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Zug

Walchwil: Eine Baggerschaufel tut der Natur Gutes

Waldnutzung und Naturschutz widersprechen sich keineswegs, wie ein Beispiel in Walchwil zeigt.
Die Gelbbauchunke kommt seit einigen Jahren im Kanton Zug wieder vor. (Bild: PD/Amt für Wald und Wild)

Marco Morosoli

Vitus Hürlimann ist Revierförster bei der Korporation Walchwil. Im Gebiet Hansenpörter am Walchwiler Hinterberg kennt er jedes Gewächs. Obwohl die Laubbäume wie auch die Sträucher das Frühlingserwachen noch vor sich haben, zeigt Hürlimann einen Seidelbast in Blüte. Als einzige Pflanze zeigt er derzeit seine Farbenpracht. Das macht ihn für Insekten interessant. In diesem Waldstück hart an der Grenze zum Kanton Schwyz fänden, so schätzt Hürlimann, rund 50 verschiedene einheimische Gehölzarten einen Lebensraum. Was Hürlimann und Martin Ziegler, er ist Leiter des Amts für Wald und Wild, übrigens als Wald bezeichnen, würden Laien kaum als solchen klassifizieren. Ziegler redet von einem «lichten Wald». Von diesen offenen Waldstrukturen profitieren viele lichtbedürftige Arten wie der seltene Gelbringfalter. Derweil kleine Tümpel den Gelbbauchunken einen Lebensraum bieten. Bei den Wasser­lachen hat der Mensch mit­geholfen. Anderswo haben Forstarbeiter eine Wasserrinne aus­gehoben. Irgendwo hat die Baggerschaufel etwas mehr Humus entfernt als notwendig. Der Effekt: ein weiterer Tummelplatz für die raren Gelbbauch­unken.

Amtsleiter Ziegler betont: «Naturschutz ist nicht einfach nichts machen.» Entscheidend sei vielmehr, welcher Zweck im Vordergrund stehe. Überlasse der Mensch ein Waldgebiet seinem Schicksal, entstehe eine dichte Ansammlung von Bäumen mit viel Alt- und Totholz. Davon profitieren einige Flechten, Baumpilze und Holzkäfer. Aber in den unteren Schichten dieses Waldes ist es zu dunkel für die seltenen, lichtbedürf­tigen Arten wie Orchideen und Tagfalter. Alles sei, so Ziegler, ein Abwägen: «Da es kaum möglich ist, die Biodiversität vollständig zu erfassen, konzentrieren wir uns bei den Förderprojekten auf das Vorkommen seltener Arten und auf die Lebensraumansprüche sogenannter Schirmarten.» Diese stellten hohe Ansprüche an ihren Lebensraum. Die Erhaltung solcher Arten hat den gewollten Effekt, dass sich in deren Schlepptau auch andere Tiere oder Pflanzen ansiedeln.

Gewisse Arten siedelten sich in den letzten Jahren an

Zum Kreis der Schirmarten im Kanton Zug zählen das Auerhuhn, der Gelbringfalter, der Hirschkäfer, die Gelbbauchunke, der Frauenschuh und Wachholder. Der erste Gelbringfalter sei auf dem Gebiet des Kantons Zug vor zwei Jahren gesichtet worden, weiss Goran Dusej. Er ist ein Fachmann auf dem Gebiet der Fauna. Das kommt nicht von ungefähr, führt er doch ein Büro für faunistische Felduntersuchungen. Auch die Gelbbauchunke ist erst vor einigen Jahren in diesem Gebiet nachgewiesen worden. Viele der vorerwähnten Arten stehen zudem auf der Roten Liste der gefährdeten Tierarten. Ihre Vorkommen in diesem Bereich des Walchwilerbergs belegt, wie Ziegler erklärt, «den ökologischen Wert dieses Gebietes für die Biodiversität». Mit diesem Projekt beweist der Kanton, dass Naturschutz und Forstwirtschaft ins gleiche Paar Schuhe passen. Die Waldeigentümer leisten einen wesentlichen Beitrag für die Wiederansiedlung seltener Arten. Der Kanton wie auch der Bund zahlen Beiträge an die Waldbesitzer, wenn diese zum Beispiel einen Waldrand ökologisch aufwerten. Eine Entschädigung erhalten die Waldeigentümer wiederum, wenn sich derGrund­eigentümer verpflichtet, die Waldnutzung zu Gunsten des Naturschutzes einzuschränken. Ziegler erinnert sich, dass zwischen den beiden Parteien in der Vergangenheit nicht immer eitel Sonnenschein geherrscht hat. Heute bestehe eine Partnerschaft. Seppi Roth, er ist im Walchwiler Korporationsrat für das Forstwesen zuständig, sagt, dass seine Leute «mit Herzblut» im Einsatz seien.

Wer dem Revierförster Vitus Hürlimann zuhört, hegt daran keinen Zweifel. Der Amtsleiter Martin Ziegler weiss um die Arbeit der Forstleute und sagt: «Biodiversität ist nicht gratis zu haben, und jede Massnahme im Ökosystem Wald hat Auswirkungen auf andere Aspekte. Bewirken sie Ertragsausfälle, werden diese abgegolten.»

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