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... und so verpasst Ihr das reale Leben

Redaktor Philipp Zurfluh über das Leben mit digitalen Medien.
Redaktor Philipp Zurfluh.

Philipp Zurfluh

Das Smartphone – ein ständiger und für viele Menschen unverzichtbarer Wegbegleiter, ob während der Arbeit oder in der Freizeit. Als «überlebensnotwendig» oder gar als «bester Freund» wird es charakterisiert. Ferien sind ein gutes Beispiel dafür, dass wir es ohne Handy oder Tablet kaum aushalten. Bereits bei der Auswahl der Hotelanlage fängt es an. So hat jeder bestimmte Kriterien, die erfüllt sein sollten. Vor allem jungen Menschen ist heutzutage nicht mehr die direkte Strandlage oder ein breites Angebot an Aktivitäten wichtig. Vielmehr entscheidet der Zugang zum WLAN über eine Buchung. Schliesslich soll man erreichbar sein.

Kürzlich verschlägt es mich in die Karibik. Traumhaftes Wetter, weisser Sandstrand und türkisblaues Meer. Erholung pur, genau das, was ich brauche. Als Alleinreisender nehme ich die Umgebung noch stärker war, als wenn ich in einer Gruppe unterwegs bin. Auffallend ist: Das Smartphone nimmt einen derart wichtigen Teil ein, dass es mich beängstigt: Folgende Beispiele zeigen, wie uns das Handy auch in den Ferien in den Bann zieht und in der virtuellen Welt schweben lässt.

Szene 1: Am Nebentisch sitzt ein junges Paar, Mitte 20, Französisch sprechend. Gerne hätte ich herausgefunden, ob meine Französischkenntnisse noch ausreichen. Doch Stille auf der anderen Seite. Die Gabel in der linken, das Smartphone in der rechten Hand. Statt sich miteinander zu unterhalten, surfen die beiden im Internet. Nach einer gefühlten Ewigkeit meldet sie sich plötzlich zu Wort und sagt sinngemäss: «Es ist schrecklich, welch bürgerkriegsähnliche Zustände gerade in Venezuela herrschen. Hast du das mitbekommen?» Er scheint völlig überrascht zu sein von ihrer Bemerkung und blickt auf: «Das habe ich auch gerade gelesen.» Kopfschütteln bei mir …

Szene 2: Ein traumhafter Tag neigt sich dem Ende zu. Am Strand geniesse ich den Sonnenuntergang. Das malerische Ambiente lädt zu einem Ferienfoto ein. Wenige Meter neben mir tigern zwei junge Frauen nervös hin und her. Sie sind auf der Suche nach der allerbesten Position. Schliesslich soll das Foto im perfekten Einfallswinkel geknipst werden. Wie in einem professionellen Shooting: 10, 20, 30, 40, 50 Versuche reichen nicht aus für das perfekte Bild. Die beiden ärgern sich und verpassen gleichzeitig – im Gegensatz zu mir – den Sonnenuntergang aus dem Bilderbuch.

Scheinbar nimmt heutzutage das virtuelle Leben überhand. Und damit das Gefühl, in der Freizeit ständig erreichbar sein zu müssen. Viele machen sich den Druck selber, auf Nachrichten augenblicklich zu reagieren. Es sind Alarmtöne, die uns «Wichtigkeit» vorgaukeln. Mein Tipp: Einfach mal das Handy auf lautlos stellen. Je mehr man online kommuniziert, desto weniger Zeit bleibt für die realen Begegnungen, besonders in der Ferienzeit.

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