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Uri

Roger Nager: «Wir können und wollen uns keine Verzögerungen leisten»

Der Urner Baudirektor nimmt zur Kritik der «Gruppe Faire Verhandlungen mit allen Einsprechern» Stellung. «Es gibt keine Zwei-Klassengesellschaft», betont Roger Nager. Eine Pflicht zum Verhandeln gebe es allerdings nicht.
Baudirektor Roger Nager: «Die Verhandlungen sind weit fortgeschritten. Beim Landerwerb konnten zum Teil Einigungen erzielt werden, zum Teil aber auch nicht..» (Bild: Urs Hanhart, Altdorf, 19. Dezember 2018)

Interview: Bruno Arnold

Der Regierungsrat hat die Plangenehmigungsverfügung für die West-Ost-Verbindung (WOV) vom Kreisel Wysshus Ost bis zum Bereich Coop-Tankstelle Schattdorf erteilt. «Während der Einspracheverhandlungen konnten mit wichtigen Grundeigentümern und Anstössern für beide Parteien zufriedenstellende Lösungen erreicht werden», hielt er dazu am 8. Januar in einer Mitteilung fest.

Die «Gruppe Faire Verhandlungen mit allen Einsprechern» kritisiert, dass es für die Regierung offensichtlich zwei Klassen von Einsprechern gebe, und zwar wichtige und unwichtige (siehe unsere Zeitung vom 15. Januar). Anders lasse sich nicht erklären, dass vor dem regierungsrätlichen Entscheid keine Verhandlungsgespräche mit den Einsprechern aus den Gebieten Löwenmatt, Schächenmatt und Brestenegg in Bürglen sowie Ringstrasse in Schattdorf geführt worden seien. Dies müsse «zwingend» nachgeholt werden. Zudem dürfe allfälligen Verwaltungsbeschwerden ans Obergericht des Kantons Uri die aufschiebende Wirkung nicht entzogen werden. Baudirektor Roger Nager nimmt auf Anfrage zu den Vorwürfen Stellung.

Roger Nager, gibt es für die Regierung tatsächlich zwei Klassen von Einsprechern, wie dies die Gruppe «Faire Verhandlungen mit allen Einsprechern» kritisiert?Nein, überhaupt nicht. Für uns sind selbstverständlich alle Grundeigentümer und Anstösser wichtig. Knackpunkte waren von Anfang an vor allem Land- oder Rechtserwerbe. Nicht umsonst haben wir den direkt Betroffenen geraten, bei Unsicherheiten Einsprache zu erheben, um von Anfang an rechtmässig in den Planungs- und Entscheidungsprozess integriert zu werden. Diese Aufforderung darf aber nicht so interpretiert werden, dass vor der Genehmigung des Bau- und Auflageprojekts zwingend mit allen Einsprechern Verhandlungsgespräche geführt werden müssen. Wichtig ist, dass ihre Anliegen seriös geprüft werden. Und das haben wir gemacht.Verstehen Sie den Ärger der Gruppe?Alle Einsprecher wurden mit dem offiziellen Regierungsratsbeschluss direkt orientiert, bevor die Medienmitteilung verschickt wurde. Statt von «wichtigen» Grundeigentümern und Anwohnern hätten wir vielleicht besser von den «Besitzern der grössten für den Bau benötigten Landparzellen» gesprochen. Ich stehe jedoch nach wie vor für Gespräche zur Verfügung. Leider weiss ich aber nicht, wer hinter der «Gruppe Faire Verhandlungen mit allen Einsprechern» steht oder wie viele Personen sie offiziell vertritt.

«Ich stehe jedoch nach wie vor für Gespräche zur Verfügung.»

Heisst das, dass sich diese Gruppe nicht bei Ihnen gemeldet hat?Nein. Ich habe aus der «Urner Zeitung» vom Bestehen dieser Gruppe erfahren und weiss auch nicht, wer ihr angehört oder wie die offiziellen Ansprechpartner heissen. Auf Vermutungen will ich an dieser Stelle nicht bauen. Vor der Projektauflage haben wir die Einwohner, Landeigentümer und indirekt Betroffene an mehreren Tagen zu umfangreichen Infoveranstaltungen eingeladen und haben mit allen, die wollten, ausführliche Gespräche geführt.Wie weit sind Sie mit den Landerwerbsverhandlungen?Die Verhandlungen sind weit fortgeschritten. Beim Landerwerb konnten zum Teil Einigungen erzielt werden, zum Teil aber auch nicht.Was geschieht, wenn man sich nicht einig wird?Der politische Prozess mit jahrelangen intensiven Debatten ist abgeschlossen. Jetzt müssen wir einen Schritt weiterkommen. Dabei halten wir uns an den Ablauf des Plangenehmigungsverfahrens. Ich hoffe grundsätzlich noch immer, dass wir im Dialog einvernehmliche Lösungen finden können. Gelingt uns dies nicht, entscheiden die Gerichte. Es ist das gute Recht der Leute, gegen die Planauflage Einsprache einzureichen. Das heisst aber nicht, dass jeder Einsprecher die Garantie hat, dass seine Anliegen zu 100 Prozent berücksichtigt werden.

«Ich hoffe grundsätzlich noch immer, dass wir im Dialog einvernehmliche Lösungen finden können.»

Welches waren die Hauptgründe dafür, dass der Grossteil der 81 Einsprachen abgewiesen respektive abgeschrieben wurde?Viele Einsprachen haben Bereiche betroffen, die nicht im Rahmen des Plangenehmigungsverfahrens behandelt werden müssen. Wo man sich beispielsweise bezüglich Entschädigung für dauerhaft oder auch temporär benötigte Landflächen nicht einig geworden ist, wird sich die Schätzungskommission der Sache annehmen. Das ist mitunter auch einer der Gründe dafür, dass nicht mit allen Einsprechern das persönliche Verhandlungsgespräch gesucht wurde. Dies kann aber durchaus zu einem späteren Zeitpunkt der Fall sein, etwa wenn es darum geht, Nachbesserungen des realisierten Projekts zu erreichen. Aktuell ist es aber auch der falsche Zeitpunkt, um über die bereits festgelegte Linienführung, die vorgesehene Tempolimite von 80 km/h auf der WOV oder das Thema Lärmschutz zu beraten und zu verhandeln. Ob Tempo 80 die richtige Signalisation ist und ob die Lärmgrenzwerte – wie von uns abgeklärt – eingehalten werden, kann man erst aufgrund eines Verkehrsgutachtens respektive von entsprechenden Messungen nach Inbetriebnahme der WOV beurteilen.Die Gruppe fordert ausserdem, dass allfälligen Verwaltungsbeschwerden ans Obergericht gegen die erfolgte Plangenehmigungsverfügung die aufschiebende Wirkung nicht entzogen werden dürfe. Was halten Sie davon?Darüber wird das Obergericht entscheiden müssen. Es gilt aber diesbezüglich auch zu bedenken, dass das Volk im Oktober 2015 die 19,8 Millionen Franken teure Umfahrungsstrasse gutgeheissen hat. Wir haben damit den konkreten Auftrag gefasst, die Erschliessung des Urner Talbodens auf lange Sicht zu verbessern und den Verkehr um die Siedlungen herumzuführen. Dazu braucht es die vier Schlüsselelemente WOV, flankierende Massnahmen in den Gemeinden, A2-Halbanschluss Altdorf-Süd und Ausbau des öffentlichen Verkehrs mit dem neuen Kantonsbahnhof und dem ausgebauten Bussystem. Damit diese Infrastrukturen dereinst im Zusammenspiel funktionieren können, müssen die jeweiligen Inbetriebnahmen zeitlich aufeinander abgestimmt werden. Wenn der Verkehr Ende 2021 über die WOV rollen soll, dann können und wollen wir uns keine Verzögerungen leisten
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