Bruno Arnold
Im Kanton Uri werden heute nur noch in den Filialen Altdorf, Schattdorf, Bürglen, Erstfeld, Wassen und Andermatt vollwertige Post- und Zahlungsdienstleistungen angeboten. 2016 kündigte die Post an, auch die bisher mit eigenem Personal betriebenen Poststellen in Schattdorf, Bürglen und Wassen zu überprüfen und allenfalls umzuwandeln. Dagegen formierte sich breiter Widerstand. Der Urner Gemeindeverband lehnte weitere Einzelbetrachtungen von Poststellen ab. Er forderte eine Gesamtbetrachtung des Raums, da die künftige Abdeckung des postalischen Service public den ganzen Kanton betreffe und nicht an den Gemeindegrenzen ende. In Wassen wurden zudem Unterschriften gegen die Schliessung der Poststelle gesammelt.
Seit September 2017 suchten die Arbeitsgruppe «Poststellennetz Uri» unter dem Vorsitz des Bürgler Gemeindepräsidenten Markus Frösch und Vertreter der Post nach Lösungen. Um Grundlagen für eine gute Lösung zu bekommen, hat der Urner Gemeindeverband zeitgleich eine Forschungsarbeit beim Institut für Raumentwicklung der Hochschule Rapperswil HSR in Auftrag gegeben (siehe Box «Forschungsbericht»). Ziel der ganzen «Übung»: Die postalischen Zugangspunkte und Dienstleistungen im Kanton Uri sollen den aktuellen und zukünftigen Bedürfnissen und Ansprüchen sowohl der Bevölkerung als auch der Wirtschaft genügen.
Post und Arbeitsgruppe präsentieren ihre Lösung
Gestern wurden in Altdorf die Lösungen präsentiert, auf die man sich nach einjährigen Verhandlungen geeinigt hat:
- Die Poststellen Bürglen und Schattdorf werden in Filialen mit Partnern umgewandelt.
- Schattdorf, Bürglen, Spiringen und Unterschächen erhalten zusätzlich grosszügigen Hausservice für abgelegene Gebiete oder spezielle Anspruchsgruppen. Wo dies der Fall sein wird, werden Post und Gemeinden gemeinsam festlegen.
- Die Poststelle Wassen bleibt erhalten. Sie erhält den gleichen Status wie die Poststellen Altdorf, Erstfeld und Andermatt, die bis 2020 gesichert sind. Allerdings sind mit der Gemeinde gewisse Rahmenbedingungen wie Öffnungszeiten cetera noch zu verhandeln.
«Die Post geht mit diesem Modell neue Wege», sagte Markus Frösch an der Medienkonferenz. «Filialen mit Partner und Hausservice in der gleichen Gemeinde waren bisher nicht vorgesehen.» Zwar habe ein Forschungsbericht der Hochschule Rapperswil ergeben, dass weniger als die geforderten 90 Prozent der Bewohner innert 20 Minuten Zugang zu den vollwertigen Post- und Zahlungsdienstleistungen haben. «Mit diesem Modell wird die Abdeckung aber in jedem Fall besser», betonte Frösch. Der Dialog mit der Post habe Beispielcharakter gehabt. «Uri ermutigt andere Regionen, denselben Weg zu gehen», erklärte der Präsident der Arbeitsgruppe.
Gemeindeverband mit vermittelnder Funktion
Der Urner Volkswirtschaftsdirektor Urban Camenzind zeigte sich überzeugt: «Der ganze Prozess hat den Kanton weitergebracht. Man hat einen Ausbau der Dienstleistungen über die Gemeindegrenzen hinaus erreicht», betonte Camenzind. «Dies bringt nicht zuletzt eine Stärkung der dezentralen Besiedlung.» Zudem zeige dieses Ergebnis, wie der Gemeindeverband über die Gemeindegrenzen hinaus vermittelnde Funktionen wahrnehmen könne. Auf die Frage, ob dieses «Raumdenken» zu spät eingesetzt habe, meinte Camenzind: «Vielleicht hätte man tatsächlich früher vom ‹Eigenen-Gärtli-Denken› abkommen sollen. Aber ich glaube, dass die Zeit dafür einfach noch nicht reif war, als die Post den Überprüfungsprozess einleitete.» Mit Blick auf das nötige Umdenken hätten der Gemeindeverband und die Arbeitsgruppe aber effektiv einen Superjob gemacht.»
Zwanzig Poststellen sind umgewandelt worden
Im Kanton Uri wurden in den vergangenen Jahren zwölf Poststellen zu Filialen mit Partnern – hauptsächlich in Verkaufsläden – umgewandelt, acht sind durch einen Hausservice ersetzt worden. In einer Partnerfiliale können unter anderem Briefe und Pakete aufgegeben und abgeholt, Briefmarken gekauft, mit der Postfinance-Card oder einer Maestro-Karte bargeldlose Einzahlungen erledigt oder mit der Postfinance-Card Geld bezogen werden. Beim Hausservice kann der Kunde zum Beispiel an der Haustür Rechnungen bezahlen oder dem «Pöstler» Briefe und Pakete mitgegeben. Auf Vorbestellung sind auch Briefmarken oder Bargeld vom Postkonto erhältlich.
Dass immer mehr Poststellen umgewandelt werden, hat mit den geänderten Lebens- und Kundengewohnheiten zu tun: SMS, E-Mail und Internet-Banking verdrängen herkömmliche Postdienstleistungen. Immer weniger Briefe, Pakete und Einzahlungen gehen über den klassischen Postschalter. «Diesen Veränderungen kann sich Uri nicht verschliessen», waren sich gestern alle Involvierten einig.