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Luzern

Was beim Zmittag in der Schule auf dem Teller landet, bewegt die Luzerner Politik – so sieht eine gesunde Ernährung für Kinder aus

Die SVP befürchtet, dass Luzerner Schüler zu einer vegetarischen oder veganen Ernährung gedrängt werden. Der Regierungsrat sieht hingegen keinen Handlungsbedarf. Auch ein Experte winkt ab.
Was in der Mittagspause in Schulen und Betreuungsangeboten auf den Tisch kommt, soll gesund für die Kinder sein. (Bild: Hanspeter Bärtschi)

Livia Fischer

Es ist ein Vorstoss aus Reihen der SVP, der wohl wenig Chancen haben wird. Vergangenen Herbst gelangte Kantonsrat Bernhard Steiner mit folgenden Worten an die Exekutive: «Der Regierungsrat wird beauftragt, zu prüfen, ob in den Schulen und Betreuungseinrichtungen für Kinder gesundheitsgefährdende Umerziehungsmassnahmen zur Beeinflussung des Ernährungs- und Essverhaltens stattfinden, und allenfalls Massnahmen zur Verhinderung einzuleiten.»

Auslöser für Steiners Postulat waren einerseits Kurse, welche die kantonale Dienststelle für Volksschulbildung im Rahmen eines Aktionsprogrammes zum Thema Ernährung bei Kindern und Jugendlichen angeboten hatte. Laut Steiner waren sie «sehr einseitig auf Tipps für vegetarische und vegane Gerichte ausgelegt».

Weiter sei in der damals aktuellen Ausgabe der «Schweizerischen Zeitschrift für Ernährungsmedizin» eine gezielte Wegleitung für die Beeinflussung des Essverhaltens von Kindern und Jugendlichen durch «Nudging» publiziert worden. So wird eine Methode genannt, um auf sanfte Art und Weise eine Verhaltensveränderung zu bewirken. Steiner bezeichnet dies als Staatseingriff in die Erziehung von Kindern. Diese sollen mit suggestiven Tricks und sanftem psychologischem Druck einen Schubser in die Richtung einer vegetarischen oder veganen Ernährung erhalten. Dadurch werde ein Gruppenzwang erzeugt und «subtil mit dem schlechten Gewissen der Kinder gespielt».

Höheres Risiko für Mangelerscheinungen

Als praktizierender Kinderarzt in Entlebuch weiss Steiner:

«Die vegetarische beziehungsweise vegane Ernährung ist im kinderärztlichen Alltag ein Dauerthema geworden.»

Was er davon hält, tut er im Postulat kund. «Eine in der Lebensmittelauswahl eingeschränkte Ernährung kann für junge Kinder in Bezug auf mehrere Makro- und Mikronährstoffe kritisch sein», schreibt Steiner. So solle eine vegetarische oder vegane Ernährung nur unter geeigneter medizinischer oder diätetischer Überwachung erfolgen. Weiter sei eine Nahrungsmittelergänzung nötig, genauso regelmässige Kontrollen mittels Blutuntersuchungen.

Darum kommt der Vater von vier Kindern zum Schluss, dass eine wesentliche Einschränkung des Ernährungsangebotes hin zur veganen oder vegetarischen Küche ohne gleichzeitige Information der Eltern und der verantwortlichen Betreuungspersonen zu Mangelzuständen führen könne.

Im Schnitt gibt's viermal pro Woche Fleisch

In seiner Stellungnahme geht der Luzerner Regierungsrat kaum auf die Vorteile und Risiken bestimmter Ernährungsformen ein. Er versichert aber, die Köchinnen und Köche der Tagesstrukturen würden die Empfehlungen, gestützt auf die Schweizer Lebensmittelpyramide umsetzen. Ein Blick auf die Menupläne von grösseren Tagesstrukturen zeige: An den Mittagstischen werde den Kindern und Jugendlichen eine «sehr ausgewogene Ernährung» angeboten.

«Meistens steht viermal pro Woche ein Menu mit Fleisch auf dem Plan, ausnahmsweise lediglich dreimal.»

Für Kinder und Jugendliche, die kein Fleisch essen, könne jederzeit ein fleischloses Menu bestellt werden – jedoch nur vegetarisch und «bewusst nicht vegan». So enthalte das fleischlose Menu immer eine Eierspeise oder ein Milchprodukt.

Weiter schreibt der Regierungsrat, dass in Kursen für Verpflegungsverantwortliche und Mitarbeitende von Kindertagesstätten, Mittagstischen, Mensen oder Tagesfamilien unter anderem zwar «die vegetarische Küche mit viel Gemüse und die nachhaltige Ernährung» thematisiert werde. Dies bedeute jedoch nicht, dass auf fleischlose Ernährung umgestellt, sondern dass den Kindern und Jugendlichen eine ausgewogene Ernährung angeboten werden solle.

Weil somit die im Postulat aufgeführten Anliegen erfüllt würden, beantragt der Regierungsrat, dieses abzulehnen. Da der Vorstoss von keinen Kantonsratsmitgliedern anderer Parteien mitunterzeichnet wurde, dürfte dies auch so durchkommen.

Vegimenu kann gut mithalten und bringt zusätzliche Vorteile

Der Vorstoss zeigt: Die Frage nach einer gesunden Ernährung bei Kindern polarisiert. Auf die verschiedenen Ernährungsformen angesprochen, sagt Johannes Spalinger, Co-Chefarzt und Leiter Ambulatorium, Tagesklinik und Pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung am Luzerner Kantonsspital: «Ein angemessenes Angebot, das den empfohlenen, sparsamen Fleischkonsum beachtet, ist für eine optimale gesundheitliche Entwicklung eines Kindes eine günstige Voraussetzung.» Da davon auszugehen sei, dass nicht alle Kinder täglich am Mittagstisch teilnehmen und auch nicht alle Familien zu Hause am Abend noch eine zusätzliche fleischhaltige Mahlzeit zubereiten würden, glaubt Spalinger, dass die empfohlene Menge von zwei bis drei Portionen Fleisch pro Woche so eingehalten werden könne.

Doch auch eine ausgewogene vegetarische Ernährungsform könne fast alle Nährstoffe liefern, die ein heranwachsender Organismus benötige.

«So kann eine vegetarische Ernährung ebenso in den Betreuungseinrichtungen der Schulen angeboten werden.»

Es gebe zudem Hinweise, dass eine vegetarische Ernährung mit einem geringeren Risiko von Übergewicht und möglicherweise mit einer niedrigeren Sterberate infolge Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden sei. Punkto vegane Ernährung am Mittagstisch sagt Spalinger: «Weil Betreuungseinrichtungen keine genauen Kenntnisse über die jeweiligen familiären Ernährungsgewohnheiten haben, scheint es angemessen, nur im individuellen Fall eine vegane Ernährung anzubieten und dies nur auf ausdrücklichen Wunsch einer Familie.»

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