Gerda Neunhoeffer
So etwas hat man in der Kirche St. Peter und Paul in Andermatt wohl noch nicht gehört. Es gab beim Gotthard-Klassik-Festival schon vielerlei Musikstile, aber das Konzert am Donnerstagabend bot ganz spezielle, bis vor kurzem unerhörte Musik aus der Schweiz. Das Volksmusikquintett Husistein-Musik spielte Tanzmusik von etwa 1850 bis 1890, in Arrangements voller Lebenslust und Abwechslung.
Woher diese Musik kommt, erklärte der Violinist Andri Mischol zwischen den Musikstücken. Husistein-Musik geht auf Anton Husistein, Schuhmacher aus Ettiswil, zurück. Da er sehr gut Geige und Trompete spielte, gründete er eine eigene Tanzmusikgesellschaft. In den Jahren um 1850 war die Gebrüder Husistein Tanzmusik sehr populär. Sie spielten, meist zu fünft, weit im Umland, an der Basler Fasnacht und sogar im Schweizerhof Luzern. Der Geigenbauer Jakob Steger spielte bald in der Husistein-Musik mit, und in seinem Nachlass fanden sich drei handgeschriebene Stimmbücher mit dieser Musik. Sie waren lange verschollen, tauchten aber 2014 im Archäologischen Museum Schötz wieder auf.
Grosser Reichtum an Musik
«Es ist meist nur die Violinstimme notiert, manchmal auch Klarinette, was aber genau die gleiche Stimme ist», erklärt Evi Güdel-Tanner. Die Fagottistin des Quintetts machte sich an die Arbeit und setzte die Melodien in fünfstimmige Sätze. Wie gut ihr das gelungen ist, konnte man im Konzert in den vielen Mazurken, Walzern, Polkas, Galopps und Schottischen hören. Ein grosser Reichtum an Musik ist so neu entstanden.
Andri Mischol und Rita Rohrer, Violinen, wechselten in Melodie und Begleitung ebenso wie Armin Müller, Klarinette, und Lukas Erni, Kornett. Die klangliche Mischung wurde unterstützt von Evi Güdel-Tanners Fagott, deren Basslinie Halt und Rhythmus gab. Die charakteristischen Stückbezeichnungen reichten von «Mit Volldampf auf die Rigi», wo es stampfte und ruckelte, über die frische «Freundschaftspolka» zum waghalsig schnellen «Postauto».
Klangstark wie grosse Oper
«Erinnerung an den Gletschergarten in Luzern» von Béla Kéler (1820–1882), von dem ein Klavierauszug gefunden wurde, war wie ein vertonter Spaziergang. Neben vielen unbekannten Stücken gab es auch zwei bekannte Werke, wie alles von Evi Güdel-Tanner bearbeitet und hervorragend arrangiert. Mit grossem Klang, virtuosen Läufen und melodischen «Arien» gelang eine Zusammenfassung von Guiseppe Verdis Oper «Attila». Da schwelgten Violinen und Klarinette in schmachtenden Melodien, die Trompete schmetterte siegessicher und das Ende war klangstark wie grosse Oper.
Johann Strauss’ «Künstlerleben» machte ebenso Lust auf Tanz wie feine Arrangements über Melodien von Carl Faust (1825–1892). Schwungvoll intonierte das Quintett die legendären Tänze, fein variiert in Dynamik und Harmonien. Die Lichtgestaltung von Danièle Florence Perrin passte mit pastellen und kräftigen Farben gut zur Musik.
Letzte Konzerte: heute, 19.30, Kirche Andermatt, Saxofonquartett Strax Bravura; morgen, 19.30, Konzerthalle Andermatt, Karin Pachner & The Pocket Big Band. www.swisschamber-musiccircle.ch