. «Sofern ein Rechtsstreit vor einem Gericht im Ausland ausgetragen werden müsste, wäre die Mandatierung einer spezialisierten Anwaltskanzlei unvermeidlich.»

Die Regierung relativiert aber, dass die Daten der kantonalen Amtsstellen grossmehrheitlich auf den Rechnern des Informatikleistungszentrums ILZ gespeichert seien. «Bis zum Beginn der Pandemie bestand für die kantonale Verwaltung kein Anwendungsfall, der die Datenhaltung bei einem in der Interpellation erwähnten Softwarekonzern erforderte», heisst es in der Antwort. Das habe sich erst mit dem Beginn der Pandemie geändert, seit die Verwaltung auf Dienste wie Videotelefonie oder Kollaborationsanwendungen im Homeoffice angewiesen sei.

Bei der definitiven Einführung des Kommunikationsprogramms Teams von Microsoft in der kantonalen Verwaltung im November 2020 wurde darauf geachtet, dass sämtliche benutzten Dienste nach Möglichkeit auf den Schweizer Rechenzentren Genf und Zürich betrieben und gespeichert werden. Zu den Verträgen mit Microsoft gibt es laut der Regierung eine Zusatzvereinbarung, in der die Punkte anwendbares Recht und Gerichtsstand «in akzeptabler Weise» geregelt seien. Sie lege fest, unter welchen Bedingungen bei Streitigkeiten der Schweizer Gerichtsstand gilt, oder auch, dass Microsoft nicht einseitig Datenschutzregeln anpassen kann.

Nachdruck für Schweizer Recht

«Einerseits bin ich befriedigt, weil die ganze Problematik sehr gut und ungeschminkt zum Vorschein kommt. Aber andererseits bin ich natürlich völlig unzufrieden, weil man sich auch einfach machtlos stellt», sagt Ivo Herzog auf Anfrage zur Antwort der Regierung. Der Kanton sei im Endeffekt als Kunde beispielsweise bei Softwareverträgen oder Streitigkeiten von Nutzungsbedingungen im Ausland tatsächlich machtlos. «Man tröstet sich einfach damit, dass das ja unwahrscheinlich ist.» Und er weist darauf hin, dass auch viele Schweizer Unternehmen täglich mit solchen Verträgen konfrontiert seien, gerade im Zusammenhang mit Schweizer Kartellrecht.

Eine Diskussion wird Ivo Herzog im Kantonsrat nicht verlangen. Es wäre aber wünschenswert, meint er, wenn man Wege in der Gesetzgebung suchen würde, um die Missstände beeinflussen und beheben zu können. Es sei nötig, dass bis zu den höchsten Ebenen der Politik der Durchsetzung von Schweizer Recht auf Schweizer Territorium mehr Nachachtung verschafft werde. «Auch die Gerichte müssen unbedingt ihre Spielräume für unsere Bürgerinnen und Bürger nutzen. Viel zu oft wird der einfache Weg gesucht und Klagen werden abgewiesen, man sei gar nicht zuständig.»

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