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Luzern

Landauf, landab: Vier Asiatinnen wecken Kindheitserinnerungen

Alt CVP-Nationalrat Ruedi Lustenberger aus Romoos berichtet in unserer Kolumne «Landauf, landab» über eine besondere Begegnung während einer Gemeinderatssitzung, die ihn 60 Jahre zurück versetzt hat.
Ruedi Lustenberger.

Ruedi Lustenberger

Freitagvormittag, 1. März, im Gemeindehaus in Romoos. Es klopft an der Türe zum Sitzungszimmer. Der Präsident unterbricht die Sitzung für ein paar Minuten. Herein treten vier Primarschülerinnen, dezent geschminkt und farbig gekleidet als Asiatinnen, auf dem Kopf je ein keckes Hütchen. Artig und etwas scheu stellen sie sich vor dem grossen ovalen Tisch auf. Melina, die Älteste erklärt: «Wir sammeln Geld für die Kinder von Madagaskar.» Ein Lied wird angestimmt, es passt gut zum Anliegen und bekommt verdienten Applaus. Die Opferbüchse wird herumgereicht, der Schlitz im Deckel ist auch für ein Nötli gross genug.

Der Auftritt versetzt mich 60 Jahre zurück und weckt schöne Erinnerungen. Wie haben wir uns als Schüler auf die Fasnacht gefreut. Nicht auf den Umzug, einen solchen gab’s noch nicht. Unsere Begeisterung galt dem «Negerle». So hat man das Sammeln von Almosen für die Kinder in Afrika während der Fasnacht genannt.

Ausstaffiert mit bunten Kleidern, den Kopf dunkelbraun geschminkt, darauf eine schwarzkrausige Perücke, an den Ohren grosse goldige Ringe; so ging’s von Haus zu Haus. Die Mädchen durchs Dorf, die Buben im knietiefen Schnee zu den weit verstreuten Bauernhöfen. «Wir sind die armen Negerlein vom fernen Afrika und betteln für die Brüderlein im armen Afrika.» Schon die Erstklässler haben das Lied auswendig gekonnt. Und auch der Herr Pfarrer hat sich gefreut, am Engagement der Jungen und am schönen Batzen. Heute wäre der Text ein Gesetzesbruch.

Ja, und selbst das sei nicht verschwiegen. Die Vorfreude auf die Fasnacht hatte noch einen weiteren Grund: Meine erste Zigarette und das erste Kafi Träsch haben ihren Ursprung im «Negerle».

Hinweis: Am Freitag äussern sich jeweils Gastkolumnisten und Redaktoren unserer Zeitung zu einem frei gewählten Thema.

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