Thema: Direkte Demokratie. Problem: Wahlbeteiligung. Der Blick geht in die klassische Agglomeration. Die Gemeinde Buchrain mit ihren rund 6200 Einwohnern muss in einer Ersatzwahl ihren Gemeinderat komplettieren. Keiner der drei Kandidaten erreichte am letzten Sonntag das absolute Mehr, es kommt zu einem zweiten Wahlgang. Die Wahlbeteiligung lag bei 27,45 Prozent. Auch wenn es eine Wahl unter speziellen Umständen mit bis fast am Schluss ausbleibenden Kandidierenden war: Das ist ein ziemlich tragisches Zeugnis von staatsbürgerlichem Interesse und Verantwortungsbewusstsein.
Um dies zu verdeutlichen: Wurden bei den vier nationalen und der kantonalen Vorlage jeweils rund 2100 Stimmen abgegeben, votierten bei der Gemeinderatswahl gerade mal knapp 900 für die Kandidierenden. Heisst: Nur wenig mehr als ein Viertel der Stimmberechtigten wollte bei der Besetzung der eigenen Exekutive überhaupt mitreden.
Andere Agglogemeinde, ähnliches Problem: In Meggen haben die Stimmberechtigten jetzt die Gemeindeversammlung abgeschafft. Die Wahlbeteiligung im vermögenden Luzerner Vorort war nicht grundsätzlich problematisch. Aber die nun angenommenen Initiative der SVP will mit dem praktisch überall feststellbaren Trend brechen, wonach immer weniger Bürgerinnen und Bürgern an den Versammlungen teilnehmen wollen.
Wie ist die sinkende Mitbeteiligung zu erklären? Die Effekte von politischen Entscheiden am eigenen Wohnort sind eigentlich am direktesten spürbar, das Interesse müsste entsprechend hoch sein. «Was soll mich das interessieren? Es funktioniert ja alles hier.» Geht es uns einfach (noch) zu gut? Ist das eine Art Wohlstandsverwahrlosung? Ausdruck der zunehmenden gesellschaftlichen Individualisierung? Oder fehlt es zunehmend am Verständnis für unsere Bürgerpflichten? Direkte Demokratie ist mit einem gewissen Aufwand verbundenen. Man muss das politische System grundsätzlich verstehen. (Bei der Vermittlungsaufgabe steht der Staat in erster Pflicht.) Und man muss gewillt sein, sich über Sachgeschäfte und Wahl-Personalia zu informieren. Ja, das braucht etwas Zeit. Aber das muss es uns allen wert sein. Denn die Direkte Demokratie ist ein Privileg.