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Luzern

Weil Bern spart: Luzerner Hilfswerke geraten unter Druck

Mehrere international tätige Organisationen schreiben rote Zahlen. Dies auch, weil der Bund seine Beiträge kürzt – was wiederum die Konkurrenz auf dem privaten Spendermarkt anheizt.
Die Juristin Laura Crivelli (zweite von rechts) ist für das Hilfswerk Interteam in Bolivien im Einsatz. (Bild: Interteam)

Stefan Dähler

Ihr Ziel ist, ärmeren Leuten zu helfen. Doch nun geraten international tätige Hilfswerke selbst finanziell unter Druck. Mehrere davon haben ihren Sitz in der Stadt Luzern, etwa Caritas, Interteam, Fastenopfer oder Comundo. Die drei Letztgenannten schreiben rote Zahlen.

Ein Grund sind die vom eidgenössischen Parlament beschlossenen Sparmassnahmen bei der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza). «Vor zehn Jahren haben die Deza-Beiträge noch rund 70 Prozent unserer Einnahmen ausgemacht», sagt Interteam-Geschäftsleiter Erik Keller. Letztes Jahr waren es noch 47 Prozent, in absoluten Zahlen 1,6 Millionen Franken gegenüber früher 2,5 Millionen. Bei Comundo sind die Beiträge seit 2014 um rund 1 Million auf 2,5 Millionen Franken gesunken. Nur Fastenopfer erhielt aufgrund zusätzlicher Investitionen etwas mehr Geld, 2017 waren es rund 5 Millionen Franken.

Höhere Ausgaben für Fundraising

Die Deza-Beiträge könnten sehr wirksam eingesetzt werden, sagt Keller. «Es ist wichtig, dass nicht noch mehr bei der Entwicklungszusammenarbeit gespart wird. Wir versuchen daher auch, bürgerliche Politiker für unsere Anliegen zu sensibilisieren, was nicht einfach ist.» Die Hilfswerke sind bestrebt, mehr Privatpersonen und Stiftungen als Spender zu gewinnen und haben die Ausgaben fürs Fundraising erhöht.

Gemäss Keller habe Interteam die Spendenbeiträge in den letzten rund zehn Jahren um 30 Prozent steigern können. Das reiche aber noch nicht. «In den letzten Jahren mussten wir rund 150'000 Franken pro Jahr durch Reserven decken.» Bei Comundo sind die Spendenerträge relativ konstant geblieben. Die Organisation startet nun aber die Kampagne «Jugend braucht Zukunft», in der es um die Herausforderungen der Jugend in Entwicklungs- und Schwellenländern geht. Die Auftaktveranstaltung findet heute Abend ab 18.15 Uhr im Neubad in Luzern statt. Comundo schrieb 2017 ein Betriebsdefizit von 590'000 Franken.

Bei Fastenopfer sind die Spendeneinnahmen zuletzt tiefer ausgefallen als erwartet. Das letztjährige Betriebsdefizit von rund 1,7 Millionen Franken sei aber auch mit einer neuen Investitionsstrategie erklärbar, die unter anderem den Aufbau des Bereichs internationale Programme in der Entwicklungszusammenarbeit und des Fundraisings umfasst, heisst es auf Anfrage.

Hilfswerke ergreifen Sparmassnahmen

Da es auch anderen Hilfswerken so geht, nimmt die Konkurrenz auf dem Spendenmarkt zu. «Hinzu kommt, dass auch ausländische Organisationen in der Schweiz aktiv sind, weil der Spendermarkt hier sehr attraktiv ist», sagt Keller von Interteam. Die Hilfswerke müssen deshalb auch auf der Aufgabenseite handeln. Entlassungen habe es zwar keine gegeben. «Wir haben aber etwa bei Pensionierungen die Stellen nicht immer 1 zu 1 ersetzt.» Das wirkt sich auf die Arbeit aus: «Wir haben die Vorbereitungszeit der Helfer in der Schweiz stark intensiviert sowie verkürzt und dafür vor Ort, wo das Leben günstiger ist, verlängert.» Die Qualität habe man so halten können, so Keller.

Etwas allgemeiner antwortet Othmar Bamert von Comundo: Man sei stets bestrebt, «Leistungen so kosteneffizient wie möglich zu erbringen; in diesem Sinne erfolgt die Suche nach Einsparungspotenzialen ständig». Matthias Dörnenburg von Fastenopfer erwähnt als Beispiel Kürzungen beim Marketing. «Die Massnahmen wurden nicht so stark ausgebaut, wie geplant.»

Luzern soll Beiträge erhöhen

Zurück zur Deza: Bis 2020 muss sie weitere 130 Millionen Franken jährlich einsparen. Die Hilfswerke fordern nun ein Ende der Kürzungen. Die «Infragestellung der Solidarität mit den Ärmsten» sei kontraproduktiv, schreibt Fastenopfer. Keller fügt hinzu: «Eine Möglichkeit wäre, dass Luzern mehr macht.» Er spricht damit etwa den Lotteriefonds an. Vom Kanton Zürich erhalte man über 100'000 Franken pro Jahr, von Luzern waren es jeweils rund 10'000 Franken. Auch die Stadt Zürich hat letztes Jahr 90'000 Franken gespendet. «So viel wie aus Zürich muss es ja nicht gerade sein. Doch es würde Luzern als Profiteur des Tourismus gut anstehen, mehr dafür zu tun, die weltweite Armut zu reduzieren.»

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