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Luzern

Vor dem Löwendenkmal zwitschern ausgestorbene Vögel

Der sterbende Löwe erhält Gesellschaft. Das berühmte steinerne Monument in der Stadt Luzern wird zum Standort eines Kunstprojekts.
Der Medienkünstler Andreas Weber realisiert im Park beim Luzerner Löwendenkmal  eine Sound-Installation mit den Stimmen ausgestorbener Tiere, vor allem Vögel. Bild: Boris Bürgisser (Luzern, 12. August 2019)

Hugo Bischof

Wer ab Donnerstag, 15. August, im Park und vor dem Teich beim Löwendenkmal in Luzern verweilt, dürfte sich wundern. Irgendwo in den Bäumen ist das flötenartige Gezwitscher eines für die meisten wohl unbekannten Vogels zu hören. Wer seine Ohren spitzt, wird weitere seltene Tierstimmen entdecken.

Eine naturwissenschaftliche Sensation? Ein biologisches Wunder? Muss die Tiergattungsgeschichte in Luzern neu geschrieben werden? Natürlich nicht, denn es handelt sich um eine künstlerische Intervention des 57-jährigen Küssnachter Medienkünstlers Andreas Weber unter dem Titel «Chor der ausgestorbenen Tiere».

Audio-Aufnahmen ausgestorbener Tiere

Von den Bäumen und vom Teich des Löwendenkmal-Parks her sind Audioaufnahmen von Vogel-, Insekten- und Amphibienarten zu hören, die es heute nicht mehr gibt. Darunter ist etwa der Schuppenkehlmoho (auch Kauai-Krausschwanz), der einst auf Hawaii endemisch war und seit 1993 offiziell ausgestorben ist. Auf dem beigefügten Audio-Ausschnitt sind folgende Vögel zu hören:

  • Kaua‘i ‘o‘o/Schuppenkehlmoho (auch Kauai-Krausschwanz)
  • Bachman's Warbler/Bachmans Spitzschnabel-Waldsänger
  • Alala Corvus hawaiiensis/Hawaiikrähe

Es sind vorwiegend Vögel zu vernehmen, die einst in exotischen Ländern lebten, nicht in der Schweiz. Dazu sagt Andreas Weber: «Ausser dem wiederangesiedelten Bartgeier sind mir keine Audioaufnahmen von ausgestorbenen einheimischen Vogelarten bekannt. Es ist leider wahrscheinlich, dass es in wenigen Jahren mehrere davon geben wird, die dann Eingang in den Chor finden würden.»

Für das Projekt werden an drei Orten im Löwendenkmal-Park Lautsprecher aufgehängt. Aus diesen erklingen die Vogelrufe. Das Ganze solle «diskret» bleiben, sagt Weber:

«Touristen, die nur rasch im Vorübergehen das Denkmal besuchen, sollen den Eindruck erhalten, dass hier tatsächlich eine vielfältige Tierwelt zu Hause ist.»

Für jene, die aufmerksamer lauschen, gibt es Infotafeln.

«Chor der ausgestorbenen Tiere» ist Teil eines Mehrjahresprojekts der Kunsthalle Luzern mit dem Titel L21. Es nimmt das 200-Jahr-Jubiläum des Löwendenkmals im Jahr 2021 zum Anlass, «das weltberühmte Denkmal mit künstlerischen Mitteln sowie transdisziplinär zu ergründen». Auch um Tierschutz geht es. Seit der Einweihung des weltweit bekanntesten Löwenmonuments sei der «König der Tiere» selber zu einer bedrohten Spezies geworden, heisst es im Projektbericht. Zudem wolle man darauf aufmerksam machen, «dass durch die Menschheit bereits Tausende weitere Arten vernichtet wurden». In Andreas Webers Klanginstallation findet der sterbende Löwe somit musikalisches Geleit durch bereits ausgestorbene Tiere.

Weber weist darauf hin, dass der Bildhauer Bertel Thorvaldsen, der Schöpfer des Löwendenkmals, nie einen echten Löwen sah. Er liess sich für sein Monument durch Abbildungen des damals in Nordafrika weitverbreiteten Berberlöwen inspirieren. Das letzte Exemplar dieser Löwen-Unterart wurde 1920 im marokkanischen Atlas geschossen worden. Ein weiteres ausgestorbenes Tier also.

Klanginstallation vorerst auf vier Tage beschränkt

Das Tierstimmen-Projekt im Löwendenkmal-Park ist vorerst auf vier Tage beschränkt, bis kommenden Sonntag. «Mein Ziel ist es, daraus eine permanente Installation zu machen», sagt Weber. «Dafür müssten aber die Finanzierung gesichert, das Einverständnis der Denkmalpflege eingeholt und ein Bewilligungsverfahren durchlaufen werden.» Interessant werde es auch sein, die Reaktionen von Passanten auf die jetzige temporäre Installation zu beobachten.

Hinweis: «Der Löwe weint im Chor der ausgestorbenen Tiere». Veranstaltung von WWF und Löwendenkmal21/Kunsthalle Luzern. Gletschergarten Luzern, Donnerstag, 15. August, 18.30 bis 20 Uhr: Eintritt frei/Kollekte. www.wwf-zentral.ch.

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