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Luzern

Von der Familie zurück in den Job: Kampagne wirbt für Pflegebranche

Es herrscht ein Mangel an Pflegepersonal. Eine Kampagne soll insbesondere Mütter zum Wiedereinstieg ermuntern.
Eine breit abgestützte Kampagne soll dem Fachkräftemangel im Gesundheitsbereich entgegenwirken. (Symbolbild: Boris Bürgisser)

Jessica Bamford

Der Mangel an diplomierten Pflegefachpersonen wird wegen der demografischen Entwicklung und der steigenden Nachfrage an Pflegeleistungen immer problematischer. Diesem Mangel wollen Spitex, Curaviva, Branchenverbände und die Zentralschweizer Kantone entgegenwirken: Eine Kampagne soll Fachpersonen, die wegen Familienarbeit ausgestiegen sind, zum Wiedereinstieg motivieren. Das Projekt sei das schweizweit einzige vergleichbare Programm, sagt Zuger CVP-Regierungsrat und Präsident der Zentralschweizer Gesundheitsdirektorenkonferenz Martin Pfister.

«Die Kampagne ist Teil einer Gesamtstrategie», erläutert Pfister auf Anfrage. Zum einen seien die Kantone seit Jahren daran, die Anzahl Ausbildungsplätze zu erhöhen. Hier sei das Potenzial jedoch weitgehend ausgeschöpft. Zum anderen sollten Fachkräfte motiviert werden, im Beruf zu bleiben. Der dritte Ansatzpunkt sei, Frauen, die etwa wegen ihrer Mutterschaft oder der Betreuung von Angehörigen den Beruf aufgeben, zum Wiedereinstieg zu motivieren. Dies soll im ­Rahmen der Kampagne www.wiedereinsteigen.ch geschehen.

5000 Franken für Weiterbildung

Da rund 90 Prozent der Pflegefachpersonen Frauen sind, richtet sich die Kampagne primär an Mütter. Tobias Lengen, Geschäftsführer vom Berufsbildungsverband Xund, präzisiert jedoch: «Wenn ein Vater und diplomierter Pflegefachmann nach Familienarbeit wieder einsteigen will, unterstützen wir ihn natürlich auch gerne.»

Hauptsächlich soll die Kampagne sensibilisieren. Um den Wiedereinstieg nach Familienarbeit zu erleichtern, bietet die Arbeitsgruppe ausserdem Beratungstermine und Informationen auf der Website an. Will eine Person wieder einsteigen, werden allfällige Weiterbildungskosten von bis zu 5000 Franken übernommen. Dieser Betrag wurde vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Inno­vation festgelegt. «Wir nehmen jedoch an, dass der kleinere Teil der Wiedereinsteigerinnen einen umfangreichen Weiter­bildungskurs absolvieren muss, sie haben ja alle den Abschluss», so Lengen.

Die Arbeitsgruppe schätzt, dass so jährlich 30 bis 40 Fachkräfte zurückgewonnen werden können. «Das klingt nach wenig. Da aber in der Zentralschweiz pro Jahr nur 60 bis 70 Personen in Alters- und Pflegezentren sowie Spitex-Organisationen ausgebildet werden, ist das Potenzial gross.» Die gewonnenen Fachkräfte haben gemäss Martin Pfister keinen Einfluss darauf, wie viele Ausbildungsplätze zur diplomierten Pflegefachperson zur Verfügung stehen. Die Kosten der Kampagne sind mit 25000 Franken pro Jahr budgetiert. Dazu kommt der Aufwand für die Lancierung, der sich für das Jahr 2020 auf 50000 Franken beläuft. Diese Kosten werden zur Hälfte von den Kantonen und den Betrieben getragen. Zusätzlich beteiligen sich die Kantone mit bis zu 2500 Franken an den Weiterbildungskosten.

Corona hilft bei der Sensibilisierung

Der Fokus der Kampagne liegt darauf, Fachkräfte für Spitex-Organisationen und Alters- und Pflegezentren zu finden, da dort der Mangel am drängendsten ist.

Mit Blick auf die Überbelastung des Gesundheitssystems wegen des Corona-Virus gewinnt die Kampagne an Aktualität. «Die Kampagne hat grundsätzlich nichts mit der aktuellen Krise zu tun und ist langfristig angelegt», sagt Tobias Lengen. Es sei jedoch möglich, dass die aktuelle Situation dazu führt, dass die Kampagne auf mehr Interesse stosse. Er ergänzt: «Die jetzige Situation macht die tagtägliche Arbeit im Gesundheitssystem sichtbar, die Wichtigkeit ist dadurch in der Gesellschaft präsenter.»

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