Wenn der Historische Verein Nidwalden für die Vernissage seiner neusten Publikation die Kantonsgrenze überschreitet, dann muss dies einen triftigen Grund haben. Um Grenzen geht es denn auch in der 49. Ausgabe der Beiträge zur Geschichte Nidwaldens. Aber nicht nur. Das Ende der Todesstrafe in Nidwalden wird im 176 Seiten umfassenden Buch ebenso thematisiert wie die legendären Feste im Atelier des Stanser Künstlers Hans von Matt. Grenzen werden auch im Beitrag über Ritter Melchior Lussi gesprengt, dessen Machtzentrum sich weit über Nidwalden hinaus bis hin zu den europäischen Königshäusern spannte.
Das Interesse an der neusten Publikation des Historischen Vereins Nidwalden war gross, als am späteren Sonntagnachmittag Vereinspräsidentin Brigitt Flüeler die Vernissage-Gäste im vollbesetzen Barocksaal des Klosters Engelberg begrüsste. «Ende Januar haben wir das Buchprojekt gestartet und jetzt liegt das Werk druckfrisch vor», freute sich die Präsidentin. Dass für die Vernissage Engelberg ausgewählt worden ist, hat eben mit den Grenzen zu tun. «Grenzen», so die Feststellung von Mitautor Michael Blatter, «sind von Menschen geschaffen.» Sein Beitrag befasst sich mit der Entstehung des heute allgemeingültigen Grenzverlaufes zwischen Engelberg und Nidwalden. «Eine Grenze, die erst mit den Abkommen zwischen Nidwalden und dem Kloster Engelberg 1413 existent ist.»
Gespräche statt Monologe
Grenzen sprengte an der Vernissage auch das Redaktionsteam, indem dessen Mitglieder nicht einfach einen trockenen Monolog hielten, sondern die einzelnen Autoren in spannende Gespräche verwickelte. So erzählte André Holenstein, dass der in Nidwalden als Ritter Melchior Lussi bekannte Mann zu einer Machtelite gehörte, «die man damals in jedem Kanton antraf. Allerdings ist der Lussi-Clan von damals nicht vergleichbar mit dem heutigen Familienbild.» Dass die Frauen in diesem Machtzentrum eine wichtige Rolle einnahmen, bestätigte der Professor für ältere Schweizer Geschichte. «Doch Quellen dazu gibt es leider keine.
Aus dem Vollen schöpfen konnte Regula Odermatt-Bürgi bei der Realisierung ihres Aufsatzes über die Feste von Hans von Matt mit seinen Freunden in den wilden Zwanzigerjahren. «Der Artikel ist eine Hommage an Regula», so Brigitt Flüeler, welche den Beitrag der verstorbenen Kennerin der Innerschweizer Kunst- und Kulturgeschichte redigierte. Die Postkarte mit einem Text ohne Komma, Punkt und Abstand zwischen den Wörtern von Jakob Wyrsch, die er nach einer Einladung an Hans von Matt abgeschickt hatte, inspirierte Grafiker Jonas Riedle für die Gestaltung des Buchcovers.
«Man schläft nicht immer gleich gut»
Mit der Vollstreckung des letzten Todesurteils in Nidwalden arbeitete Historiker Daniel Krämer in düsteres Thema der Nidwaldner Geschichte auf. «Ein im Nidwaldner Wochenblatt realisierter Beitrag zu diesem Thema war für mich die Initialzündung, weiter an diesem Thema zu forschen. Allerdings», gestand der Historiker in dem von den Redaktionsmitgliedern geführten Interviews ein, «schläft man nach den Recherchearbeiten nicht immer gleich gut.»
Die vier im neusten Band der Beiträge zur Nidwaldner Geschichte abgedruckten Aufsätze sind leicht lesbar und auch reich illustriert. Band 49 reiht sich damit in die bereits bestehende Dokumentenreihe ein. Dabei schliesst jeder der Artikel eine bis anhin in der Geschichtsaufarbeitung des Kantons Nidwalden noch bestehende Lücke.
Das Buch ist beim Historischen Verein Nidwalden und in der Buchhandlung von Matt in Stans erhältlich.