Simon Mathis
Im Jahr 2018 wurde das Eis für die Regionalkonferenz Kultur (RKK) dünner: Die Gemeinden Root und Hergiswil (NW) erklärten ihren Austritt aus der Organisation, die regionale Kultur im Raum Luzern finanziell unterstützt. Von ursprünglich siebzehn Gemeinden sind elf übrig geblieben:
Hergiswil NW ist in der RKK Luzern nicht mehr dabei.
«Das Wasserglas wird zwar ein bisschen leerer», sagte Cédric Habermacher im November gegenüber unserer Zeitung.
«Aber es ist noch immer viel Substanz da. Das Gros der Gemeinden steht weiterhin zur RKK.»
Das stimmt, wie eine Umfrage unserer Zeitung unter den verbliebenen Gemeinden nun zeigt. Die zuständigen Gemeinderäte stellen sich geschlossen hinter die Förderinstitution.
Auch jene Mitgliedsgemeinden, die ländlich angehaucht oder einen längeren Weg in die Kulturstadt Luzern haben, zeigen sich überzeugt von der RKK. So Dierikon, Malters, Rothenburg, Schwarzenberg und Weggis. Exemplarisch ist die Gemeinde Schwarzenberg, deren kulturellen Angebote «eher ländlich traditionell geprägt» seien, wie Gemeindepräsident Marcel Gigon (FDP) sagt.
Der Schwarzenberger Gemeinderat sei sich bewusst, dass der jährliche Beitrag an die RKK nicht vollumfänglich zurück in die Gemeinde fliesse. Trotzdem könne und wolle man mit der RKK mithelfen, Kulturangebote in der Nähe zu fördern. Die Bevölkerung nutze diese Angebote gerne und häufig, sagt Gigon. Denn: «Schwarzenberg liegt sehr nahe am kulturellen Hotspot Stadt und Agglomeration Luzern.» Die lokale Kultur unterstütze die Gemeinde direkt.
RKK will Gemeinden zurück ins Boot holen
Es sieht also nicht so aus, als würden in nächster Zeit weitere Gemeinden abspringen. Trotzdem: Es muss sich etwas tun bei der RKK. Das sagt auch Geschäftsführer Cédric Habermacher. In den nächsten zwei Jahren will die RKK gemeinsam mit dem Gemeindeverband LuzernPlus über die Bücher.
«Eine Herausforderung der RKK ist beispielsweise, dass die Mitgliedgemeinden unterschiedlich weit von den Kulturzentren entfernt sind.»
Zurzeit zahlt aber jede Gemeinde unabhängig von ihrer geografischen Lage den gleichen Pro-Kopf-Beitrag an die RKK. Das sei ein Thema, das man überdenken wolle.
An den Gesprächen beteiligt sich zum Beispiel der Malterser Gemeinderat Dani Wyss. «Ich darf die Sicht von Malters als äussere Agglomerationsgemeinde aktiv einbringen», sagt Wyss auf Anfrage. Auch Gemeinden, die ausgetreten sind, sitzen am Tisch. So etwa Root. «Wir wollen die abgesprungenen Gemeinden wieder von der solidarischen Idee der regionalen Kulturförderung überzeugen», sagt Habermacher. «Am Schluss profitieren alle davon – kulturell, gesellschaftlich und wirtschaftlich.»
Jene Gemeinden, die trotz positivem Budget der RKK den Rücken kehrten, bezeichnet Habermacher nach wie vor als «Trittbrettfahrer». «Sie konsumieren Leistungen, die sie nicht finanzieren.» Zudem sei die Aufgabenteilung klar vereinbart: Kanton und Stadt Luzern unterstützen die grossen Kulturinstitutionen wie das Luzerner Theater oder das Kunstmuseum. Die Gemeinden unterstützen ihre lokale (Vereins-)Kultur. Und die RKK finanziert regionale Projekte und Häuser wie das Comicfestival Fumetto oder das Kleintheater.
Der kulturelle Mittelbau leidet
Die ausgetretenen Gemeinden wollen ihr Geld meist lieber in lokale Projekte investieren. Hergiswil bildet da eine Ausnahme: Die Nidwaldner Gemeinde will die frei gewordenen Mittel direkt in die grossen Luzerner Kulturhäuser umleiten. Das Nachsehen haben die Projekte im «Mittelbau» zwischen Volks- und Hochkultur.
Die Austritte aus der RKK schreibt Habermacher auch dem politischen Trend zu, weniger für Kultur bezahlen zu wollen. «Jeder Austritt ist im Grunde eine Verletzung der Abmachung, die die Gemeinden 2008 mit dem Kanton schlossen.» Damals vollzogen Kanton und Gemeinden eine Rochade, die die Gemeinden finanziell entlastete. Denn der Kanton übernahm die Förderung der grossen Häuser für zusätzliche 2 Millionen Franken jährlich und übertrug den Gemeinden die Verantwortung für die regionalen Kulturinstitutionen – für jährlich 0,6 Millionen Franken.
«Aus dieser Verantwortung wollen sich nun einzelne Gemeinden winden», so Habermacher. Das laufe auf die Grundsatzfrage hinaus, ob man Kultur öffentlich fördern wolle. Diese Frage könne man durchaus stellen. Doch müsse man sich der Konsequenzen bewusst sein, wenn man sie verneine. Habermachers Beispiel: «Wenn es die RKK nicht mehr gibt, gibt es bald auch das Kleintheater nicht mehr.» Sollte das geschehen, seien die Trittbrettfahrer mitverantwortlich.
Ein Domino-Effekt bei weiteren Austritten ist nämlich nicht auszuschliessen. Das zeigt ein Blick nach Dierikon. Die Gemeinde steht zwar klar hinter der RKK. Jedoch: «Wenn weitere Gemeinden austreten, müssen wir noch einmal über die Bücher», sagt Gemeinderat Daniel Schnider (parteilos). Es könne nicht sein, dass nur noch ein paar Gemeinden die ganzen Kosten tragen. Auch, wenn Schnider einen Austritt «sehr schade» fände.