notifications
Walchwil

Gourmettempel ist kein Kompliment

Der «Sternen» hat in diesen Tagen wiedereröffnet. Die neue Pächterfamilie will nicht nur durch ihre Gastronomie überzeugen, sondern auch Vorurteile ausräumen.
Familiensache: Giorgio, Noémie und Anita Bernard (von links) haben den «Sternen» gepachtet. (Bild: Maria Schmid (Walchwil, 4. Oktober 2018))

Raphael Biermayr

Der Laptop steht in der Küche, auf dem Bildschirm hockt eine Fliege, deren Umriss über einer Excel-Tabelle aufleuchtet. Gegenüber vom Laptop ist ein Rinderfonds aufgesetzt, dahinter wirkt die Köchin Noémie Bernard (26) mit schnellen Händen. Ihr Vater Giorgio (64) bespricht sich mit ihr. Sie brauchen nicht viele Worte, um sich zu verstehen, denn sie haben schon ungezählte Stunden zusammen in Küchen zugebracht.

Kurze Sätze sind genauso wichtig wie kurze Wege zwischen Büro und Küche, gerade dieser Tage, in denen die Bernards dem «Sternen» in Walchwil neues Leben eingehaucht haben. Am Mittwoch hat das Restaurant nach eineinhalb Jahren wiedereröffnet, morgen findet ein Tag der offenen Tür statt (siehe Hinweis).

Produkte aus der Region und Nachbarländern

Giorgio Bernard legt Wert darauf, allfällige Barrieren im Kopf der Leute einzureissen. Denn der «Sternen» gilt gemeinhin als Gourmettempel, wie er bald herausgefunden hat. «Wir wollen nicht als solcher abgestempelt werden, die Leute sollen sich ein eigenes Bild machen», sagt er. Natürlich: Der «Sternen» wird auch weiterhin kein Lokal für das kleine Portemonnaie sein. Die Bernards – Gastgeberin ist Giorgios Frau Anita (58) – setzen auf frische Produkte, die nach Möglichkeit aus der Zentralschweiz stammen. Dass sich daneben auch Kürbisöl aus der Steiermark und Wein aus dem Südtirol finden, ist der Herkunft von Giorgio geschuldet. Der angehende Weinakademiker stammt aus Sterzing, das mit dem Spruch wirbt, die nördlichste Stadt Italiens zu sein.

Was auch nicht für einen klassischen Gourmettempel spricht: Der «Sternen» hat auch mittags ab 11.30 Uhr geöffnet. Was die Öffnungszeiten anbelangt, ringt Giorgio Bernard mit sich. Montags und dienstags sollten die Türen geschlossen sein – eigentlich: «Wenn wir Reservationen erhalten, versuchen wir, das zu ermöglichen. Zu einem Gast nein zu sagen, ist ein No-Go», weiss der routinierte Gastronom. Überhaupt liegt ihm viel am gegenseitigen Austausch. Auf die Frage, welche Erwartungen der Wirt an sein Engagement in Walchwil und die Gäste stellt, sagt er: «In erster Linie müssen wir wirtschaftlich erfolgreich sein, daran führt kein Weg vorbei. Darüber hinaus ist es mir wichtig, dass die Gäste uns ihre Gedanken mitteilen, damit wir ihnen aufzeigen können, wie wir arbeiten.»

Vom Klausenpass nach Walchwil

Die Familie bringt die Erfahrung aus verschiedenen Häusern ein. Denn sie war nicht immer am selben Ort tätig. Die Tochter Noémie Bernard hat zum Beispiel im Parkhotel Vitznau oder bei der sehr bekannten Köchin Tanja Grandits in Basel gearbeitet. Giorgio und Anita Bernard waren vorher im Kanton Glarus tätig, wo sie das Gasthaus Bergli am Klausenpass führten. Wenn es nach dem Vater gegangen wäre, hätte Noémie das Restaurant übernommen. «Für sie liegt es aber zu abseitig – deshalb haben wir etwas Neues gesucht», erklärt Giorgio Bernard. Diese Suche führte sie schliesslich nach Walchwil. Nach einem ersten Treffen mit dem «Sternen»-Mitinhaber Christoph Hürlimann boten die Bernards jenem ein Probekochen an – und überzeugten offensichtlich.

Hinweis Morgen werden die Türen des «Sternen» von 11 bis 17 Uhr für jedermann offenstehen.

Kommentare (0)